Schmerzensgeld

Erleidet jemand durch das Verhalten eines anderen eine Körperverletzung, die in einem Schleudertrauma ebenso wie in einem Schock oder einer Querschnittslähmung bestehen kann, so hat er gegen den Schädiger neben dem Anspruch auf Ersatz des Sachschadens einen weiteren Anspruch auf Bezahlung eines Schmerzensgeldes. Der andere muss ihm den Schaden aber schuldhaft, d.h., wenigstens leicht fahrlässig, zugefügt haben. Mit dem Schmerzensgeld soll der Verletzte die Möglichkeit haben, sich irgendwie als Ausgleich für die erlittenen Schmerzen andere Annehmlichkeiten und Erleichterungen zu verschaffen. Darüber hinaus soll das Schmerzensgeld dem Verletzten eine Genugtuung verschaffen, was immer man darunter verstehen mag.
Im Rechtsverständnis der juristischen Laien ist die Vorstellung offensichtlich unausrottbar, man müsse gegen den Schädiger erst eine Strafanzeige wegen Körperverletzung erstatten, damit man überhaupt oder zumindest ein höheres Schmerzensgeld erhalte. Es ist anscheinend doch vielen Menschen nicht nahezubringen, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Für die Verurteilung zu einem Schmerzensgeld spielt es überhaupt keine Rolle, ob der Schädiger strafrechtlich verurteilt wird oder nicht. Auch ein Freispruch schliesst noch lange nicht aus, dass gleichwohl Schmerzensgeldansprüche gegeben sind.
Die Höhe des Schmerzensgeldes kann entweder zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger oder dessen Versicherung ausgehandelt oder durch die Gerichte bestimmt werden. Um der totalen Rechtsunsicherheit durch völlig unterschiedliche Überlegungen unterschiedlicher Richter entgegenzuwirken, sind in den letzten Jahrzehnten Sammlungen von Gerichtsentscheidungen erstellt worden, um wenigstens einen halbwegs einheitlichen Rahmen für Schmerzensgeldzahlungen zu erreichen. Diese Sammlungen sind nicht rechtsverbindlich für die Richter, viele sind jedoch bereit, darin Anhaltspunkte zu sehen für eine eigene Entscheidung.
Auch in Veröffentlichungen durchaus seriöser Zeitungen wird oft nicht zwischen dem zugebilligten Sachschaden und dem eigentlichen Schmerzensgeldanspruch unterschieden. Die höchsten von Gerichten zugebilligten Schmerzensgeldbeträge in Deutschland liegen derzeit um 150.000,00 EUR. Wer solche Beträge erhalten will, muss allerdings im wahrsten Sinne des Wortes »den Kopf schon unter dem Arm tragen«. Die Vorstellungen über bezahlte bzw. gerichtlich zugesprochene Schmerzensgeldbeträge sind bei vielen Teilen der Bevölkerung meist nicht realistisch, der Satz »Jetzt will ich aber ein ordentliches
Schmerzensgeld« geradezu üblich. Dementsprechend sind Schmerzensgeldneurosen zum Leidwesen der Anwälte nicht seltener, als Rentenneurosen.

Eine besondere Art des Schadensersatzes, bei der es um die Wiedergutmachung eines Schadens geht, der sich nicht in Geld ausdrücken läßt, z.B. erlittene Schmerzen nach einer Körperverletzung, aber auch die Kränkung durch eine Beleidigung. Die Festsetzung der Höhe eines Schmerzensgeldes liegt im Ermessen des Gerichts. Dabei haben sich bestimmte Sätze herausgebildet («Knochentaxe»), die auch von den Versicherungen den von ihnen zu leistenden Zahlungen zugrunde gelegt werden. Diese sind in Deutschland immer noch relativ niedrig, während z.B. in den USA z. T. sehr hohe Summen zugesprochen werden.

(§ 847 BGB) ist eine Ausnahme von § 253 BGB, nach der im Falle der in § 847 I BGB genannten Verletzungen ein billiger Ausgleich für erlittene immaterielle Schäden zu gewähren ist. Der Anspruch auf S. soll dem Geschädigten zum einen einen Ausgleich für die sich aus der Verletzung ergebenden nichtvermögensrechtlichen Schäden bieten (Ausgleichsfunktion). Zum anderen soll er dem Geschädigten Genugtuung für erlittene Beeinträchtigungen verschaffen (Genugtuungsfunktion). Dabei tritt die Genugtuungsfunktion, die auf dem Sühnegedanken beruht, hinter der Ausgleichsfunktion zurück. Über die Höhe des S. entscheidet gemäß § 287 ZPO das Gericht nach freiem Ermessen.

