Selbstleseverfahren

Einführung von Urkunden in die Hauptverhandlung unter Verzicht auf deren Verlesung.
Auf Grund des Unmittelbarkeitsgrundsatz und des Mündlichkeitsgrundsatz ist in der Regel gern. § 249 Abs. 1 StPO eine Verlesung erforderlich. Gern. § 249 Abs. 2 S. 1 StPO kann von der Verlesung abgesehen werden, wenn die Richter und Schöffen vom Wortlaut der Urkunde oder des Schriftstücks Kenntnis genommen haben und die übrigen Beteiligten hierzu
Gelegenheit hatten. Die Möglichkeit des Selbstleseverfahrens stellt insbesondere in komplexen Wirtschaftsstrafsachen eine praktisch bedeutende Verfahrenserleichterung dar. Die Anordnung des Selbstleseverfahrens und die Feststellung der Kenntnisnahme auch durch die Schöffen (BGH NStZ 2001, 161) - ist
gern. § 249 Abs. 2 S. 3 StPO ins Protokoll aufzunehmen; ebenso der in § 249 Abs. 2 S. 2 StPO geregelte Widerspruch von Verfahrensbeteiligten, über den das Gericht durch - gem. § 305 StPO nicht anfechtbaren - Beschluss zu entscheiden hat.
Umstritten ist die von der Praxis vielfach gewünschte weitergehende Anwendung des Selbstleseverfahrens
auch auf umfangreiche Anklageschriften oder zumindest Teile der Anklageschrift (befürw. LG Mülhausen, NStZ 2007, 358). Nach neuerer Rspr. des BGH
(NStZ 2008, 351) kann ggf. eine kürzere Fassung des Anklagesatzes und Verlagerung der Darstellung von Einzelheiten in das wesentliche Ermittlungsergebnis erfolgen, um die Verlesung umfangreicher Anklageschrift in Wirtschaftsstrafsachen zu vermeiden.




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