Beschäftigungsanspruch

Im Arbeitsrecht :

I. Das in vielen Landesverfassungen normierte Recht auf Arbeit richtet sich gegen den Staat (Gode DVB1 90, 1207; Schmidt-Eriksen DtZ 90, 108; Zielke RdA 92, 185). Davon zu unterscheiden ist der gegen den AG gerichtete privatrechtliche B. (AP 8 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht). II. 1. Kein B. besteht vor rechtswirksamer Begründung des Arbeitsvertrages (AP 9 = DB 84, 622). Während des Arbeitsverhältnisses hat der AN einen B.; dieser ergibt sich als Achtung vor der Würde des AN (AP 2 = NJW 56, 359). Grundsätzlich hat der AN auch einen B. nach Ausspruch einer Kündigung vor Ablauf der Kündigungsfrist. Eine Suspendierung des AN ist nur wirksam, wenn überwiegende u. schutzwürdige Interessen des AG vorhanden sind (AP 4 = NJW 77, 215; vgl. Lessmann RdA 88, 149).
2. Nach Ausspruch einer Kündigung ist zwischen dem besonderen u. allgemeinen B. zu unterscheiden. a) Hat der Betriebsrat einer
ordentlichen Kündigung frist- u. ordnungsgemäss widersprochen (AP 2 zu § 102 BetrVG 1972 Weiterbeschäftigungspflicht), u. hat der AN Kündigungsschutzklage erhoben, so muss der AG auf Verlangen des AN diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiterbeschäftigen. Auf Antrag des AG kann das Arbeitsgericht ihn durch einstweilige Verfügung im Urteilsverfahren von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung entbinden, wenn (1) die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, (2) die Weiterbeschäftigung zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des AG führen würde, (3) der Widerspruch des BR offensichtlich unbegründet war (§ 102 V BetrVG). Ob auf die Entbindung § 945 ZPO anzuwenden ist, ist zweifelhaft (AP 2). Der besondere B. kann im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. Ist der AN weiterbeschäftigt worden, so bestand ein von der Abweisung der Klage abhängiges resolutiv bedingtes Arbeitsverhältnis. In ihm schuldet der AG Arbeitsvergütung u. die sozialen Nebenleistungen ( Krankenvergütung, —4 Urlaub usw.).
b) Den allgemeinen B. hat das BAG zunächst abgelehnt (AP 5 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht). Der GS hat entschieden, dass der gekündigte AN einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf vertragsgemässe Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist o. bei einer fristlosen Kündigung über deren Zugang hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsprozesses hat, wenn die Kündigung unwirksam ist u. überwiegende schutzwerte Interessen des AG einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen. Sofern nicht die Kündigung offensichtlich unwirksam ist, überwiegt das Interesse des AG an der Nichtbeschäftigung des AN. Dies ändert sich dann, wenn der AN in der 1. Instanz den Prozess gewinnt. Alsdann überwiegen die Interessen des AN an der Beschäftigung. Verliert der AN in der 2. Instanz, überwiegen wiederum die Interessen des AG (AP 14 = NJW 85, 2968). Der allgemeine B. kann im Wege kumulativer Klagehäufung geltend gemacht werden; er ist nicht auszusetzen. Dagegen kommt seine Durchsetzung im Wege einstweiliger Verfügung nur ganz ausnahmsweise in Betracht. Sind vorsorglich mehrere Kündigungen hintereinander ausgesprochen worden u. hat das Arbeitsgericht die Wirksamkeit der 1. Kündigung verneint, kommt es wegen des B. nach den späteren Kündigungen darauf an, ob sie zu einer Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtslage führen (AP 17 = DB 86, 176). Zum B. bei Änderungskündigung AP 27 zu § 2 KSchG 1969 = NZA 90, 734.
c) Die Grundsätze über den B. bei Kündigung gelten entspr. bei befristeten Arbeitsverhältnissen (AP 19 = NJW 87, 680).
d) Wird ein AN aufgrund des allgemeinen B. weiterbeschäftigt, so ist zwischen der einvernehmlichen Weiterbeschäftigung u. der erzwungenen zu unterscheiden. Im Falle einvernehmlicher Weiterbeschäftigung ist entweder das alte Arbeitsverhältnis resolutiv bedingt
o. es wird ein besonderes Interimsarbeitsverhältnis geschlossen, so dass für den AN alle Ansprüche auf Arbeitsvergütung o. soziale Nebenleistungen (Krankenvergütung, Urlaub usw.) erwachsen (AP 66 zu § 1 LohnFG = NJW 86, 2133; AP 22 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht = NZA 87, 376 = DB 87, 1154; AP 7 zu § 611 BGB Weiterbeschäftigung = NZA 90, 696; AP 8 = NJW 91, 2589 = NZA 91, 769). Bei erzwungener Weiterbeschäftigung u. späterer Klageabweisung besteht nach Ansicht des BAG nur ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (AP 1 zu § 611 BGB Weiterbeschäftigung = DB 87, 1045; AP 11 zu § 812 BGB = NJW 93, 484 = BB 92, 2005). Lit.: Pallasch BB 93, 2225.
3. Die Vollstreckung des B. erfolgt nach § 888 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit kann nach §§ 62 ArbGG, 707, 719 ZPO beseitigt werden. Die Weiterbeschäftigung allein ist kein dem AG nicht ersetzbarer Nachteil.
4. In der Rechtsschutzversicherung ist der B. mit abgesichert. Lit.: Ahlenstiel VersR 88, 222; Stephan NZA 89, 254.

allgemeiner Beschäftigungsanspruch.




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