1) Im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung kann der Verletzte auch wegen Nichtvermögensschadens (immaterieller Schaden) eine billige Entschädigung in Geld verlangen. Der gleiche Anspruch steht einer Frau zu, gegen die ein Sittlichkeitsverbrechen begangen oder die durch Hinterlist, Drohung oder Missbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Gestattung der ausserehelichen Beiwohnung bestimmt worden ist. - 2) Das Schmerzensgeld soll Entschädigung für körperliche und seelische Schmerzen, für Verunstaltungen und sonstige Beeinträchtigungen des körperlichen und seelischen Wohlbefindens, auch für Sorge, Unbequemlichkeiten und Verminderung der Heiratsaussichten bieten. - 3) Umstritten ist Gewährung eines Schmerzensgeldes bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ("seelisches Schmerzensgeld"). Der Bundesgerichtshof hat bei schuldhafter Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen solchen Anspruch anerkannt. - 4) Die Höhe richtet sich nach Heftigkeit und Dauer der Schmerzen sowie der Vermögenslage des Verletzers und des Verletzten. Anspruch ist nicht übertragbar (Abtretung) und geht nicht auf Erben über, es sei denn, dass er durch Vertrag anerkannt oder dass er rechtshängig (Rechtshängigkeit) geworden ist; § 847 BGB. - Beispiele: leichte Prellungen 100 EUR; Gehirnerschütterung: 400 EUR; Verlust der Sehfähigkeit auf bereits geschädigtem Auge 3000 EUR. "Seelisches Schmerzensgeld" schwankt in der Rechtsprechung zwischen 5000 und 30000 EUR.

(§ 847 BGB). Bei einer durch unerlaubte Handlung herbeigeführten Körperverletzung, Gesundheitsbeschädigung oder Freiheitsentziehung hat der Betroffene nicht nur Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens (z. B. Arzthonorar, Verdienstausfall); er kann auch wegen des immateriellen Schadens - Schmerzen, entgangene Lebensfreude - eine billige Entschädigung in Geld verlangen. Das S. dient darüber hinaus der Genugtuung des Geschädigten. Nach der Rspr. des BGH ist S. auch bei schwerer Verletzung des Persönlichkeitsrechts in analoger Anwendung des § 847 BGB (wegen "Freiheitsberaubung im Geistigen") zu gewähren. Wer z. B. von einem stark Betrunkenen, der keine wirksame Einwilligung mehr abgeben kann, Videoaufnahmen anfertigt, hat dem Gefilmten jedenfalls dann S. zu leisten, wenn er den Film Dritten vorführt u. ihnen sogar Kopien davon zugänglich macht. Der Anspruch auf S. ist nicht übertragbar und nicht vererblich, sofern er nicht durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist. Das S. kann der Höhe nach durch das Gericht festgesetzt, es braucht daher in der Klageschrift (Klage) nicht beziffert zu werden.

Im Sozialrecht:

Schmerzensgeld (§253 BGB) wird weder in der Grundsicherung für Arbeitsuchende noch in der Sozialhilfe als Einkommen angerechnet.

Im Arbeitsrecht:

ist ein Ersatz immaterieller Schäden, das im Falle der Körper- u. Gesundheitsverletzung sowie im Falle der Freiheitsentziehung verlangt werden kann (§§ 847, 618 BGB). Bei der Bemessung des S. sind die erlittenen Schmerzen, sonstige immaterielle Schäden, Unlustgefühle, entgangene Lebensfreude usw. zu berücksichtigen (AP 10 zu § 847 BGB). Seit dem 1. 7. 1990 ist der Anspruch übertragbar und vererblich. Ein Anspruch auf Sch. kann wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechtes geltend gemacht werden, wenn die Beseitigung der Verletzung nicht ausreicht (NJW 79, 2532).

(§ 253 II BGB) ist die billige Entschädigung in Geld, die bei Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung auch wegen des Schadens verlangt werden kann, der nicht Vermögensschaden ist. S. ist also ein Fall des Schadensersatzes von Nichtvermögensschäden. Der Anspruch auf S. ist (seit 14. 3. 1990) auch vor Rechtshängigkeit oder vertraglicher Anerkennung übertragbar und vererblich. Das S. kann je nach Wahl des Verletzten als einmaliger Kapitalbetrag oder als Rente zu leisten sein. Ein S. ist ebenfalls aus Billigkeitsgründen möglich (§ 829 BGB). Das S. hat nach herrschender Meinung auch Genugtuungsfunktion. Seine Höhe, für die der Kläger im Prozess zumindest eine Betragsvorstellung vorlegen muss, bei deren Gewährung er nicht beschwert ist, lässt sich nur durch Entscheidung des Richters festlegen (z.B. 6000 Euro bei mehrfacher brutaler Vergewaltigung, 20000 Euro bei äußerst brutaler Vergewaltigung, 50 000 Euro bei mehrfacher Vergewaltigung, begleitet von lebensbedrohlich grausamer sadistischer Gewaltanwendung mit schweren physischen und psychischen Folgen für das Opfer, 55000 Euro für den Verlust dreier Kinder bei einem Verkehrsunfall, 375000 Euro und monatlich 750 Euro Rente [2001] für vollständige Deformierung der Persönlichkeit zu einem die Tragweite seines Schicksals gerade noch erkennenden Kleinkind). Es soll ganz zu verneinen sein, wenn der Körperverletzung alsbald der Tod folgt. Lit.: Hacks/Ring/Ring, Schmerzensgeldbeträge, 25. A. 2007; Slizyk, A., Beck’sche Schmerzensgeldtabelle, 5. A. 2006; Steffen, E., Schmerzensgeld bei Persönlichkeitsverletzung durch Medien, NJW 1997, 10; Slizyk, A./Schlindwein, A., Schmerzensgeld-Datenbank (CD- ROM), 3/2003; Slizyk, A., Guter Rat zum Schmerzensgeld, 2. A. 2003; 1MM-DAT Die Schmerzensgeld- Datenbank, CD-ROM, 2/2004; Göbel, Geldentschädigung und Schmerzensgeld, 2004; Jaeger, L./Luckey, 7., Schmerzensgeld, 2. A. 2005

