Stände, -staat

Die Gliederung in Stände ist eines der wesentlichsten Merkmale des europäischen Verfassungsrechts des Mittelalters. Als S. waren zunächst nur Adel und Geistlichkeit zur Mitwirkung an der staatlichen Willensbildung zugelassen, später auch Bürger und Bauern. Vor und während der franz. Revolution wurden die bürgerlichen Kreise als der dritte Stand bezeichnet; für die besitzlose Arbeiterschaft bildete sich sodann der Begriff Vierter Stand heraus. Im deutschen Mittelalter entwickelte sich erst nach und nach eine ständische Verfassung. Während die Landesherren zunächst die Regierungsgewalt ohne Mitwirkung der Bevölkerung ausübten, erlangten die ihnen nach Lehnsrecht dienstpflichtigen Vasallen mit der Zeit mehr und mehr Einfluss auf die Staatsgeschäfte, indem sie auf Grund der von ihnen geforderten Dienste ein Mitspracherecht durchsetzten, z. B. bei der Bewilligung von Steuern, Besetzung von Ämtern usw. So entwickelte sich der Ständestaat, in dem die S. dem Landesherrn auf Grund landständischer Verfassungen gegenübertraten. Neben die Adeligen und die geistlichen Fürsten traten die Städte als Vertreter der Bürgerschaften. Rechtlich waren die S. privilegierte Korporationen; sie hatten bestimmte Rechte und Vorrechte (z. B. das privilegium fori: das Recht der Reichsunmittelbaren, Adeligen und Geistlichen auf Aburteilung durch das Reichskammergericht bzw. das Hof- oder geistliche Gericht). Erst die Aufklärung brachte mit der veränderten Staatsauffassung auch das Ende des Ständestaates: verfassungsmäßig standen jetzt dem Landesherrn nicht mehr die S., sondern im Parlament die Volksvertreter, in der zweiten Kammer die Vertreter der Landesteile gegenüber; die landständischen Verfassungen wurden nach und nach aufgehoben. - Der Ständestaat, insbes. die ständische Monarchie, hat im Wesentlichen historische Bedeutung; dem demokratischen Verfassungsleben ist er so gut wie unbekannt.




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