Prämie

(lat.: praemia = Belohnung, Preis, Vorteil, Gewinn); allgemein ein Preis für eine besondere Leistung; im Arbeitsrecht ein zusätzlich zum Lohn gewährtes Entgelt, im Privatversicherungsrecht die vereinbarte Gegenleistung des Versicherten für den Versicherungsschutz (Versicherungs-P.), im Verwaltungsrecht eine zu einem bestimmten Zweck gewährte Leistung des Staates (z.B. Spar-P., P. an landwirtschaftliche Betriebe).

Im Arbeitsrecht:

ist eine zusätzliche Vergütung, die der AG zahlt, um eine besonders befriedigende Erfüllung der dienstlichen Obliegenheiten o. längere Betriebstreue zu belohnen. Für diese individuellen P. bestehen i. d. R. keine besonderen Ordnungsgrundsätze. Ihre Gewährung steht weitgehend im Ermessen des AG, der jedoch den Gleichbehandlungsgrundsatz (AP 20 zu § 611 BGB Gratifikation), z. B. bei Dienstjubiläen, Jahresabschluss usw. zu beachten hat. Zahlt der AG freiwillig u. unter Widerrufsvorbehalt eine P., wenn der AN in bestimmten Zeiträumen nicht gefehlt hat, so konnte er die Anwesenheitsprämie dann nicht kürzen, wenn der AN aus berechtigtem Grund gefehlt hat (AP 1, 2 zu § 611 BGB Anwesenheitsprämie) und der AN für die Fehlzeit einen unabdingbaren Vergütungsfortzahlungsanspruch hat (AP 11 zu § 611 BGB Anwesenheitsprämie). Die Rspr. vor 1990 ist weitgehend überholt. Die Krankenvergütung, die nach dem Lohnausfallprinzip berechnet wird, wird nur für eine begrenzte Dauer (6 Wochen) gezahlt. Die Rspr. neigt dahin, dass der Schutzzweck der Vergütungsfortzahlung keine Anwesenheitsprä- mien erfasst, die auf das Jahr bezogen sind (AP 15 zu § 611 BGB Anwesenheitsprämie = NZA 90, 601; Blanke/Diederich ArbuR 91, 321). Ist die Prämie für die Arbeitsleistung eines Kalenderjahres mit einer Rückzahlungsklausel versehen, ist eine Bindung über drei Monate nur zulässig, wenn die Prämie tatsächlich einen Monatsbezug erreicht (AP 106 zu § 611 BGB Gratifikation).
Neben diesen individuellen P. stehen die Prämienlohnsysteme, die wie der Akkord eine besondere Form der Leistungsvergütung darstellen. Diese werden vor allem eingeführt, wenn infolge starker Mechanisierung der Arbeitsvorgänge der AN auf die Arbeitsmenge keinen o. nur geringen Einfluss nehmen kann. Mittels PLS kann aber nicht nur wie beim Akkord die Arbeitsmenge (Mengenp.), sondern auch die Arbeitsqualität (Gütep.), die Rohstoffersparnis (Ersparnisp.), die Einhaltung von Terminen (Terminp.), die Arbeitssorgfalt (Sorgfaltsp.) usw. prämiiert werden. Die P.-Staffelung kann linear (je geringer der Ausschuss, um so höher die P.), progressiv (steigende P.-Höhe bei unterdurchschnittlichem Ausschuss) u. degressiv (geringere P.-Höhe bei Gefahr von Maschinenüberlastung) erfolgen. Die P. kann zusätzlich neben einem Grundlohn gezahlt werden [wird der Prämienlohn als übertarifl. Lohn gezahlt, kann die Auszahlung der P. davon abhängig gemacht werden, dass AN sich noch in ungekündigtem Arbeitsverhältnis befindet; (AP 33 zu § 242 BGB Gleichbehandlung)]; die Arbeitsvergütung kann jedoch auch vollständig P.-Lohn sein. Namentlich im ersteren Falle erhält der AN immer den Grundlohn u. kann zusätzliche P. entspr. dem PLS verdienen. Der P.-Lohn kann auf den einzelnen AN zugeschnitten sein, er kann aber auch als Gruppenp. gezahlt werden, z. B. an einer Walzenstrasse.