billige Entschädigung in Geld für einen Schaden, der kein Vermögensschaden ist. Schmerzensgeld kann Inhalt eines Schadensersatzanspruchs bei Verletzungen des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung sein (§ 253 Abs. 2 BGB). Auf welchem Rechtsgrund der Schadensersatzanspruch beruht, ist hierfür unerheblich.
Die frühere Begrenzung des Schmerzensgeldanspruchs auf deliktische Ansprüche — § 847 BGB a. E — wurde mit der Neuregelung in § 253 Abs. 2 BGB aufgegeben. Zugleich wurden die gesetzlichen Regelungen einer Gefährdungshaftung (die bislang auf
den Ersatz des materiellen Schadens beschränkt waren) ergänzt uns inhaltlich dem § 253 Abs. 2 BGB entsprechende Ansprüche auf Schmerzensgeld (§ 87 S.2 Arzneimitte1G, § 11 S. 2 StVG, §6 S.2 HaftPflG, § 36 S.2 LuftVG, § 32 Abs. 5 S.2 GenTG, § 8 S.2 ProdHaftG, § 13 S.2 UmweltHaftG). Verwandt (aber nach der Rspr. des BGH nicht identisch) mit dem Anspruch auf Schmerzensgeld ist der Anspruch auf Geldentschädigung bei einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Das Schmerzensgeld soll einerseits dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich bieten für diejenigen Schäden, die nicht vermögensrechtlicher Art sind, und andererseits dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Schädiger dem Geschädigten für das, was er ihm angetan hat, Genugtuung schuldet. Dabei steht (anders als bei der Geldentschädigung für die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts) der Entschädigungsoder Ausgleichsgedanke im Vordergrund (grundlegend BGHZ - GrSZ - 18, 149 ff.). Für die Bemessung der „billigen Entschädigung in Geld” kommt es daher in erster Linie auf (eine Bagatellschwelle überschreitende) Höhe und Maß der Lebensbeeinträchtigung (Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen und Leiden) für den Geschädigten an. Daneben spielen aber auch der Grad des Verschuldens des Schädigers, ein etwaiges Mitverschulden des Geschädigten und die wirtschaftlichen Verhältnisse von Geschädigtem und Schädiger eine Rolle. Haften für ein Ereignis mehrere Schädiger auf Schmerzensgeld, ist die Bemessung für jeden Schädiger gesondert vorzunehmen. Im Prozess kann die Höhe nach richterlichem Ermessen bestimmt werden (§ 287 ZPO), ein unbezifferter Leistungsantrag ist (bei ausreichender Darlegung der Bemessungsumstände) zulässig.
Der Anspruch auf Leistung von Schmerzensgeld ist übertragbar und vererblich. § 847 Abs. 1 S. 2 BGB a. E, der dies in der Vergangenheit ausschloss, wurde 1990 aufgehoben.

Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist (Schmerzen, Sorgen, Beeinträchtigung der Lebensfreude), eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden (§ 253 II BGB). Dies gilt nicht nur bei einer unerlaubten Handlung sondern auch bei einer Haftung aus Vertrag oder Gefährdungshaftung (z. B. Straßenverkehrshaftung).

Der Anspruch auf S. soll einerseits einen Ausgleich der erlittenen, oftmals nicht mehr voll zu beseitigenden Schäden herbeiführen, andererseits aber auch zur Genugtuung des Geschädigten wegen der erlittenen Nachteile (auch wenn vielleicht persönlich nicht mehr wahrnehmbar) beitragen. Die Höhe des S. steht im Ermessen des Gerichts; ein unbezifferter Klageantrag ist daher bei Darlegung sämtlicher Umstände nach der Rspr. zulässig. Bei der Bemessung der Höhe des S. sind Art und Dauer der Verletzung, die persönlichen und die Vermögensverhältnisse des Schädigers und des Geschädigten, eine etwaige Haftpflichtversicherung des Schädigers usw. zu berücksichtigen. Der früher höchstpersönliche Anspruch auf S. ist übertragbar und vererblich, damit allerdings auch pfändbar. Über das S. bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts s. dort.




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