Bestimmtheitsgrundsatz

Bestimmtheitserfordernis

Allgemeines: Bezeichnung für Regeln unterschiedlicher Rechtsgebiete, nach denen die Wirksamkeit eines Vorgangs von der ausreichenden Bestimmtheit seiner Vornahme oder seiner Voraussetzungen abhängt.
Gesellschaftsrecht: Nach diesem (umstrittenen) Grundsatz können Mehrheitsentscheidungen in Personengesellschaften nur getroffen werden, wenn sie im Gesellschaftsvertrag vorgesehen sind. Zumindest im Wege der Auslegung des Gesellschaftsvertrags muss sich eindeutig der Wille der Gesellschafter ergeben, den betreffenden Beschlussgegenstand mit Mehrheit entscheiden zu wollen. Eine besondere Ausprägung hat der Bestimmtheitsgrundsatz bei der Beitragserhöhung. Dabei muss aus dem Gesellschaftsvertrag nicht allein die Möglichkeit der Beitragserhöhung durch Mehrheitsbeschluss, sondern auch eine Obergrenze oder sonstige Kriterien zur Eingrenzung der Erhöhungsrisiken hervorgehen.
Bei Publikumsgesellschaften ist der Bestimmtheitsgrundsatz unanwendbar. Ob noch weitere Einschränkungen dieses Grundsatzes geboten sind oder er ganz aufzugeben ist, hat der BGH offen gelassen und stattdessen die Kernbereichslehre angewandt (NJW 1995, 194, 195).
Sachenrecht: auch Spezialitätsgrundsatz genannt. Es handelt sich um einen Grundsatz des Sachenrechts der besagt, dass eine Einigung über eine Veü-ügung nur dann wirksam ist, wenn der Gegenstand, an dem sich die Verfügung vollziehen soll, im Zeitpunkt der von den Parteien vorgestellten Veränderung des Rechtserwerbs allein anhand der Verffig-ungseinigung bestimmt ist. Bestimmbarkeit reicht nicht aus. Darin unterscheidet sich das Sachenrecht vom Schuldrecht, wo es ausreicht, dass die Leistung bzw. Gegenleistung anhand der von den Parteien festgelegten Maßstäbe oder subsidiär durch das Gesetz (z. B. §§ 315 ff. BGB) bestimmbar ist. Begründet ist dieser Unterschied dadurch, dass obligatorische Rechte grds. nur zwischen den am jeweiligen Schuldverhältnis beteiligten Personen wirken, während das Sachenrecht die Rechte an einer Sache und die Beziehungen zu ihr allgemein, d. h. mit Wirkung gegenüber jedermann festlegt. Deutlich wird dieser Unterschied bei der Übertragung von -. Sachgesamtheiten (z. B. eines Unternehmens): Schuldrechtlich kann man sich ohne weiteres zur Übertragung der Sachgesamtheit verpflichten, da die einzelnen Gegenstände der Leistungspflicht durch bloße Bezeichnung der Sachgesamtheit bestimmbar sind; die sachenrechtliche Erfüllung erfolgt hingegen durch Verfügungen hinsichtlich jeder einzelnen Sache.
Strafrecht: Aus der Garantiefunktion des Strafgesetzes (Art. 103 Abs. 2 GG) folgt, dass die Voraussetzungen der Strafbarkeit einer Handlung und deren Rechtsfolgen so genau umschrieben sein müssen, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Norm erkennbar sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen. Dies schließt zwar die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, die in besonderem Maße der Deutung durch den Richter bedürfen, nicht aus. Jedoch muss der Normadressat anhand der Norm erkennen können, was verboten ist, damit er sein Verhalten danach einrichten kann.
Zwangsvollstreckungsrecht: Erfordernis der Bestimmtheit der Leistung bei der Errichtung einer vollstreckbaren Urkunde (§794 Abs. 1 Nr.5 ZPO). Ein Zahlungsanspruch ist in diesem Sinne bestimmt, wenn er betragsmäßig festgelegt ist oder sich aus der Urkunde — also ohne Hinzuziehung weiterer, außerhalb der Urkunde liegender Umstände — ohne weiteres errechnen lässt. Von praktischer Bedeutung ist dies insbes. für die Vollstreckungsunterwerfung wegen Zinsen, wenn sich z. B. der Beginn der Verzinsung nicht aus der Urkunde ergibt.




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