Wahndelikt

ist eine nicht mit Strafe bedrohte Handlung, die der Täter aber irrig für strafbar hält. Täter bleibt straflos. Vgl. auch untauglicher Versuch.

ist das Verhalten, von dem der Täter irrig annimmt, es falle unter eine Verbotsnorm (z. B. einfache Homosexualität). Der Täter irrt also nicht über sein Verhalten als solches, sondern dessen rechtliche Bedeutung (hält für strafbar, was tatsächlich straflos ist). Das W. ist im Gegensatz zum untauglichen Versuch straflos, umgekehrter Verbotsirrtum, Subsumtionsirrtum, umgekehrter oder sonstiger Strafbarkeitsirrtum Lit.: Lauhöf er, D., Die Abgrenzung zwischen Wahndelikt und untauglichem Versuch, 1991; Endrulat, B., Der „umgekehrte Rechtsirrtum“ - untauglicher Versuch oder Wahndelikt?, 1994

(Putativdelikt,Wahnverbrechen): Irrige Annahme eigener Strafbarkeit infolge Verkennung von Strafrechtsregeln. Das Wahndelikt beruht stets auf einem Rechtsirrtum (4 Irrtumslehre). Eine gesetzliche Regelung des Wahndelikts existiert nicht. Erscheinungsformen:
— Umgekehrter Verbotsirrtum: Der Täter nimmt zu seinen Ungunsten irrig an, sein Verhalten erfülle einen existierenden Straftatbestand, obwohl es einen solchen tatsächlich nicht gibt (vgl. Verbotsirrtum).
— Umgekehrter Subsurntionsirrtum: Der Täter nimmt zu seinen Ungunsten irrig an, sein Verhalten erfülle einen Straftatbestand, weil er den Normbereich einer tatsächlich existenten Strafnorm überdehnt.
Dies ist die praktisch häufigste Form des Wahndelikts. Unproblematisch ist die Einordnung, wenn der Subsumtionsirrtum unmittelbar auf einer rechtlichen Fehldeutung eines Merkmals des gesetzlichen Tatbestandes beruht, z. B. weil der Täter annimmt, auch schon Urkundsentwürfe seien „Urkunden” i. S. v. § 274 StGB (Urkundenunterdrückung) und daher von dieser Vorschrift in ihrem Bestand geschützt. In solchen Fällen liegt auf der Hand, dass der Täter den Normbereich eines Strafgesetzes überdehnt und nicht strafwürdig ist. Noch nicht geklärt ist die Behandlung der Rechtsirrtümer, die im Vorfeld- oder Verweisungsbereich eines Straftatbestandsmerkmals liegen, z. B. wenn der Täter in Unkenntnis zivilrechtlicher Regeln glaubt, die von ihm weiterverkaufte Sache sei „fremd” und er sei deshalb einer Unterschlagung gemäß § 246 StGB schuldig. Auch hier kommen einige Rechtslehrer und Gerichte zum Wahndelikt, weil der Irrtum im Verweisungsbereich der Strafnorm zugleich die Verkennung des Normbereichs der Strafnorm selbst begründe; die Gegenmeinung, die sich sowohl im Schrifttum als auch in der Rspr. findet, stellt darauf ab, dass der Täter durchaus den abstrakten Normbefehl des jeweiligen Straftatbestandes richtig erkannt habe und sein Irrtum nur auf die rechtliche Tragweite des für die Normverletzung im konkreten Fall relevanten Geschehens bezogen sei. Es liege deshalb ein untauglicher Versuch vor.
— Umgekehrter Erlaubnisirrtum: Der Täter hält
sein tatsächlich gerechtfertigtes Verhalten für strafbar, weil er einen anerkannten Rechtfertigungsgrund nicht kennt oder die Grenzen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes rechtsirrig zu seinen Ungunsten verengt (vgl. Erlaubnisirrtum). Rechtsfolge: Das Wahndelikt ist immer straflos, weil die Strafbarkeit durch die Grenzen der Rechtsordnung und nicht durch die Vorstellung des Täters über diese Grenzen festgelegt wird.

Als W. oder Putativdelikt wird eine nicht mit Strafe bedrohte Handlung bezeichnet, die der Täter irrig für rechtswidrig oder strafbar hält, sog. umgekehrter Verbotsirrtum (z. B. sexuelle Handlungen zwischen Frauen; Beischlaf mit der Nichte, RGSt. 66, 126). Die Handlung ist trotz dieser irrigen Annahme straflos, im Gegensatz zum untauglichen Versuch, bei dem der Täter irrig einen Tatbestand als gegeben annimmt, der, wenn er vorliegen würde, unter ein Strafgesetz fiele (Abtreibungsversuch an einer Nichtschwangeren).




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