Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechte-Charta)

1.
Gemäß Art. 6 I -EU-Vertrag (EUV) erkennt die -Europäische Union (EU) die Rechte, Freiheiten und Grundsätze an, die in der Grundrechte-Charta v. 7. 12. 2000 in der am 12. 12. 2007 in Straßburg angepassten Fassung niedergelegt sind; -Europäisches Parlament, Rat der EU und -Europäische Kommission haben den Text an diesem Tag feierlich proklamiert. Die Grundrechte-Charta ist mit EUV und -AEUV gleichrangig. Im Vereinigten Königreich und in Polen gilt die Grundrechte-Charta nur unter Vorbehalt (Protokoll über die Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union auf Polen und das Vereinigte Königreich, ABl. 2007 Nr. C 306/270). Die ursprüngliche Fassung der Grundrechte-Charta wurde aufgrund Mandats des -Europäischen Rates von Köln am 3./4. 6. 1999 durch ein Gremium - das sich selbst den Namen „Konvent“ gab - unter Vorsitz des früheren Bundespräsidenten Herzog ausgearbeitet. Die Grundrechte-Charta sollte zunächst als Teil II in die im Ratifikationsprozess gescheiterte -Europäische Verfassung aufgenommen werden.

2.
Die Grundrechte sind in 6 Gruppen aufgeteilt:

a)
Würde des Menschen mit den Rechten auf Leben und Unversehrtheit, Verbot der Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung, Verbot der Sklaverei und Zwangsarbeit (Art. 1 bis 5);

b)
Freiheit einschließlich unternehmerischer Freiheit, Eigentum, Asylrecht, Schutz bei Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung (Art. 6 bis 19);

c)
Gleichheit, insbes. Gleichheit vor dem Gesetz und Gleichheit von Männern und Frauen, Diskriminierungsverbote und Achtungsgebote, Kindesrechte, Integration Behinderter, Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen (Art. 20 bis 26);

d)
Solidarität (Art. 27 bis 38);

e)
Bürgerrechte wie Wahlrecht und Freizügigkeit, diplomatischer und konsularischer Schutz sowie die Justizgrundrechte einschließlich der Unschuldsvermutung (Art. 47 bis 50).

3.
Eine besondere Beschwerde bei Verletzung der in der Grundrechte-Charta geregelten Grundrechte zum EuGH (ähnlich dem Verfahren der -Verfassungsbeschwerde) ist nicht vorgesehen. Allerdings kann jede natürliche oder juristische Person gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben (Art. 263 IV AEUV). Allerdings können im -Sekundärrecht besondere Bedingungen und Einzelheiten für die Erhebung dieser Klagen natürlicher oder juristischer Personen vorgesehen werden (Art. 263 V AEUV).

4.
Neben der Grundrechte-Charta besteht in der EU auch ein Grundrechtsschutz nach der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Die EU tritt dieser Konvention bei; die Grundrechte, wie sie in der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind, sind als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts (Art. 6 II und III EUV). Zusätzlich sind die Grundrechte, wie sie sich aus der gemeinsamen Verfassungstradition der Mitgliedstaaten ergeben, Teil des Unionsrechts. Durch Grundrechte-Charta, Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und die in den Rang europäischen Primärrechts erhoben Grundrechtstraditionen der Mitgliedstaaten besteht für Unionsbürger dreifacher Grundrechtsschutz auf Ebene der EU: hinzu kommt in Deutschland der Grundrechtsschutz nach Bundes- und Landesrecht (s. Grundrechte, 1, 2, 8, 9).

ist die in Nizza im Dezember 2000 verkündete, zahlreiche Grundrechte enthaltende Charta der Europäischen Union. Lit.: Kommentar zur Charta der Grundrechte der Europäischen Union, hg. v. Meyer, /., 2. A. 2006; Europäische Grundrechte-Charta, hg. v. Tettinger, P. u.a., 2006

wurde beim Gipfeltreffen des Europäischen Rates in Nizza am 7.12.2000 unterzeichnet und verkündet. Die Charta erfüllt keine der Voraussetzungen für eine Rechtsetzung und ist deshalb rechtlich unverbindlich. Die Integration in das Gemeinschaftsrecht ist geplant, aber noch nicht vollzogen. In der Charta ist zum ersten Mal in der Geschichte der Europäischen Union (Europäische Union) in einem einzigen Text die Gesamtheit der bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte der Unionsbürger sowie aller im Hoheitsgebiet der Union lebenden Personen zusammengefasst. Diese Rechte sind in sechs Kapitel unterteilt: Würde des Menschen, Freiheiten, Gleichheit, Solidarität, Bürgerrechte, Justizielle Rechte. Sie beruhen auf den in der Europäischen Menschenrechtskonvention EMRK anerkannten Rechten und Grundfreiheiten, den Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten, der Europäischen Sozialcharta des Europarates und der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer sowie anderen internationalen Übereinkommen, denen die Europäische Union oder ihre Mitgliedstaaten angehören.




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