Gutgläubiger lastenfreier Erwerb

(§ 936 BGB) ist der gutgläubige „Wegerwerb“ von Rechten, die auf der veräußerten beweglichen Sache lasten. Die Rechte erlöschen mit dem Erwerb des Eigentums vom Nichtberechtigten. Es handelt sich dabei um dingliche Rechte wie z.B. das Anwartschaftsrecht, besitzlose Pfandrechte oder den Nießbrauch. Für die Enthaftung von Hypothek und Grundschuld hingegen gelten die §§ 1121 f.; 1192 BGB als leges speciales. Voraussetzung ist, daß der Erwerber nach §§ 929-935 BGB Eigentum erwirbt, er eine Besitzposition vom Veräußerer erlangt, gutgläubig gemäß §§ 936 II, 932 II BGB bezüglich der Lastenfreiheit der Sache ist und die Sache dem Inhaber des Rechts nicht abhandengekommen ist (§ 935 BGB analog). Bezüglich der Besitzposition gilt „a maiore ad minus“: Die erlangte Besitzposition muß mindestens so stark sein wie diejenige, die hinsichtlich des gewählten Eigentumsübertragungstatbestandes gereicht hätte, um gutgläubig Eigentum vom Nichtberechtigten zu erwerben. Dadurch wird deutlich, welch hohen Wert der Gesetzgeber der Möglichkeit des lastenfreien Erwerbs beimißt: Lastenfreiheit ist genausoviel wert wie der Erwerb des Eigentums selbst. Die Belastung des Eigentums mit einem Recht kann die Rechtsposition des Eigentümers wertlos machen und ihm die Ausübung seiner Eigentümerrechte vereiteln. Zu beachten ist im Handelsrecht die Sonderregelung des § 366 II HGB und für den Fall des § 931 BGB der §936 III BGB.

, Sachenrecht: Erwerb eines dinglichen Rechtes frei von Lasten Dritter.
Im Mobiliarsachenrecht tritt beim Erwerb einer beweglichen Sache ein lastenfreier Erwerb nach § 936 BGB dann ein, wenn der Erwerber das Eigentum an der Sache dergestalt erlangt, dass an ihr bestehende dingliche Rechte Dritter mit seinem Eigentumserwerb erlöschen. Wenn das Eigentum an der Sache mit dem Recht eines Dritten belastet ist, so ist der Eigentümer nicht berechtigt, lastenfreies Eigentum zu übertragen. Er ist insoweit Nichtberechtigter. Es sind mindestens zwei dinglich Berechtigte vorhanden, nämlich der Eigentümer (als Inhaber des Vollrechtes) und der Inhaber des beschränkten dinglichen Rechtes (Pfandrecht, Nießbrauch und nach h. M. auch das Pfändungspfandrecht).

Die Voraussetzungen für den gutgläubig lastenfreien Erwerb nach § 936 BGB sind:
- Der Erwerber muss das Eigentum erlangt haben. Dabei ist es gleichgültig, ob er es vom Eigentümer
oder gutgläubig vom Nichtberechtigten gemäß §§ 932 BGB ff. erwirbt.
- Hat der Erwerber das Eigentum vom Berechtigten erlangt, dann muss er zum lastenfreien Erwerb dieselbe Rechtsposition erhalten wie beim Erwerb vom Nichtberechtigten nach §§932-934 BGB, und zwar auch dann, wenn das Eigentum vom Berechtigten erworben wird (vgl. § 936 Abs. 1 S. 2 u. 3 BGB). Diese verschärften Anforderungen an den Besitzerwerb gelten natürlich nur für die Frage der Lastenfreiheit der erworbenen Sache. Die Frage des Eigentumserwerbs bestimmt sich unabhängig davon nach den §§ 929 ff. BGB bzw. §§ 932 ff. BGB. Der Erwerber muss in Ansehung der Lastenfreiheit gutgläubig sein (§ 936 Abs. 2 BGB). Die Sache darf dem dinglich Berechtigten nicht abhanden gekommen sein. §935 BGB gilt entsprechend. Ist also die Sache dem Inhaber des beschränkt dinglichen Rechtes, z. B. dem Nießbraucher oder Pfandgläubiger, abhanden gekommen, so erhält der gutgläubige Erwerber zwar Eigentum, aber kein lastenfreies Eigentum.
Der gutgläubig lastenfreie Erwerb ist unter den Voraussetzungen des § 936 Abs. 3 BGB ausgeschlossen: Wenn die Veräußerung durch Abtretung des Herausgabeanspruches erfolgt (§§ 929, 931, 934 BGB) und der Inhaber des dinglichen Rechtes die Sache im unmittelbaren oder -mittelbaren Besitz hat, so bleibt sein beschränktes dingliches Recht erhalten. Ist der Rechtsinhaber allerdings nur mittelbarer Besitzer, so bleibt sein Recht nur dann bestehen, wenn der unmittelbare Besitzer ihm den Besitz weiterhin vermittelt. Ein mit Sachbesitz verbundenes Sachenrecht braucht also dem guten Glauben des Erwerbers nicht zu weichen.
Beispiel: E hat seinen Laptop bei dem Computerspezialisten C reparieren lassen. Bevor er die Reparaturkosten von 49,95 e bezahlt, veräußert er den Laptop an K, indem er ihm sein Herausgabeanspruch gegenüber C abtritt. E versteht es unter Vorlage einer gefälschten Quittung, die über eine andere Computerreparatur von C ausgestellt war, dem K glaubhaft zu machen, die Reparatur am Laptop sei bereits bezahlt. Er habe den Laptop nur noch nicht mitgenommen, weil dessen Dauerbelastung noch zwei Tage überprüft werden sollte.
In diesem Fall hat K von E nach §§ 929, 931 BGB das Eigentum erlangt. Der Laptop war aber mit dem Werkunternehmerpfandrecht des C gem. § 647 BGB belastet. Da hier eine Veräußerung nach §§929, 931 BGB stattgefunden hat, konnte der K trotz Gutgläubigkeit nach § 936 Abs. 3 BGB kein lastenfreies Eigentum erwerben, weil der Pfandrechtsinhaber C unmittelbarer Besitzer des Laptops gern. § 854 BGB geblieben ist.
Im Immobilarsachenrecht (Grundstücksrecht) richtet sich der gutgläubige lastenfreie Erwerb, ebenso wie der gutgläubige Eigentumserwerb, nach den §§891-893 BGB. Voraussetzung hierfür ist, dass der Verfügende als Inhaber eines scheinbar lastenfreien Grundstücksrechtes im Grundbuch eingetragen ist. Der lastenfreie Erwerb des Grundstücksrechts ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber die Unrichtigkeit des Grundbuchs kennt oder ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs im Grundbuch eingetragen ist.

gutgläubiger Erwerb (2 a. E.).




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