Enteignung

§ 832 BGB Bei der Enteignung handelt es sich um einen staatlichen Hoheitsakt, der einem Einzelnen oder einer Gruppe Eigentumsrechte entzieht. Sie ist nur zum Wohl der Allgemeinheit zulässig und darf ausschließlich durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Dabei muss das jeweilige Enteignungsgesetz genau benennen, für welche Vorhaben und unter welchen Voraussetzungen die Maßnahme, die einem konkreten Zweck zu dienen hat, zulässig ist. Es gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit: Eine Enteignung darf lediglich das letzte Mittel darstellen, wenn es keine andere rechtlich und wirtschaftlich vertretbare Lösung gibt. Das setzt eine gerechte Abwägung zwischen den Interessen der Allgemeinheit und denen des Betroffenen voraus. Die so genannte Junktimklausel, d. h. die Verknüpfung von Enteignung und Entschädigung, soll sicherstellen, dass jeder, der ein Sonderopfer bringen muss, eine angemessene Kompensation erhält. Sie soll aber auch den Gesetzgeber zwingen, sich Klarheit über die Belastungen für die öffentlichen Haushalte zu verschaffen, die Enteignungen mit sich bringen.
Ermächtigungen zur Enteignung finden sich in zahlreichen Gesetzen, z. B. im Bundesbaugesetz.
Art. 14, Abs. 3 GG
Siehe auch Eigentumsgarantie

Im Grundgesetz ist im Grundrechtskatalog festgelegt, dass eine Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig ist.
Sie darf nur aufgrund gesetzlicher Bestimmungen erfolgen, in denen auch das Ausmass der Entschädigung geregelt sein muss. Neuerdings ist das Enteignungsrecht im Baugesetzbuch von 1987 geregelt. Man versteht darunter die vollständige oder teilweise Entziehung von Eigentum zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Dabei müssen die Interessen des zu Enteignenden mit dem zu erzielenden Gemeinwohl abgewogen werden. Darüber hinaus muss eine Entschädigung festgelegt werden, wobei auch hier eine Interessensabwägung zwischen der Allgemeinheit und der betroffenen Person erfolgen muss. Gehen die Meinungen zwischen dem zu Enteignenden und denjenigen der Behörden, die die Enteignung durchführen, auseinander, dann kann die Interessenabwägung durch das Verwaltungsgericht nachgeprüft werden. Die Enteignungszwecke sind ausdrücklich im Gesetz festgeschrieben. Eine Enteignung, die hiervon nicht gedeckt ist, ist unzulässig. Über diese Zwecke hinaus muss die Enteignung zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich und anders nicht erreicht werden können.
Eine Entschädigung ist sowohl in Geld wie auch in Ersatzland möglich. Zu dem Begriff der Enteignung gehört nicht mehr allein der Eingriff in ein Grundstück, vielmehr fallen darunter alle Vermögenswerten Rechte.

