Reichsverfassungen

waren die Verfassungen des Deutschen Reiches vom 16.4.1871 und die Verfassung des Deutschen Reiches vom 11.8.1919 (Weimarer Verfassung). l.Die R. von 1871 beschränkte sich auf organisationsrechtliche Regelungen; sie enthielt keine Grundrechte. Oberste Organe des Deutschen Reichs waren der aus den Vertretern der 25 Bundesstaaten gebildete Bundesrat, das dem König von Preussen als Deutschem Kaiser zustehende Präsidium und der aus allgemeinen, direkten, geheimen u. gleichen Wahlen (allerdings ohne Frauenwahlrecht) hervorgehende Reichstag. Zur Wirksamkeit eines Reichsgesetzes waren übereinstimmende Mehrheitsbeschlüsse von Bundesrat u. Reichstag erforderlich. Der Kaiser hatte das Reich völkerrechtlich zu vertreten. Der Vorsitz im Bundesrat u. die Führung der Regierungsgeschäfte oblagen dem vom Kaiser zu ernennenden Reichskanzler, der dem Reichstag nicht verantwortlich war. Die Verfassung regelte ferner die Verteilung der Gesetzgebungs- u. Verwaltungszuständigkeiten für Zoll- u. Handelswesen, Eisenbahn, Post- u. Telegraphenwesen, Marine u. Schiffahrt, Konsulatwesen, Reichskriegswesen u. Reichsfinanzen. 2. Die Weimarer Verfassung von 1919 erklärte das Deutsche Reich zur Republik, in der die Staatsgewalt vom Volk ausgeht. Die Verfassung bestand aus einem organisationsrechtlichen u. einem Grundrechtsteil. Der 1. Hauptteil befasste sich mit "Aufbau und Aufgaben des Reichs". Er regelte das Verhältnis von Reich u. Ländern, verteilte die Zuständigkeiten zwischen Reichstag, Reichspräsidenten, Reichsregierung u. Reichsrat, enthielt Vorschriften über das Gesetzgebungsverfahren, die Verwaltung u. die Rechtspflege. Die Stellung der Länder war im Vergleich zu den Rechten der Bundesstaaten nach der R. von 1871 gemindert; der Einfluss im Reichsrat beschränkte sich auf ein Vetorecht, das der Reichstag mit Vi-Mehrheit überstimmen konnte. Der vom Volk gewählte Reichspräsident hatte aufgrund des ihm durch Art. 48 eingeräumten Notverordnungsrechts eine herausragende Position inne. Der 2. Hauptteil der Verfassung ("Grundrechte und Grundpflichten der Deutschen") gewährleistete die klassischen Grundrechte des liberalen Rechtsstaats. Anders als im Grundgesetz, das in Art. 1III auch die Legislative an die Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht bindet, galten diese jedoch als blosse Programmsätze nur nach Massgabe u. im Rahmen der einfachen Gesetze. Die Weimarer Verfassung ist zwar von den Nationalsozialisten nie formell, wohl aber praktisch ausser Kraft gesetzt worden.




Vorheriger Fachbegriff: Reichsverfassung | Nächster Fachbegriff: Reichsvermögen


Status der Seite: Auf aktuellem Stand. Nach Überprüfung freigegeben.

 


 


 

 

MMnews

 

Copyright 2023 Rechtslexikon.net - All rights reserved. Impressum Datenschutzbestimmungen Nutzungsbestimmungen