Reisepreisminderung

Der Veranstalter muss die Reisen, die er anbietet, mit den zugesicherten Eigenschaften erbringen. Er haftet, wenn gesetzlich definierte Reisemängel vorliegen. Als solche gelten Fehler, die den Wert oder die Tauglichkeit der Reise aufheben oder mindern, entweder zu ihrem gewöhnlichen oder zu dem im Vertrag vorausgesetzten Nutzen.
Allerdings muss nicht jede Beeinträchtigung einzelner Reiseleistungen gleich einen Mangel darstellen. Entscheidend ist immer, ob der Nutzen des Urlaubs tatsächlich gemindert wurde oder ob es sich lediglich um eine Unannehmlichkeit handelt, die im Zeitalter des Massentourismus normal geworden ist. Der Veranstalter braucht keine Rücksicht auf besondere Empfindlichkeiten einzelner Reisender zu nehmen. Urlauber haben sich bei der Auswahl ihres Ferienziels auf ortsübliche Defizite einzustellen.
Die Gerichte erkennen Reisemängel in der Regel nur als beachtlich an, wenn der Veranstalter den vertraglich geschuldeten Leistungsumfang objektiv nicht einhält. Dieser ergibt sich aus dem Prospekt, der Reisebestätigung, verbindlichen schriftlichen und mündlichen Zusagen, wobei Letztere natürlich schwer nachzuweisen sind, der Art der Reise, z. B. bei Sport- und Studienreisen. § 651c Abs. 1 BGB

Siehe auch Reisereklamationen
Ungeziefer
Bei einer Reise in ein subtropisches Land hat der Urlauber selbst in einem Hotel gehobenen Standards täglich fünf bis sechs Kakerlaken als ortsübliche Belästigung zu tolerieren. In solchen Klimazonen kann er nicht das Niveau eines mitteleuropäischen Hotels der gleichen Qualitätskategorie erwarten (OLG Frankfurt, 16 U 3/85). Überdies ist ihm zuzumuten, Ungeziefer in geringer Zahl selbst zu beseitigen (AG Frankfurt, 30 C 1379/86-45). Spinnen zählen nicht zum Ungeziefer und ihr Vorhandensein gilt nicht als Reisemangel.
Sexuelle Belästigung
Wenn eine Frau in ihrem Hotel durch Personal oder Einheimische sexuell belästigt wird und die Hotelleitung trotz einer Mängelanzeige nicht einschreitet, kann die Betroffene nach einem Urteil des Landgerichts Frankfurt entweder eine mindestens 20%ige Minderung des Reisepreises verlangen oder den Reisevertrag kündigen. Es ist wichtig, dass sie sich unbedingt zunächst wegen des Übergriffs beschwert, um auf diese Weise zu ihrem Recht zu gelangen.
Richtiges Verhalten bei Mängeln
Der Reisende muss den Mangel dem örtlichen Reiseleiter, dessen Vertreter oder dem Reiseveranstalter selbst anzeigen. Er hat seine Beanstandungen möglichst schnell anzumelden, und zwar in nachweisbarer Form, also vorzugsweise schriftlich und gegen Empfangsbestätigung. Unterlässt der Urlauber die Mängelanzeige
schuldhaft, so hat er keinerlei Entschädigungsrechte.

Kein schuldhaftes Versäumen liegt vor, wenn keine Gelegenheit zur Mängelanzeige besteht oder der Reiseveranstalter den Fehler gar nicht beseitigen könnte, beispielsweise weil er keine Ersatzunterkunft anzubieten hat. Falls der Reisende niemanden erreichen kann, um sich zu beschweren, sollte er Beweismittel wie Fotos, Zeugenaussagen und Kostenbelege sichern.

§§ 651c, d BGB; 3 Abs. 2 9 InfV0
Festsetzung der Preisminderung
Am häufigsten fordern Kunden bei Reisemängeln eine Preisminderung, was immer wieder zu Streitigkeiten mit den Reiseanbietern führt. Der Urlauber muss seine Beanstandungen nach der Rückkehr unbedingt schriftlich geltend machen und sie detailliert auflisten. Dafür hat er eine Frist von einem Monat ab Beendigung der Reise einzuhalten. Diese Zeitspanne gilt auch, wenn man die Mängel bereits am Ferienort gerügt hat, und wird nur in Ausnahmefällen verlängert, beispielsweise bei einer Erkrankung des Reisenden. Hat dieser bereits eine Anzahlung geleistet, so kann er eine Erstattung verlangen. Ansonsten muss ein Minderungsbetrag für den gesamten Reisepreis berechnet werden. Dazu befragt man am besten einen Rechtsanwalt. Es empfiehlt sich, dem Reiseunternehmen gleich eine Frist zur Stellungnahme zu setzen und den Brief als Einschreiben mit Rückschein zu versenden.
Wenn der Veranstalter nicht reagiert oder die Ansprüche ablehnt, kann der Kunde binnen sechs Monaten ab Beendigung der Reise beim Gericht am Geschäftssitz des Veranstalters klagen. Für die Festlegung der Reisepreisminderung gibt es keine verbindlichen Richtlinien. Meist schätzen die Gerichte sie mit einem Abschlag vom Tagesreisepreis, stellen dabei aber auch in Rechnung, wie schwer der Mangel im konkreten Fall zu bewerten ist. Häufig orientieren sie sich an der so genannten Frankfurter Tabelle, die Anhaltspunkte für eine angemessene prozentuale Minderung bei typischen Mängeln enthält.
§ 287 ZPO

Enorme Verspätungen

Sachverhalt: Zwei Frauen aus Bochum wurden bei einer Reise auf harte Geduldsproben gestellt. Auf den Abflug warteten sie zwölf Stunden, auf den Rückflug fast zehn Stunden. Nach dem Urlaub kamen sie mitten in der Nacht in Deutschland an, allerdings nicht wie geplant am Flughafen Köln-Bonn, sondern in Frankfurt. Den 250km weiten Heimweg mussten sie mit Bahn und Taxi antreten. Der Reiseveranstalter hatte zwar laut eigenen Angaben einen Bus als Transportmöglichkeit zur Verfügung gestellt, die Urlauberinnen aber nicht darüber informiert. Die Frauen reichten erfolgreich Klage gegen das Reiseunternehmen ein.

Urteil und Begründung Das Gericht wertete die Beanstandungen als gravierende Reisemängel. Es verurteilte den Veranstalter dazu, Schadenersatz für die verspäteten Flüge zu leisten und den Frauen die Kosten der selbst organisierten Heimreise vom Frankfurter Flughafen zu erstatten.
AG Düsseldorf, 49 C 20720/96




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