Art. 14 GG gewährleistet zwar das (Privat-) Eigentum, sieht aber auch vor, daß dieses «zum Wohle der Allgemeinheit» durch Gesetz und gegen Zahlung einer Entschädigung enteignet, d.h. in Gemeineigentum überführt werden kann. Hiervon wird allerdings nur selten und auch nur im äußersten Notfall Gebrauch gemacht, z.B. im Rahmen des (öffentlichen) Baurechts. Häufiger ist dagegen der sog. enteignungsgleiche Eingriff. Er liegt vor, wenn durch Maßnahmen des Staates in das Privateigentum eingegriffen und dem Eigentümer dadurch ein «Sonderopfer» abverlangt wird (z. B. bei Schäden durch Straßenbauarbeiten oder militärische Übungen). Auch in diesen Fällen kann der Eigentümer vom Staat vor den Zivilgerichten eine Entschädigung verlangen. Im Gegensatz zu der stark eingeschränkten Regelung in den alten Bundesländern sind im Gebiet der früheren DDR in großem Umfang Enteignungen vorgenommen worden. Fast alle Betriebe und ein großer Teil des Grund und Bodens sind in Volkseigentum überführt worden. Nach der Herstellung der Einheit Deutschlands soll dies nun grundsätzlich rückgängig gemacht werden, mindestens sollen die früheren Betriebsinhaber oder Grundstückseigentümer eine Entschädigung für den Verlust ihres Eigentums erhalten. Die Einzelheiten hierzu sind in der «Gemeinsamen Erklärung der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung offener Vermögensfragen» vom 15. Juni 1990 enthalten, die nach Art. 14 des Einigungsvertrages zum unabänderlichen Bestandteil dieses Vertrages gemacht worden ist. Sie sieht vor, daß grundsätzlich alle Vermögenswerte, die «entschädigungslos enteignet und in Volkseigentum überführt wurden» oder die «gegen eine geringere Entschädigung enteignet wurden, als sie Bürgern der früheren Deutschen Demokratischen Republik zustand» oder die «durch staatliche Verwalter oder nach Überführung in Volkseigentum durch den Verfügungsberechtigten an Dritte veräußert wurden» (§ 1 Abs. 1), auf Antrag an die Berechtigten zurückübertragen werden sollen (§3 Abs. 1). Gleiches soll gelten «für bebaute Grundstücke und Gebäude, die auf Grund nicht kostendeckender Mieten und infolgedessen eingetretener Überschuldung durch Enteignung, Eigentumsverzicht, Schenkung oder Erbausschlagung in Volkseigentum übernommen wurden» (§1 Abs. 2), ferner für solche Vermögenswerte, «die auf Grund unlauterer Machenschaften, z. B. durch Machtmißbrauch, Korruption, Nötigung oder Täuschung von seiten des Erwerbers, staatlicher Stellen oder Dritter, erworben wurden» (§lAbs.3). Die Rückübertragung soll ausgeschlossen sein, «wenn dies von der Natur der Sache her nicht mehr möglich ist» (§ 4 Abs. 1) oder wenn jemand «in redlicher Weise an dem Vermögenswert Eigentum oder dingliche Nutzungsrechte erworben hat» (§4 Abs. 2), was vermutet wird, wenn der Erwerb vor dem 18. Oktober 1989 (dem Tage des Rücktritts Honeckers als Staats- und Parteichef) erfolgt ist. Beide Ausnahmetatbestände enthalten sog. unbestimmte Rechtsbegriffe («von der Natur der Sache her», «in redlicher Weise»), die zudem an keiner anderen Stelle im Recht verwendet werden. Es ist also zu befürchten, daß es noch auf Jahre hinaus zu Rechtsstreitigkeiten kommt, die sich im wesentlichen mit der Auslegung dieser Begriffe beschäftigen. Die Erklärung selbst bringt nur einige wenige Beispiele. So soll die Rückübertragung von Eigentum an Grundstücken und Gebäuden dann ausgeschlossen sein, wenn diese «mit erheblichem baulichen Aufwand in ihrer Nutzungsart oder Zweckbestimmung verändert wurden und ein öffentliches Interesse an dieser Nutzung besteht», wenn sie «dem Gemeingebrauch gewidmet wurden» (z.B. als Straßenland), wenn sie «im komplexen Wohnungsbau oder Siedlungsbau verwendet wurden» oder wenn sie «der gewerblichen Nutzung zugeführt oder in eine Unternehmenseinheit einbezogen wurden und nicht ohne erhebliche Beeinträchtigung des Unternehmens zurückgegeben werden könnten» (§5). Unternehmen sollen dann nicht zurückgegeben werden, wenn sie «unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts und der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung