Abänderung eines Unterhaltstitels

Verfahren gern. § 238 FamFG, das sich gegen eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen auf Zahlung von Unterhalt richtet, die das Gericht auf Antrag nach § 258 ZPO mit einem veränderlichen Maßstab bemessen hat. Es handelt sich um eine prozessuale Gestaltung.
Der Streitgegenstand ist die Begründetheit des Abänderungsbegehrens, d. h. die Frage, ob zugunsten des Antragstellers wegen wesentlicher Änderungen der Verhältnisse der vorhandene Unterhaltsbeschluss abgeändert werden muss. Der Streitgegenstand entspricht dem des Vorverfahrens, da der gleiche Lebenssachverhalt untersucht wird. Die Abänderung gerichtlicher Unterhaltsentscheidungen nach § 238 FamFG erlaubt aus Gründen der Billigkeit die Durchbrechung der materiellen Rechtskraft des abzuändernden Beschlusses.
Notwendig für einen Erfolg in diesem Verfahren ist eine wesentliche Veränderung derjenigen Verhältnisse, die für Grund oder Höhe der Verpflichtung zu einer Unterhaltsrente maßgeblich waren. Mit „Verhältnisse” ist in § 238 Abs. 1 FamFG die Beschlussgrundlage des Beschlusses nach § 258 ZPO gemeint. Die Verhältnisse müssen sich tatsächlich geändert haben (z. B. unerwartete Arbeitsaufnahme des Unterhaltsgläubigers); auch eine geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung ist ein möglicher Abänderungsgrund.
Wesentlich ist eine Veränderung, die eine spürbar höhere oder geringere, längere oder kürzere Unterhaltsrente rechtfertigt. Zwar gibt es keine festen Prozentsätze, jedoch gilt die Faustregel, dass eine Erhöhung oder Kürzung um 10% erheblich ist. Diese Grenze wird dann nicht eingehalten, wenn die Beteiligten in ärmlichen Verhältnissen leben.
Der Abänderungsantrag ermöglicht nur die Korrektur der „falschen” Prognose, d. h., es geht in diesem Verfahren nicht um eine „Fehlerbeseitigung” des gegebenenfalls abzuändernden Beschlusses (vgl. § 238 Abs. 4 FamFG). Eine „Fehlerbeseitigung” ist nur im Rahmen eines Rechtsmittels (Beschwerde) möglich.

Die geltend gemachte Anderung der Verhältnisse muss nach § 238 Abs. 2 FamFG nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingetreten sein, in der sie spätestens hätte geltend gemacht werden können. Die Präklusionsvorschrift des § 238 Abs. 2 FamFG errichtet damit insbesondere zur Absicherung der Rechtskraft unanfechtbar gewordener Entscheidungen eine Zeitschranke für die Berücksichtigung von Abänderungsgründen. Die Möglichkeit einer Abänderung besteht daher nicht, wenn die angeblich veränderten Verhältnisse schon im Ausgangsverfahren vorgetragen werden konnten. Maßgebender Zeitpunkt ist der Schluss der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz, damit auch der Beschwerdeinstanz,wenn eine solche stattgefunden hat. Dies gilt gleichermaßen für das Erstantrags- wie das Abänderungsverfahren und ist auch unabhängig von der jeweiligen Parteistellung im Vorverfahren. Dies ergibt sich daraus, dass der Wortlaut der Vorschrift nicht nur auf die Erweiterung des Antrags, sondern auch auf die Geltendmachung von Einwendungen abstellt und somit beide Parteien dazu anhält, ihre Meinung bereits im Ausgangsverfahren zu äußern. § 238 Abs. 2 FamFG stellt damit sicher, dass nicht gesonderte Abänderungsverfahren für Erhöhungs- und Herabsetzungsverlangen zur Verfügung stehen, sondern dass der Einfluss veränderter Umstände auf den titulierten Unterhaltsanspruch in einem einheitlichen Verfahren nach beiden Seiten geklärt werden muss. Allerdings wird durch § 238 Abs. 2 FamFG der Abänderungsgegner nicht mit einem Vorbringen ausgeschlossen, als damit nicht eine Abweichung von der früheren Rechtsfolge erstrebt, sondern an jener Entscheidung festgehalten wird.
Nach § 238 Abs. 3 FamFG darf der Unterhaltsbeschluss nur für die Zeit nach Erhebung des Antrags abgeändert werden. § 238 Abs. 3 FamFG schützt das Vertrauen der Beteiligten auf den Bestand des Unterhaltsbeschlusses, d. h., sie können sich darauf verlassen, dass der titulierte Unterhalt so lange unangetastet bleibt, bis ein Beteiligter Antrag auf Abänderung erhebt.
Nach § 239 FamFG kann der Abänderungsantrag auch im Falle anderer Schuldtitel angewendet werden.

Die Abänderung dieser Titel, d. h. Des Unterhaltsvergleichs bzw. von Unterhaltsurkunden (notarielle Urkunden nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO oder Jugendamtsurkunden) richtet sich allein nach den Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage, vgl. § 239 Abs. 2 FamFG. Grund dieser Differenzierung gegenüber einem Unterhaltsurteil ist die fehlende Rechtskraft der in § 239 FamFG genannten Titel. Damit entfällt in einem solchen Abänderungsverfahren insbesondere die Bindung an die Beschränkungen der § 238 Abs. 2 und Abs. 3 FamFG.
Das Verhältnis des Abänderungsantrags nach § 238 bzw. § 239 FamFG zur Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO ist problematisch. Grundlage der Abgrenzung ist, dass sich der Abänderungsantrag und die Vollstreckungsgegenklage gegenseitig ausschließen, denn sie verfolgen mit unterschiedlichen Mitteln unterschiedliche Ziele. So bezweckt der Abänderungsantrag die Anpassung des Unterhaltstitels. Der Grund ist die Anderung der variablen Bemessungsgrundlage (Leistungsfähigkeit, Bedürftigkeit).
Eine Veränderung der stets wandelbaren wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten ist daher mit einem Abänderungsantrag nach §§ 238, 238 FamFG geltend zu machen.
Die Vollstreckungsgegenklage wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung aus dem Unterhaltstitel. Die Zwangsvollstreckung soll für unzulässig erklärt werden, weil der titulierte Anspruch inzwischen erloschen oder gehemmt ist. In Abgrenzung zu § 238 FamFG kommen für die Vollstreckungsgegenklage nur Einwendungen gegen den Unterhaltstitel in Frage, die diesen unwandelbar vermindern.
Die Vollstreckungsabwehrklage betrifft daher punktuell eintretende Ereignisse, Einwendungen und Einreden.
Dies sind neben der Tilgung vergangener und gegenwärtiger Ansprüche nur solche Einwendungen, die den Unterhaltsanspruch gänzlich und für immer gesetzlich beendet haben (z. B. Abfindung des Rentenanspruchs).
Alle anderen Gründe, gegen den Titel vorzugehen, sind Abänderungsgründe i. S. d. §§ 238, 238 FamFG (z. B. Anderung der wirtschaftlichen Verhältnisse, Stundung etc.).




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