Online-Durchsuchung

Verdeckter Zugriff auf elektronische Daten und EDV-Systeme durch staatliche Stellen mittels heimlicher Installation einer Spezialsoftware
(„Trojaner”), durch die gespeicherte Informationen
der ausführenden Behörde zugänglich gemacht werden bzw. eine längerfristige Überwachung möglich ist.
1) Strafprozessrecht: Die Maßnahme ist mangels einer Ermächtigungsgrundlage unzulässig. Sie kann insbesondere nicht auf § 102 StPO gestützt werden. Diese Vorschrift gestattet nur die „offene”, nicht jedoch eine auf heimliche Ausführung angelegte Durchsuchung (BGHSt 51, 211 ff.). Zulässig ist aber die im Rahmen einer offenen Durchsuchung — ggf. auch mit technischen Hilfsmitteln — vorgenommene Auswertung von elektronischen Datenträgern.
2) Polizeirecht: Entsprechende Maßnahmen zur Gefahrenabwehr wurden insbesondere im Zusammenhang mit der Abwehr terroristischer Anschläge diskutiert und erstmals in § 5 Abs. 2 Nr. 11 Verfassungsschütze NW normiert. Die 2006 eingeführte Vorschrift ermächtigte die Verfassungsschutzbehörde zum heimlichen Beobachten und sonstigen Aufklären des Internet (Alt. 1) und zum heimlichen Zugriff auf informationstechnische Systeme (Alt. 2). Die Regelungen wurden durch das BVerfG (NJW 2008, 822) für verfassungswidrig erklärt, da ein Verstoß gegen das — in dieser Entscheidung erstmals
konkretisierte, aus dem — allgemeinen Persönlichkeitsrecht gem. Art. 2 Abs. 1 i.Vm. 1 Abs. 1 GG abgeleiteten - Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme vorliege. Ein Eingriff in das Grundrecht setzt voraus, dass tatsächliche Anhaltspunkte, nicht nur bloße Vermutungen, für eine konkrete, d. h. mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zeitlich absehbar bevorstehende, Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut vorliegen. Dazu zählen Leib, Leben und Freiheit der Person sowie solche Güter
der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt. Die konkrete Gefahr muss nicht tatsächlich vorliegen; ausreichend ist, dass im Sinne einer Prognoseentscheidung bestimmte Tatsachen auf eine drohende Gefahr für das überragend wichtige Rechtsgut hinweisen. Zudem hat der Gesetzgeber den unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zu schützen.
Regelungen nach derzeit geltendem Recht:
Seit dem 1. August 2008 ermöglicht Art. 34d BayPAG und der bayerischen Polizei und dem Landesamt für Verfassungsschutz die Durchführung einer „Online-Durchsuchung”, wenn dies zur Abwehr einer dringenden Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist oder wenn konkrete Vorbereitungshandlungen für sich oder zusammen mit weiteren bestimmten Tatsachen die begründete Annahme rechtfertigen, dass Personen eine schwerwiegende Straftat nach Art. 30 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1, 2 BayPAG (ohne § 129 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 StGB) bis 9 begehen werden.
Die zum 1. 1. 2009 in Kraft getretene Neufassung des BKAG ermöglicht dem Bundeskriminalamt in § 20k den verdeckten Eingriff in informationstechnische Systeme, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Gefahr vorliegt für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder solche Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der LX1StellZ der Menschen berührt.




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