Gefährdungsdelikte

Straftatbestände, deren Unrechtsgehalt nicht in der Verletzung (4 Verletzungsdelikte),
sondern bereits in der Gefährdung des geschützten Rechtsgutes besteht. Dies kann für die Auslegung von Bedeutung sein. Man unterscheidet abstrakte Gefährdungsdelikte und konkrete Gefährdungsdelikte. Bei Ersteren wird die Gefährlichkeit der Handlung für das geschützte Rechtsgut vom Tatbestand vorausgesetzt und bedarf daher keiner näheren Prüfung. Jedoch kann eine teleologische Reduktion des Tatbestandes im Einzelfall in Betracht kommen, wenn die vom Gesetzgeber unter den im Tatbestand umschriebenen Umständen vorausgesetzte Gefahrenlage weder objektiv noch subjektiv gegeben ist.
So wird in der h. Lit. die Anwendung des § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB auf solche Fälle abgelehnt, in denen der Täter sich bei ei-nein einräumigen überschaubaren Gebäude vergewissert hat, dass niemand zu Schaden kommen kann (a. A. BGH NStZ 1999,32).
Bei konkreten Gefährdungsdelikten ist der Eintritt einer tatsächlichen Gefahrenlage Tatbestandsmerkmal und daher als Voraussetzung der Tatbestandserfüllung besonders zu prüfen. Eine konkrete Gefahr liegt dann vor, wenn das Ausbleiben eines Schadens nur dem Zufall zu verdanken ist.

eine Straftat, bei der bereits die Gefährdung eines Rechtsguts (Mensch, Sache) mit Strafe bedroht ist. Unterschieden wird zwischen dem konkreten G., bei dem der Nachweis einer tatsächlich eingetretenen Gefährdung zu erbringen ist (z.B. bei Strassenverkehrsgefährdung), u. dem abstrakten G., bei dem der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Handlung allgemein gefährlich ist u. der Täter deshalb schon für die Herbeiführung des gefährlichen Zustandes bestraft wird (z.B. Vortäuschen einer Straftat, Falschaussage, schwere Brandstiftung). - Vgl. Verletzungsdelikt.

ist das Delikt (Erfolgsdelikt), zu dessen Verwirklichung die Herbeiführung einer Gefahrenlage für das im Tatbestand vorausgesetzte Schutzobjekt ausreicht. Beim konkreten G. ist der wirkliche Eintritt der Gefahr im konkreten Einzelfall erforderlich (z.B. §315c StGB), beim abstrakten G. wird die bestimmte Verhaltensweise als für das Schutzobjekt schon generell gefährlich angesehen (z.B. §316 StGB). Der Gegensatz des Gefährdungsdelikts ist das Verletzungsdelikt. Lit.: Zieschang, F., Die Gefährdungsdelikte, 1998; Schmid, /., Untersuchung zur Dogmatik und zum Abstraktionsgrad abstrakter Gefährdungsdelikte, 1999; Wolters, W., Deliktstypen des Präventionsstrafrechts, 2000; Kiss, A., Das abstrakte Gefährdungsdelikt, 2006

Nach der Wirkung einer Straftat ist zwischen Verletzungs- und Gefährdungsdelikt zu unterscheiden. Beim Verletzungsdelikt setzt die Vollendung der Tat voraus, dass ein fremdes Rechtsgut geschädigt worden ist; so bei Körperverletzung, Sachbeschädigung. Das G. ist dagegen schon mit dem Eintritt der Gefährdung des angegriffenen Rechtsgutes vollendet. Hierbei wird wieder zwischen dem konkreten und dem abstrakten G. unterschieden, je nachdem, ob die Gefährdung im Einzelfall festgestellt werden muss, so bei Straßenverkehrsgefährdung infolge Trunkenheit usw. (§ 315 c StGB; Alkoholdelikte), oder ob die bloße Möglichkeit des Eintritts einer Schädigung genügt, so bei schwerer Brandstiftung, bei der das bloße Inbrandsetzen wegen der damit verbundenen Gefahr die Strafbarkeit begründet (§ 306 a I StGB), oder bei Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB). Eine Untergruppe des abstrakten G. ist das abstrakt-konkrete oder potenzielle G., bei dem eine konkrete Eignung zur Gefährdung besteht, so z. B. bei § 130 I, III StGB (Volksverhetzung).




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