mit dem enteigneten Unternehmen im Zeitpunkt der Enteignung» nicht mehr vergleichbar sind (§6). Bei der Rückübertragung sind zwischenzeitlich eingetretene Werterhöhungen oder -minderungen grundsätzlich auszugleichen (§7), was eine weitere Quelle umfangreicher Rechtsstreitigkeiten werden wird. Soweit keine Rückübertragung erfolgt, sollen die Berechtigten eine Entschädigung in Geld, bei Grundstücken auch «durch Übereignung von Grundstücken mit möglichst vergleichbarem Wert» erhalten (§9). Die Grundsätze dafür sollen noch gesetzlich geregelt werden. Die Berechtigten können statt der Rückübertragung auch eine Entschädigung wählen (§8). Für das Verfahren sind in den neuen Bundesländern und in Berlin besondere «Ämter und Landesämter zur Regelung offener Vermögensfragen» zu errichten (§§22 ff). Ausgenommen von diesen Regelungen sind «Enteignungen von Vermögenswerten auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage», d. h. solche, die vor der Gründung der DDR von der sowjetischen Militärregierung veranlaßt worden sind (§1 Abs. 8), z. B. die schon damals durchgeführte Enteignung der Großbetriebe und die sog. «demokratische Bodenreform», d. h. die Enteignung der - meist adeligen - Großgrundbesitzer. Diese Enteignungen sollen nicht mehr rückgängig gemacht werden. Diese Regelung ist durch den Einigungsvertrag sogar in das Grundgesetz eingefügt worden (Art. 146 Abs. 3). Ob und inwieweit hierfür eine Entschädigung gezahlt wird, soll noch gesetzlich geregelt werden.

rechtmässiger hoheitlicher Eingriff in das Eigentum oder ein sonstiges vermögenswertes Recht, der den Betroffenen im Vergleich zu anderen ungleich trifft und ihn zu einem besonderen, anderen nicht zugemuteten Opfer (Sonderopfer) für die Allgemeinheit zwingt. Gegenstand der E. kann nicht nur wie früher ein Grundstück oder grundstücksgleiches Recht, sondern neben dem Eigentum jedes Vermögenswerte Recht sein (z. B. Eingriff in eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb). Die E. wird von der Sozialbindung des Eigentums (Eigentumsbeschränkungen, Eigentumsgarantie) nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten abgegrenzt. Entscheidend ist auch die Situationsgebundenheit der Sache (z.B. Anlieger muss unter Umständen Verkehrsbeschränkungen mit Vermögenseinbusse hinnehmen). Da Art. 14 GG das Eigentum gewährleistet, ist die E. nur zum Wohle der Allgemeinheit und nur durch G oder aufgrund eines G.es zulässig, das Art und Ausmass der Entschädigung regelt, Junktim-Klausel. Wegen der Höhe der Entschädigung steht der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen: E. ist z. B. Landabzug im Umlegungsverfahren zugunsten des Baues einer Autobahn. Die Umwandlung eines Gebietes in ein Naturschutzgebiet ist z. B. keine E. Eigentumsgarantie, Eigentumsbeschränkungen, Planfeststellung, Rückenteignung.
E.

im verfassungsrechtlichen Sinne liegt vor, wenn ein vermögenswertes Recht durch die öffentliche Gewalt dem Rechtsinhaber entzogen oder in seinem privatnützigen Gehalt wesentlich geschmälert wird. Nach der Eigentumsgarantie des GG ist eine Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig (Art. 14 III 1). Und sie darf nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmass der Entschädigung regelt (Art. 14 III 2). Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen (Art. 14 III 3). Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfälle der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten offen (Art. 14 III 4). Nach allem wandelt sich die grundsätzliche Bestandsgarantie des Privateigentums unter bestimmten verfassungsrechtlichen Voraussetzungen in eine Art Eigentumswertgarantie.
Typischer Fall einer gesetzlichen Enteignungsermächtigung ist die Befugnis zur hoheitlichen Inanspruchnahme von Privatgrundstücken für Zwecke des öffentlichen Verkehrs oder des Städtebaus. Das im Gedanken des Sonderopfers wurzelnde Prinzip der Enteignung mit Entschädigungspflicht wird flankiert durch Aufopferungsansprüche aufgrund von Tatbeständen, die sich für die Betroffenen wie eine Enteignung auswirken.
