Saldotheorie

bedeutet eine Einschränkung des §818III BGB bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von gegenseitigen Verträgen, wenn die beiderseitigen Leistungen bereits erbracht wurden. Dadurch wird auch im Rückabwicklungsver-hältnis das faktische Synallagma zwischen den Leistungen berücksichtigt.

Wegen dieses Synallagmas sollen die fehlgeschlagenen Leistungen nicht isoliert rückabgewickelt werden, sondern es soll nur ein einheitlicher Bereicherungsanspruch zugunsten desjenigen bestehen, für den sich ein positiver Saldo ergibt. Zwei Aussagen der S. sind zu unterscheiden. Erstens: Gleichartige Bereicherungsgegenstände werden automatisch, d.h. ohne Aufrechnungserklärungen verrechnet. Hierbei handelt es sich lediglich um eine praktische Modifikation der Zweikondiktionenlehre. Probleme entstehen hierdurch nicht. Zweitens: Ist eine Partei nach § 818 III BGB entreichert, so wird der Wert dieser Entreicherung vom Bereicherungsanspruch des Entreicherten (bis auf Null) abgezogen. Hierin liegt die Modifikation des § 818 III BGB.

Begründung für die S. ist, daß das Risiko des Wertverlustes oder des Untergangs nur denjenigen trifft der kein Geld geleistet hat. Geld hat man ja zu haben. Der Geldgläubiger könnte demnach immer kondizieren, müßte aber selbst wegen Entreicherung die untergegangene Leistung nicht herausgeben. Deshalb muß er sich den Wert dieser Entreicherung auf seinen eigenen Bereicherungsanspruch anrechnen lassen.

ist die auf den Saldo abstellende Theorie zur Berechnung der herauszugebenden Leistung bei ungerechtfertigter Bereicherung. Nach ihr bestehen bei beiderseits erbrachten Leistungen und gleichartigen Rückgewähransprüchen nicht zwei Bereicherungsansprüche, sondern lediglich ein einheitlicher Anspruch auf Herausgabe des Überschusses der umfangreicheren Leistung über die weniger umfangreiche. Die S. ist grundsätzlich anzuwenden und nur ausnahmsweise durch die Zweikondiktionentheorie zu ersetzen (z.B. bei Beteiligung von nur beschränkt geschäftsfähigen Personen). Lit.: Finkenauer, T., Vindikation, Saldotheorie und Arg- listeinwand, NJW 2004, 1704

Dient ein Anspruch aus Leistungskondiktion der Rückabwicklung eines (unwirksamen) gegenseitigen Vertrags, ist die Berücksichtigung der Gegenleistung problematisch und streitig.
Vor allem in der Vergangenheit wurde hierzu die sog. Zwei-Kondiktionen-Lehre vertreten, wonach jede Leistung bereicherungsrechtlich isoliert zu betrachten ist und jeder Partner des Austauschverhältnisses einen eigenständigen Bereicherungsanspruch hat, mit dem ggf. — bei Vorliegen aller Aufrechnungsvoraussetzungen — gegen den Bereicherungsanspruch des anderen aufgerechnet werden kann. Beide Ansprüche sind voneinander unabhängig und können jeweils für sich
wegen eines Wegfalls der Bereicherung entfallen
(§ 818 Abs.3 BGB), ohne dass dies Auswirkung auf den anderen Anspruch hat.
Ist etwa ein Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug unwirksam, muss der Verkäufer den Kaufpreis nach der Zwei-Kondiktionen-Lehre in jedem Fall auch dann an den Käufer herausgeben, wenn das Fahrzeug beim Käufer ersatzlos untergegangen ist und der Käufer daher von seiner Herausgabepflicht frei wird (von heutigen Anhängern der Zwei-Kondiktionen-Lehre wird vielfach versucht, dieses Ergebnis durch Annahme von Wertersatzansprüchen - entgegen § 818 Abs. 3 BGB - zu korrigieren).
Die Rspr. und die heutige h. L. geht demgegenüber nach der sog. Saldotheorie davon aus, dass das jedenfalls faktische Synallagma auch bei der Rückabwicklung zu beachten ist und daher die herauszugebende Bereicherung stets unter Berücksichtigung der Gegenleistung beurteilt werden muss. Bei gleichartigen Leistungen gibt es nicht zwei wechselseitige Bereicherungsansprüche, sondern nur einen einzigen Anspruch auf Herausgabe des Überschusses nach Saldierung beider Leistungen. Sind Leistung und Gegenleistung nicht gleichartig, kann derjenige, dessen Leistung den Wert der Leistung des anderen übersteigt, seinen Herausgabeanspruch nur Zug um Zug gegen Rückgewähr der seinerseits empfangenen Leistung verlangen. Aus der Annahme einer bei gegenseitigen Verträgen nur einheitlichen Bereicherung und dem Grundgedanken des § 818 Abs. 3 BGB wird entnommen, dass der Untergang oder die Verschlechterung einer Leistung auch zur Entreicherung des anderen führt. Bei der Saldierung ist daher ein Wegfall der Bereicherung auf der Seite des Bereicherungsschuldners auch bei der Forderung des Bereicherungsgläubigers in Abzug zu bringen.
Ist im Beispielsfall der Kaufpreis höher als der Wert des Fahrzeugs, hat nach der Saldotheorie nur der Käufer einen Bereicherungsanspruch, den er aber nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs durchsetzen kann. Ist das Fahrzeug ersatzlos untergegangen, ist dessen Wert vom Bereicherungsanspruch abzuziehen.
Die Saldotheorie wird vielfach eingeschränkt, insbes. bei Vorleistungen, Leistungen eines Geschäftsunfähigen und im Falle der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Die Einzelheiten sind stark umstritten und werden von der Rspr. einzelfallbezogen beurteilt. Im Ergebnis geht es stets um eine sinnvolle Risikoverteilung, wobei die früheren §§ 350, 351 BGB i. d. E vor der Änderung des Rücktrittsrechts durch das SchuldRModG häufig als Leitbild angesehen werden.

ungerechtfertigte Bereicherung (3).




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