Volksabstimmung

unmittelbare Mitwirkung des Volkes an der Gesetzgebung durch Volksbegehren und Volksentscheid. Im Grundgesetz nicht vorgesehen (Ausnahme: Neugliederung des Bundesgebietes), jedoch in mehreren Landesverfassungen. Volksbegehren: Verfahren zur Verwirklichung des Verlangens einer gewissen Mindestanzahl von Staatsbürgern zur Einbringung eines Gesetzesentwurfs; bei Erreichen einer bestimmten Unterschriftenzahl muß das Parlament darüber abstimmen; Ablehnung führt zum Volksentscheid. Volksentscheid, auch Referendum: Abstimmung über eine bestimmte Gesetzesvorlage, insbes. nach einem Volksbegehren.

ist die Abstimmung der stimmberechtigten Staatsbürger über eine einzelne Sachfrage. Die V. kann Volksbegehren oder Volksentscheid sein. Sie ist im Grundgesetz - abgesehen von Art. 29 GG - aus Misstrauen gegenüber dem Volk nicht vorgesehen. Lit.: Huber, P., Volksgesetzgebung, 2003; Herrmann, K., Volksgesetzgebungsverfahren, 2003

Abstimmung der stimmberechtigten Staatsbürger über Sachfragen (im Unterschied zu Wahlen, die sich auf Personalentscheidungen beziehen). Volksabstimmungen sind Ausdruck der unmittelbaren Demokratie. Beim Volksbegehren ergreift das Volk die Initiative zur Schaffung einer Regelung, insb. eines Gesetzes durch das Parlament, notfalls durch einen Volksentscheid. Der Volksentscheid stellt die verbindliche Entscheidung über die vorgelegte Sachfrage dar. Bei der Volksinitiative verlangen die Bürger, dass sich das Parlament mit einer Angelegenheit
befassen soll. Volksbefragungen dienen der politischen Willensbildung und sind rein konsultativ ohne rechtliche Bindung.
In der Bundesrepublik Deutschland als repräsentativer Demokratie spielen Volksabstimmungen jedenfalls auf Bundesebene nur eine untergeordnete Rolle. Das Grundgesetz sieht Volksabstimmungen nur bei der Neugliederung des Bundesgebietes (Art. 29 Abs. 2 GG) und im Fall einer neuen Verfassung (Art. 146 GG) vor. Im Übrigen ist eine unmittelbare Beteiligung des Staatsvolkes auf Bundesebene nach h. M. unzulässig. Deshalb konnten sich Forderungen nach Einführung plebiszitärer Elemente auch im Rahmen der Verfassungsreform 1994 nicht durchsetzen. Gegen die Einführung direkt-demokratischer Elemente wurde insb. geltend gemacht, dass die Entscheidungsfähigkeit der Staatsorgane geschwächt werde und die bei Plebisziten notwendige Reduzierung auf eine Ja/ Nein-Alternative nicht geeignet sei, sachgerechte Entscheidungen herbeizuführen, die in der Praxis häufig gerade auf einem Kompromiss beruhen.
Umstritten ist dies allerdings für konsultative Volksbefragungen. Teilweise werden sie ebenfalls für verfassungswidrig gehalten, da selbst eine unverbindliche Volksbefragung einen derart starken faktischen politischen Druck ausübe, dass die Staatsorgane davon kaum werden abweichen können. Die h. Lit. verweist demgegenüber darauf, dass es bei Volksbefragungen nicht um die Teilhabe und Ausübung von Staatsgewalt geht. Danach könnten Volksbefragungen durch den Bund im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz durch einfaches Gesetz eingeführt werden.
In den Verfassungen der Länder gibt es dagegen allgemein Regelungen über die Durchführung obligatorischer oder fakultativer Volksabstimmungen. Volksabstimmungen auf Landesebene sind allerdings nur zulässig im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz des Landes und die Abstimmung muss materiell mit höherrangigem Recht (Bundesrecht, Landesverfassung) vereinbar sein.

1.
V. ist die verbindliche Abstimmung der gesamten wahlberechtigten Staatsbürger über wichtige Einzelvorhaben, insbesondere Gesetze (s. a. Plebiszit). Die Volksabstimmung selbst wird i. d. R. als Volksentscheid bezeichnet; davon ist das Volksbegehren als der aus der Mitte des Volkes kommende Antrag auf Durchführung eines Volksentscheides oder auf Behandlung eines bestimmten Gesetzesantrages durch die zuständigen parlamentarischen Organe zu unterscheiden.

2. Nach Art. 20 II GG wird im Bund die Staatsgewalt vom Volke selbst „in Wahlen und Abstimmungen“ ausgeübt. Das GG selbst beschränkt allerdings die unmittelbare Mitwirkung des Volkes grundsätzlich auf die Wahl des Bundestages (repräsentative Demokratie). Eine Abberufung (Auflösung) des Bundestages durch V. ist nicht möglich. Volksbegehren und Volksentscheid sind bundesrechtlich nur im Rahmen der Neugliederung des Bundesgebiets nach Art. 29 GG vorgesehen. Im Übrigen hat das GG von Volksentscheid und Volksbegehren abgesehen (was gelegentlich mit dem Schlagwort „Defizit plebiszitärer Elemente“ kritisiert wird). Derzeit bestehen Bestrebungen, eine V. auf Bundesebene einzuführen.

3. Volksbegehren und Volksentscheid sind aber in den Verfassungen der Länder vorgesehen, insbes. auch zur Abberufung des Landtags, zum Beschluss von Gesetzen und zur Verabschiedung von verfassungsändernden Gesetzen. Die Ausgestaltung im Einzelnen ist sehr unterschiedlich, insbes. hinsichtlich der zulässigen Themen (grundsätzlich keine V. über Haushaltsfragen), das Verfahren zur Zulassung des Volksbegehrens, des Quorums für das Volksbegehren (bis zu 20 v. H. der Wahlberechtigten), der Möglichkeit eines Selbsteintritts des Parlaments oder einer parlamentarischen Konkurrenzvorlage sowie des Quorums für den Volksentscheid (Quorum für die Beteiligung bis zu 50 v. H. der Wahlberechtigten, Quorum für die Zustimmung bis zu 331/3 v. H. der Wahlberechtigten bei einfachen Gesetzen und bis zu 50% bei verfassungsändernden Gesetzen).

4. Zur V. auf kommunaler Ebene Bürgerbeteiligung, Bürgerentscheid.




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