Jede Enteignung steht als Eingriff in den grundrechtlich geschützten Bereich unter dem rechtsstaatlichen Gebot der Verhältnismässigkeit von Mittel und Zweck. Nur als ultima ratio kommt das Mittel der Enteignung in Betracht. Erst dann, wenn es keine andere, rechtlich und wirtschaftlich schonendere Lösung gibt, ist eine Enteignung legitim. Solange z.B. dem Gemeinwohlinteresse durch Einräumung beschränkt dinglicher oder obligatorischer Rechte genügt werden kann, ist eine Enteignung, ob durch Gesetz oder gesetzesbasierten Verwaltungsakt, nicht in Einklang mit dem GG.

(Art. 14III GG) ist ein entschädigungspflichtiger staatlicher Hoheitsakt, der zwangsweise in das Eigentum oder andere Vermögenswerte Rechte von einzelnen oder Gruppen eingreift u. ihnen dadurch unter Verletzung des Gleichheitssatzes im öfftl. Interesse ein Sonderopfer auferlegt. Eine E. ist nur zum Wohl der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen, das Art u. Ausmass der Entschädigung - unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit u. der Beteiligten - regelt. Eine E. zugunsten eines privatrechtlich organisierten Unternehmens setzt voraus, dass die Unternehmenstätigkeit zumindest mittelbar auch dem Wohl der Allgemeinheit dient; erforderlich ist aber ein Gesetz, das diesen Enteignungszweck deutlich umschreibt, die grundlegenden Enteignungsvoraussetzungen u. das Verfahren zu ihrer Ermittlung festlegt sowie den Gemeinwohlbezug der Unternehmenstätigkeit auf Dauer garantiert (so das Urteil des BVerfG zu der von Daimler-Benz geplanten Teststrecke in Boxberg). Die entschädigungspflichtige E. ist von der entschädigungslos hinzunehmenden Sozialbindung des Eigentums abzugrenzen, bei der der Gesetzgeber die Rechtsträger unterschiedslos u. einheitlich in der Ausübung ihrer Rechte beschränkt. Eine E. setzt nicht die Entziehung des Eigentums oder Vermögenswerten Gutes voraus; sie ist vielmehr schon dann gegeben, wenn dessen funktionsgerechte Verwendung verhindert wird (z. B. bei Beeinträchtigung gewerbetreibender Strassenanlieger durch einen U-Bahn-Bau, die nach Art u. Zeitdauer das zumutbare Mass überschreiten). Nach einem Beschluss des BVerfGv. kann der Betroffene jedoch bei einer E. eine Entschädigung nur einklagen, wenn für diese eine gesetzliche Anspruchsgrundlage vorhanden ist; mangelt es daran, muss er sich vor dem Verwaltungsgericht zunächst um die Aufhebung des Eingriffsaktes bemühen. - Fehlt dem Eingriff die gesetzliche Grundlage oder ist er sonst rechtswidrig, handelt es sich um einen enteignungsgleichen Eingriff, für den wie bei einer E. Entschädigung zu leisten ist. Eine Haftung der öffentlichen Hand gegenüber den von "neuartigen Waldschäden" betroffenen Waldbesitzern aus dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen oder des enteignenden Eingriffs hat der BGH verneint. Wegen hoheitlicher Eingriffe in nicht Vermögenswerte Rechte (z. B. Impfschäden) steht dem Betroffenen ein sog. Aufopferungsanspruch zum Ausgleich der dadurch verursachten materiellen Nachteile zu. - Entschädigungsforderungen wegen E., enteignungsgleichen Eingriffs oder Aufopferung sind vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen (Art. 14 III 4 GG, § 40 II VwGO).

