Enteignungsgleiche Eingriffe

d. h. hoheitliche Akte, die keine Enteignung im verfassungsförmlichen Sinne sind, sich aber für den Betroffenen wie eine Enteignung auswirken, können Grundlage eines Aufopferungsanspruchs sein. Dabei ist der ,Enteignete‘ gehalten, sich gegen den ihn beschwerenden Eingriff zunächst im Verwaltungsrechtsweg zur Wehr zu setzen. Er hat also kein Wahlrecht, ob er Anfechtungsklage erheben oder unmittelbar Entschädigung verlangen will. Lässt er den Eingriffsakt unanfechtbar werden, so ist die Entschädigungsklage verbraucht.
In gewissem Sinne enteignungsgleich wirken sich, ohne dass ein Eingriff durch Verwaltungsakt vorliegt, auch rein tatsächliche Beeinträchtigungen von Eigentümerpositionen aus. So z.B. die Schmälerung des Anliegergebrauchs durch Strassenbauarbeiten oder die
Geruchsbelästigung durch eine gemeindliche Kläranlage. Sind solche Sonderopfer den Betroffenen nicht entschädigungslos zuzumuten, so kommen Aufopferungsansprüche in Betracht.

Die Enteignung geht vom rechtmässigen, gesetzlich gedeckten Eingriff in die Vermögenswerten Positionen von Einzelpersonen oder Personengruppen aus. Ist der Eingriff in das Eigentum von Personen oder Gruppen nicht durch entsprechende gesetzliche Vorschriften gedeckt und damit rechtswidrig, so spricht die Rechtsprechung vom enteignungsgleichen Eingriff- Dem Berechtigten muss im Vergleich zur Allgemeinheit durch diesen Eingriff ein Sonderopfer auferlegt werden. Von enteignungsgleichen Eingriffen spricht die Rechtsprechung z. B. bei Waldbränden infolge von Schiessübungen, wenn ein Panzer ein Haus rammt oder bei Hausbeschädigungen durch Kanalisationsarbeiten. Auch die hoheitliche Abwasserregulierung oder unsachgemässe Strassenbauarbeiten wurden als enteignungsgleiche Eingriffe gewertet. Auch in diesen Fällen billigt die Rechtsprechung den Geschädigten Ersatzansprüche zu.

rechtswidriger hoheitlicher Eingriff, der, wäre er rechtmäßig, eine Enteignung bedeuten würde; kann schuldhaft, aber auch schuldlos sein. Entschädigung wie bei Enteignung; bei schuldhaftem Eingriff kann gleichzeitig ein Anspruch aus Amtshaftung gegeben sein.

Wer durch einen unrechtmässigen Eingriff des Staates oder eines anderen Hoheitsträgers Nachteile erleidet, ist nach der Rechtssprechung in gleicher Weise zu entschädigen (Entschädigung), wie bei der Enteignung, wenn a) der Eingriff den Betroffenen ein Sonderopfer auferlegt, das anderen nicht zugemutet wird und b) der Eingriff sich für den Fall seiner gesetzlichen Zulässigkeit nach Inhalt und Wirkung als Enteignung darstellen würde. Dabei spielt es keine Rolle, ob der rechtswidrige hoheitliche Eingriff schuldhaft (durch Amtspflichtverletzung) oder schuldlos erfolgt ist. E. ist z.B. gegeben, wenn bei einer militärischen Übung rechtswidrig ein Acker durch Panzerfahrzeuge beschädigt wird oder wenn sich nach dem behördlich angeordneten und erzwungenen Abbruch eines Gebäudes heraussteljt, dass die erforderliche Rechtsgrundlage gefehlt hat. Aufopferungsanspruch, Schulhaftung.

Enteignung.

Eingriff, enteignungsgleicher

Nach der Rspr. des BGH (vgl. BGHZ 6, 270; 13, 88) kann der Einzelne nach den für die Enteignung geltenden Grundsätzen Entschädigung verlangen, wenn er in seinem Vermögen durch einen rechtswidrigen (schuldlosen oder schuldhaften) Eingriff der öffentlichen Gewalt Schaden erlitten hat (im Gegensatz zum Enteignungseingriff, der rechtmäßig ist, weil er durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes i. S. von Art. 14 III GG vorgenommen wird). „Enteignungsgleich“ sind nur solche Eingriffe, die, wenn sie rechtmäßig wären, die Merkmale einer „Enteignung“ erfüllen würden; so z. B. beim Eingriff in vermögenswerte Rechte auf Grund eines Gesetzes, das etwa wegen Verstoßes gegen die Junktimklausel des Art. 14 III GG nichtig ist. Ob der e. E. überhaupt noch anerkannt werden kann und ob Entschädigung nur für solche Eingriffe in Betracht kommt, die durch verwaltungsrechtliche Rechtsbehelfe (insbes. durch Anfechtung im Verwaltungsstreitverfahren) nicht zu beseitigen waren, ist insbes. auf Grund des „Nassauskiesungsbeschlusses“ des BVerfG (Enteignung) vom 15. 7. 1981 (BVerfGE 58, 330) sehr streitig geworden (vgl. z. B. Ossenbühl, NJW 1983, 1 ff.; Papier, JuS 1985, 184 ff.). Der BGH hält sowohl am e. E. (BGHZ 90, 17) wie auch am „Enteignenden Eingriff“ (NJW 1984, 1876) fest; er gründet sie nunmehr aber nicht auf Art. 14 GG, sondern auf den „Aufopferungsgedanken in seiner richterrechtlich geprägten Ausformung“ (Aufopferungsanspruch). Zur Frage der verwaltungsprozessualen Eingriffsabwehr neigt der BGH zu einer entspr. Anwendung von § 254 BGB (vgl. BGHZ 90, 17). Entschädigung aus e. E. kann also ausgeschlossen oder gemindert sein, wenn der Betroffene es trotz Zumutbarkeit versäumt hat, den Eingriff durch verwaltungsrechtl. Rechtsbehelfe abzuwehren (man kann nach dieser Auffassung also nicht einfach „dulden und liquidieren“).

Wegen der Höhe der Entschädigung für e. E. steht wie bei der Enteignung (Art. 14 III 4 GG) und beim Aufopferungsanspruch der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.




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