Kernbereichslehre

, Gesellschaftsrecht: Lehre zum Minderheitenschutz in Gesellschaften. Danach sind bestimmte, zum Kernbereich der Gesellschafterstellung gehörende Rechte vor Vertragsänderungen, insb. vor solchen durch Mehrheitsbeschlüsse, geschützt. Welche Rechte zu diesem Kernbereich gehören, kann nicht abstrakt und ohne Berücksichtigung der jeweiligen Struktur der Gesellschaft und der besonderen Stellung des betroffenen Gesellschafters beschrieben werden. Es wird unterschieden zwischen unverzichtbaren, unentziehbaren und stimmrechtsfesten Rechten.
1) Zu den unverzichtbaren und schon deshalb unentziehbaren Rechten gehören beispielsweise das Recht zur Teilnahme an der Gesellschafterversammlung, die Befugnis zur Klage auf Feststellung von rechtswidrigen Beschlüssen und das Austrittsrecht.
2) Unentziehbar sind die Gesellschafterrechte, die zwar verzichtbar sind, aber nur mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters entzogen werden können. Als solche Rechte werden das Stimmrecht, das Gewinnrecht, das Geschäftsführungsrecht und das Recht auf Beteiligung am Liquidationserlös angesehen. Auch das Informationsrecht ist unentziehbar, wenn man es nicht schon zu den unverzichtbaren Rechten zählt. Eingriffe in die unentziehbaren
Rechte bedürfen grundsätzlich der Zustimmung des Gesellschafters, wobei eine im Gesellschaftsvertrag im Voraus erteilte Zustimmung zu ganz bestimmten, mit Stimmenmehrheit möglichen Vertragsänderungen ausreicht. Insoweit überschneidet sich die Kernbereichslehre mit dem gesellschaftsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz. Sie ist aber weiter gehend, da die Zustimmung ausnahmsweise nicht erforderlich ist, wenn sich aus der Treuepflicht des Gesellschafters die Verpflichtung ergibt, die in-frage stehende Maßnahme im Gesellschaftsinteresse hinzunehmen (BGH NJW 1995, 194).
3) Als stimmrechtsfest werden diejenigen Rechte angesehen, bei deren Einschränkung der Gesellschafter zwar einer Mehrheitsentscheidung unterliegt, er aber bei der Beschlussfassung ein Beteiligungsrecht hat, sofern kein gesetzliches Stimmverbot eingreift.




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