Schätzung

Wo der Wert eines Gegenstandes oder Schadens ermittelt werden muss, treten nicht selten praktische Schwierigkeiten auf, die nur durch kostspielige Beweiserhebungen oder nicht einmal durch sie überwunden werden könnten. Daher erlaubt das Gesetz in zahlreichen Fällen die S., z.B. durch den
Richter, einen Sachverständigen, aber auch durch das Finanzamt oder andere Behörden. Bsp.: Berechnung des Pflichtteils (§ 2311 BGB), des Gesellschaftsvermögens (§ 738 BGB); Ermittlung eines Schadens im Prozess durch den Richter (§ 287 ZPO, bes. wichtig!); Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen (§ 217 AO); bei Flurbereinigungen.

, Steuerrecht: Sofern eine Finanzbehörde die für die Besteuerung relevanten Sachverhaltskomponenten nicht mit den ihr zumutbaren Bemühungen ermitteln oder berechnen kann, kann sie gern. § 162 AO die Besteuerungsgrundlagen im Wege der Schätzung festzulegen. Die Frage, welche Arten von Besteuerungsgrundlagen einer Schätzung zugänglich sind, ist umstritten. Die h.M nimmt an, es handele sich nur um numerisch auszudrückende Werte, wie z.B. Umsätze und Betriebseinnahmen. Eine belastende Unterstellung der Grundlage einer Schätzung z.B. des Inhalts, es habe jemand eine Zuwendung i. S. d. ErbStG erhalten, sei nicht über § 162 AO möglich, sondern nur einer Lösung anhand von Regeln zur Feststellungslast zugänglich. Die Vertreter der Gegenmeinung lehnen unter Hinweis auf den Wortlaut der §§ 162 und 199 AO die Beschränkung auf quantifizierbare Daten ab und lassen auch eine Schätzung des Grundsachverhaltes zu. Weil mit der letzteren Ansicht eine Beweiserleichterung für die Finanzbehörde verbunden ist, können die Entscheidungen im Einzelfall durchaus differieren.
Als Schätzungsanlass kommen drei Fallgruppen in Betracht:
— generelle Schätzung zur — regelmäßig einvernehmlichen — Beseitigung eines sachtypischen Beweisnotstandes des Steuerpflichtigen (z.B. Werte von Sachbezügen bei der ESt, von Entnahmen zum privaten Verbrauch bei der USt);
— individuelle Schätzung in Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger Mitwirkungs-, Informations- und Nachweispflichten verletzt und dadurch in mehr oder minder vorwerfbarer Weise die Ursache für die Nichtaufldärbarkeit des steuerlichen Sachverhalts gesetzt hat;
— vorläufige Schätzung in Fällen, bei denen in einem Steuerbescheid Werte aus einem noch nicht mit einem Grundlagenbescheid abgeschlossenen Feststellungsverfahren zu berücksichtigen sind.
Ziel der Schätzung ist die Fixierung der Besteuerungsgrundlagen in der Weise, dass das Ergebnis die größtmögliche Wahrscheinlichkeit für sich hat. Es muss schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Die Finanzbehörde darf die steuerbegründenden Umstände einerseits nicht bewusst zu hoch ansetzen. Auf der anderen Seite kann durchaus zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, wenn dieser die nicht regelgerechte Aufklärung des Sachverhaltes pflichtwidrigerweise selbst verursacht hat. Deshalb kann sich das Finanzamt bei schuldhaftem Verhalten, etwa bei wegen unverbuchter Betriebseinnahmen nicht ordnungsgemäßer Buchführung, an der obersten Grenze des Schätzungsrahmens halten und ggf. auch einen Sicherheitszuschlag vornehmen.




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