Unzüchtige Handlungen

im Sinne des Strafrechts sind die im StGB aufgezählten Sittlichkeitsdelikte. Der Begriff der unzüchtigen Handlung erfuhr jedoch in den einzelnen Tatbeständen eine gewisse Modifikation. So ist zwischen Verwandten auf- u. absteigender Linie sowie zwischen Geschwistern nur der vollzogene Beischlaf strafbar (Blutschande); die Unzucht mit Kindern, mit Abhängigen od. zwischen Männern erfasst jede das Scham- u. Sittlichkeitsgefühl eines Durchschnittsmenschen verletzende sexuelle Handlung; gleiches gilt für Kuppelei, Zuhälterei u. die Erregung öffentlichen Ärgernisses. Vornahme unzüchtiger Handlungen an einem über 14 Jahre alten Mädchen ist kein mit Strafe bedrohtes Sittlichkeitsdelikt, vielmehr ist in diesen Fällen nur der vollzogene od. bei Notzucht od. schwerer Unzucht versuchter Beischlaf unter Strafe gestellt (vgl. dazu auch Verführung). Mit Gewalt vorgenommene unzüchtige Handlungen jeder Art sind jedoch als schwere Unzucht nach § 176 Abs. 1 Nr. 1 StGB unter Strafe gestellt. - Unzüchtige Handlung ist allgemein ein Verhalten, das objektiv das Scham- u. Sittlichkeitsgefühl in sexueller Beziehung verletzt, wobei ein übertriebenes Sittlichkeitsgefühl ebensowenig ein Massstab sein kann, wie die Einstellung des moralisch Abgestumpften. Ausserdem können sich im Hinblick auf die spezifische Eigenart des im Einzelfall geschützten Rechtsgutes Modifikationen ergeben; so kann gegenüber Kindern schon eine unzüchtige Handlung vorliegen, die unter Erwachsenen nicht unzüchtig ist (z. B. Zungenkuss). Der Begriff der u.n H. ist also relativ; eine absolute unzüchtige Handlung ist allenfalls bei besonders extrem liegenden Perversitäten denkbar. U.H. i. Sinne des StGB ist aber weiter auch nur dann anzunehmen, wenn die Handlung in wollüstiger Absicht, d. h. zur Erregung eigener od. fremder Geschlechtslust vorgenommen wird. Wird Unzucht mit einer anderen Person begangen u. verfolgt diese eine wollüstige Absicht in dem genannten Sinn, so ist es gleichgültig, ob das Handeln des anderen der gleichen Absicht entspringt; vielmehr genügt es, dass er von der Absicht des anderen weiss. Es treibt deshalb auch jemand Unzucht, der sich bewusst für sadistische, sexualbezogene Handlungen einem anderen zur Verfügung stellt.




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