Uberhangmandate

Folge der Kombination aus Verhältniswahl und Mehrheitswahl, wenn ein Wahlvorschlag
mehr Erststimmen als Zweitstimmen erhält (Wahlsystem). So werden z.B. von den 598 Abgeordneten des Bundestages die eine Hälfte durch Mehrheitswahl und die andere Hälfte nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt (personalisierte Verhältniswahl). Die Sitzverteilung erfolgt allein nach der Zahl der Zweitstimmen (§§ 6, 7 BWahlG). Hat eine Partei allerdings über die Erststimme mehr Direktmandate er rungen, als ihr nach den Zweitstimmen zustehen, bleiben ihr diese als Überhangmandate erhalten und erhöhen die Gesamtzahl der Abgeordneten (§ 6 Abs. 5 BWah1G). In einigen Ländern werden Überhangmandate durch Ausgleichsmandate für die anderen Parteien ausgeglichen, damit Überhangmandate nicht zu einer Änderung der Mehrheitsverhältnisse führen. Im BWah1G sind Ausgleichsmandate nicht vorgesehen. Während Überhangmandate nach der früheren Rechtsprechung des BVerfG für zulässig gehalten wurden, wenn die Wahlkreise gleichmäßig auf die Länder verteilt und annähernd gleich groß sind und die Überhangmandate die Grundentscheidung für das Verhältniswahlrecht nicht infrage stellen (vgl. BVerfG NJW 1997, 1553, 1557), hat das BVerfG in dem Urteil vom 3.7.2008 — 2 BvC 1/07, 2 BvC 7/07 — den aus Überhangmandaten möglicherweise resultierenden Effekt, dass mehr Zweitstimmen zu einem Wegfall eines Mandates führen können, für verfassungswidrig erklärt. Dabei hat das BVerfG den Gesetzgeber aufgefordert, bis zum 30. 6. 2011 eine verfassungskonforme Regelung zu schaffen, so dass das Berechnungssystem bei der Sitzzuteilung im Bundestag geändert werden muss.
Da Überhangmandate ausschließlich auf den Direktwahlergebnissen beruhen, ist ein Nachrücken in den Überhang gem. § 48 Abs. 1 BWahlG unzulässig, solange die Partei in dem betreffenden Land über Überhangmandate verfügt (BVerfG NJW 1998, 2892).




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