Freibeweis

bedeutet, daß das Gericht ohne Bindung an das förmliche Beweisverfahren und die gesetzlichen Beweismittel (Strengbeweis) alle Erkenntnisquellen, die ihm zur Verfügung stehen, zur Klärung der beweisbedürftigen Tatsachen heranziehen kann. Der F. ist insbesondere bei der Prüfung der Prozeßvoraussetzungen statthaft.

wird der im deutschen Gerichtswesen durchweg herrschende Grundsatz genannt, dass das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden hat, ob eine tatsächliche Behauptung wahr ist. Beweis. Im Urteil müssen die Gründe angegeben werden, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. F. gilt in allen gerichtlichen Verfahren, vgl. z. B. § 286 ZPO, § 261 StPO. Ausnahmsweise stellt das Gesetz bestimmte Beweisregeln auf, an die der Richter gebunden ist, z. B. über den Beweiswert von privaten und öffentlichen Urkunden oder von Gerichtsprotokollen (§§ 415-418, 164 ZPO). In diesen Fällen kein F. Strengbeweis.

ist der Beweis, bei dem Erhebung, Verfahren und Beweismittel im Ermessen des Gerichts stehen. Er ist zulässig z.B. zur Feststellung von ausländischem Recht und von Erfahrungssätzen. Er steht im Gegensatz zum Strengbeweis. Lit.: Voigtei, S., Zum Freibeweis, 1998

Beweisart, für die — anders als beim Strengbeweis — die Formalien des Beweisaufnahmeverfahrens nicht zu beachten sind und bei der außer den gesetzlich geregelten Beweismitteln auch andere geeignete Erkenntnisquellen herangezogen werden können.
Strafprozessrecht: Im Strafprozess können im Freibeweisverfahren alle Umstände erforscht werden, die nicht die sog. Schuld- und Straffrage betreffen und deshalb dem Strengbeweis unterliegen (Freibeweis-verfahren). Dies gilt nach h. M. insbesondere für die Prozessvoraussetzungen und andere Verfahrensfragen (BGH St 45, 354 ff.), sofern es sich hierbei nicht um doppelrelevante Tatsachen handelt, die wiederum dem Strengbeweisverfahren unterliegen.
Das Freibeweisverfahren gilt für die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, diese kann sich aller zugänglicher Informationsquellen bedienen, ohne an die Grundsätze der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit gebunden zu sein. Sofern die so erlangten Informationen zur Verneinung des Tatverdachts führen, ist ihre Verwertung unbeschränkt möglich, im Fall einer Anklageerhebung verlangt „hinreichender Tatverdacht” als Verurteilungsprognose hingegen auch die Berücksichtigung der für das Gericht geltenden Beweisregeln.
Zivilprozessrecht: Im Zivilprozessrecht ist der Freibeweis zulässig für alle von Amts wegen zu prüfenden Umstände, für die Zulässigkeit der Klage, sowie bei Einverständnis der Parteien auch über entscheidungserhebliche Tatsachen (§ 284 S.2 — 4 ZPO) und für die Feststellung anzuwendenden ausländischen Rechts, Gewohnheitsrechts und Statuten (§ 293 ZPO). Als mögliche Mittel des Freibeweises kommen — neben den gesetzlichen Beweismitteln der §§ 355-455 ZPO die Versicherung an Eides statt (§ 294 Abs. 1 ZPO) und die amtliche Auskunft einer Behörde (vgl. §§ 273 Abs. 2 Nr. 2, 358 a S. 2 Nr. 2 ZPO) in Betracht.

Im Verfahrensrecht wird zwischen Streng- und Freibeweis unterschieden, je nachdem, ob das Gericht an bestimmte gesetzliche Formen der Aufnahme von Beweisen gebunden ist oder diese frei gestalten kann. Handelt es sich um die Feststellung der Beweistatsachen als Grundlage der Urteilsentscheidung, so gelten die Beweiserhebungsvorschriften (insbes. §§ 355-455 ZPO, §§ 244- 256 StPO); anders, wenn Feststellungen außerhalb der gerichtlichen Verhandlung getroffen oder in der Verhandlung prozeßerhebliche Tatsachen geklärt werden sollen, insbes. ob eine Prozessvoraussetzung oder ein Prozesshindernis gegeben oder ein Rechtsmittel rechtzeitig eingelegt worden ist u. ä. Insoweit können Feststellungen im Wege des F. getroffen werden, d. h. mit den vom Gericht für sachdienlich gehaltenen Mitteln, etwa durch Einholen schriftlicher Auskünfte von Behörden oder Zeugen u. dgl. Dasselbe gilt, wenn die Parteien mit dieser Art der Beweiserhebung einverstanden sind (§ 287 S. 2 ZPO).




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