P.-Entlohnung kann durch Tarifvertrag eingeführt werden. I. d. R. bestimmen Tarifverträge nur bestimmte Grundvoraussetzungen der P.-Entlohnung. Der Betriebsrat hat im Rahmen der Tarifvertragsnormen gern. § 87 I Nr. 10, 11 BetrVG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Ausgestaltung der P.-Entlohnung (s Betriebsratsaufgaben). Hierzu gehört auch ein Initiativrecht. Kommt eine Einigung nicht zustande, so wird sie durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt. Das Mitbestimmungsrecht erstreckt sich auf sämtliche Faktoren der Lohnberechnung. Dazu gehören die Auswahl der Bezugsgrössen (Ausschuss, Maschinen-, Materialausnutzung usw.), nach h. M. der Leistungsansatz, der im wesentlichen dem arbeitswissenschaftl. o. arbeitstechn. ermittelten Ergebnis der Normalleistung beim Akkord entspricht, u. die P.-Leistungseinheiten, d. h. die Arbeitseinheiten, die besonders prämiiert werden sollen. Diese Leistungseinheiten können linear, progressiv o. degressiv auf die Leistungskurve aufgetragen werden. Mitbestimmungspflichtig ist nach dem BetrVG auch die materielle Seite, also die Festlegung der Entgelteinheiten.
Wie der Akkordlohnarbeiter genügt auch der P.-Lohnarbeiter seiner Arbeitspflicht, wenn er innerhalb der festgelegten Arbeitszeit seiner Arbeitsleistung nachkommt. Er darf jedoch seine Arbeitsleistung nicht zurückhalten, sonst kann ao. Kündigung gerechtfertigt sein (AP 27 zu § 123 GewO). Wird der P.-Lohn zusätzlich zum Zeit-o. Akkordlohn gezahlt, so trifft den AN bei Minderleistung kein Verdienstausfall. Der AG ist für die richtige P.-Lohnberechnung verantwortlich. Der BR hat gern. § 80 BetrVG ein Kontrollrecht. Wird der P.-Lohn entspr. der Methode unrichtig berechnet, so ist der AG berechtigt, ohne Änderungskündigung die richtige Berechnung einzuführen. Das gilt nur dann nicht, wenn die P. bewusst falsch berechnet worden ist u. damit eine versteckte Zulage gewährt werden sollte. Ergibt sich ein höherer P.-Lohn, ist dieser nachzuzahlen; dagegen kann bei Lohnüberzahlung dem AG zumeist die Einrede des Wegfalls der Bereicherung o. u. U. ein Schadensersatzanspruch zur Aufrechnung entgegengesetzt werden. Jugendl. AN dürfen nur dann im P.-Lohn beschäftigt werden, sofern darin keine Mengenp. enthalten ist (§ 38 JArbSchG; Jugendarbeitsschutz).

ist das zusätzlich zu Lohn oder Gehalt gewährte Entgelt für einen bestimmten, vom Arbeitnehmer oder Dienstverpflichteten beeinflussten Erfolg (z.B. Treueprämie wegen Betriebszugehörigkeit). Die P. gehört nicht zum gewöhnlichen Arbeitsentgelt. Im Verwaltungsrecht ist P. eine Leistung des Staates bei Vorliegen bestimmter gewünschter Ergebnisse (z.B. Sparprämie). Im Privatversicherungsrecht (§ 1 II VVG) ist die P. die vereinbarte Gegenleistung des Versicherungsnehmers für den Versicherungsschutz, wobei der Versicherer eine gerichtliche Prüfung einer erhöhten P. nicht mit Hinweis auf eine Geheimhaltungspflicht verhindern kann. Lit.: Eckhardt, G., Lohn und Prämie, 1987

Versicherungsvertrag (2 a, 3), Arbeitslohn, Erfolgsbeteiligung; s. a. Gratifikation, Kundenbindung.




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