Erstattungsanspruch

ist der Anspruch auf Ausgleich einer Vermögensverschiebung. Öffentlicher E. ist der Rückgewähranspruch (vgl. §§49a VwVfG, 103 ff. BSHG) wegen rechtsgrundlos erfolgter vermögenswerter Leistungen (z.B. Zahlung auf Grund eines fehlerhaften, wirksam beseitigten Verwaltungsakts). Er beruht - wie der Anspruch aus den §§812 ff. BGB - auf der allgemeinen Erwägung, dass eine mit der Rechtslage nicht übereinstimmende Vermögenslage auszugleichen ist. Er kann sich sowohl gegen einen Einzelnen wie auch gegen ein Rechtssubjekt des öffentlichen Rechts richten. Lit.: Weber, H., Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch, JuS 1986, 29; Franckenstein, G. v., Parallelen und Unterschiede, 1998

Im Steuerrecht werden drei Erscheinungsformen des Erstattungsanspruches unterschieden:
— Erstattungsansprüche nach einem Einzelsteuergesetz, § 37 Abs. 1, letzter Teilsatz AO. Diese Art von Erstattungsansprüchen ist dadurch gekennzeichnet, dass zunächst eine Rechtsgrundlage für eine Steuerzahlung existierte, die auch bestehen bleibt, jedoch aufgrund einer neuen Entscheidung eine Rechtsgrundlage für eine (teilweise) Erstattung geschaffen wird. Ein Beispiel hierfür bildet § 36 Abs. 4 S. 2 EStG: Es werden nicht Vorauszahlungsbescheide nachträglich korrigiert, sondern in einer neuen Entscheidung, nämlich in dem Jahressteuerbescheid, wird eine Grundlage für die Erstattung der Differenz zwischen geleisteten Vorauszahlungen und der Einkommensteuer für das ganze Jahr gebildet.
— Erstattungsansprüche im Rahmen des in den §§ 268 ff. AO geregelten Verfahrens zur Aufteilung einer Gesamtschuld im Vollstreckungsverfahren. Ein Beispiel hierfür bildet § 272 Abs. 1 S. 6 AO. Wie in der vorherigen Fallgruppe wird auch hier der Grund für die frühere rechtmäßige Steuererhebung nicht nachträglich aufgehoben.
— Erstattungsansprüche nach § 37 Abs. 2 AO, sog. „reine” Erstattungsansprüche. Diese sind angelehnt an das Bereicherungsrecht des BGB, jedoch teilweise erheblich abweichend ausgestaltet. Es handelt sich um öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche. Sie setzen gem. § 37 Abs. 2 S.1 u. 2 AO voraus, dass ein
Geldbetrag als Steuer, Steuervergütung, Haftungsbetrag oder als steuerliche Nebenleistung entweder ohne rechtlichen Grund gezahlt/zurückgezahlt worden oder dass der rechtliche Grund hierfür nachträglich entfallen ist. Zur Auslegung des Begriffs „ohne rechtlichen Grund” werden unterschiedliche Auffassungen vertreten:
Nach einer vor allem in der Literatur vertretenen formellen Rechtsgrundtheorie kommt es auf die sog. Bescheidlage an. Danach besteht kein Erstattungsanspruch, wenn eine Zahlung aufgrund eines zwar materiell fehlerhaften, formell jedoch wirksamen Steuerbescheides erfolgt ist. Dagegen soll ein Erstattungsanspruch zu bejahen sein, sofern eine Zahlung auf eine nach materiellem Recht geschuldete Steuer geleistet wurde, jedoch für diese Zahlung kein Bescheid als Leistungsgrundlage existiert.
Einige Stimmen in der Literatur vertreten demgegenüber die Meinung, der Erstattungsanspruch betreffe die Ebene des materiellen Rechts und entstehe deshalb unabhängig davon, ob er nach formellem Recht überhaupt durchsetzbar sei. Deshalb kommt es für die Vertreter dieser Auffassung für die Entstehung des Erstattungsanspruchs nicht auf die formelle, sondern auf die materielle Rechtslage an (materielle Rechtsgrundtheorie).
Der BFH und die h. L. wählen die materielle Rechtsgrundtheorie als Ausgangsbasis und verzahnen sie mit den Überlegungen der formellen Rechtsgrundtheorie: Mit der Zahlung entsprechend der formellen Bescheidlage ohne materielle Schuld oder über die materielle Schuld hinaus entsteht danach ein abstrakter (potenzieller) Erstattungsanspruch, der erst mit dem Wegfall des formellen rechtlichen Grundes, etwa durch Aufhebung oder Änderung des Bescheides, zu einem konkreten Erstattungsanspruch wird. Umgekehrt entfällt bei einer Zahlung entsprechend der materiellen Schuld, aber über den formellen Bescheid hinaus, erst dann rückwirkend ein konkreter Erstattungsanspruch, wenn die Steuer in einem Änderungsbescheid formell der materiellen Schuld gemäß festgesetzt wird. Im Falle einer Abtretung kann der Erstattungsanspruch sowohl gegen den Zessionar als auch gegen den Zedenten geltend gemacht werden.




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