ist die - im Gegensatz zum enteignungsgleichen Eingriff (rechtmäßige) - Entziehung oder Belastung des Eigentums durch staatlichen Hoheitsakt zur Befriedigung öffentlicher Belange. Gemäß Art. 14 III GG darf eine E. nur durch (formelles) Gesetz (Legalenteignung z.B. BauGB) oder auf Grund eines Gesetzes durch die Verwaltung (Administrativenteignung) und zum Wohl der Allgemeinheit erfolgen. Nach Art. 14 III 2 GG muss das die E. ermöglichende Gesetz Art und Ausmaß der Entschädigung regeln (Junktimklausel). Wann nicht nur eine Eigentumsbindung, sondern bereits eine E. vorliegt, ist, weil nicht jede Belastung für eine E. genügt, im Einzelfall an Hand der Einzelakttheorie (Sonderopfertheorie) oder Zumutbarkeitstheorie zu entscheiden. Bei Streitigkeiten über die Höhe der Entschädigung steht der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten offen (Art. 14 III 4 GG). Wird der enteignete Gegenstand zur Befriedigung öffentlicher Belange nicht mehr benötigt, ist er dem früheren Eigentümer zurückzuübereignen. Im klassischen Sinn ist E. die entschädigungspflichtige Übertragung von Grundeigentum durch gesetzlich zugelassenen Verwaltungsakt (Administrativenteignung) wegen eines im öffentlichen Interesse liegenden Unternehmens. Keine E. ist der hoheitliche Eingriff in nichtvermögenswerte Rechte. Aufopferung Lit.: Aust, M./Jacobs, R./Pasternak, D., Die Enteignungsentschädigung, 5. A. 2002; Fricke, W./Märker, K., Enteignetes Vermögen in der Ex-DDR, 2. A. 2002

, Baurecht: äußerste Mittel zur Verwirklichung der Ziele der Bauleitplanung (§§ 85 ff. BauGB). Am häufigsten erfolgt die Enteignung, um ein Grundstück entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans zu nutzen oder eine solche Nutzung vorzubereiten (z.B. Enteignung künftiger Verkehrsflächen). Die Enteignung ist nur zulässig, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck nicht auf andere zumutbare Weise erreicht werden kann, insb. nicht durch freihändigen Erwerb. Für die Enteignung ist eine Entschädigung zu leisten, deren Höhe sich nach §§ 93 ff. BauGB bemisst.
Staatshaftungsrecht: Zielgerichteter staatlicher Zugriff auf das Eigentum des Einzelnen, der auf eine vollständige oder teilweise Entziehung der Eigentumsposition i. S. d. Art. 14 GG gerichtet ist, Art. 14 Abs. 3 GG. Eine Enteignung ist nur zulässig, wenn das Gesetz zugleich Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, sog. Junktimklausel des Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG. Es herrscht der Grundsatz „Dulde und liquidiere”. Davon zu unterscheiden ist die Inhalts- und Schrankenbestimmung (Art. 14 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 GG), die grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen ist. Im Einzelnen sind die Fragen der Abgrenzung umstritten.
Nach der Sonderopfertheorie des BGH und der Schweretheorie des BVerwG ist eine Enteignung durch die Kriterien der Schwere, der Zumutbarkeit oder des Überschreitens der Sozialbindung (Art. 14 Abs. 2 GG) gekennzeichnet (materieller Enteignungsbegriff). Jede Maßnahme, die nicht mehr als Inhalts-und Schrankenbestimmung gerechtfertigt ist, schlägt danach automatisch in eine entschädigungspflichtige Enteignung um.
In dem „Nassauskiesungsbeschluss” (BVerfGE 58, 300) hat sich das BVerfG grundlegend mit der Frage
der Abgrenzung zwischen entschädigungspflichtiger Enteignung und entschädigungslos hinzunehmender Inhalts- und Schrankenbestimmung befasst. Danach sind Inhalts- und Schrankenbestimmungen strikt von der Enteignung zu trennen und können nicht ineinander übergehen (sog. Trennungstheorie, heute h. M., ist auch von BGH und BVerwG übernommen worden). Auch hat das BVerfG im „Nassauskiesungsbeschluss” den engen, formellen Enteignungsbegriff
entwickelt, wonach sich die Abgrenzung rein nach der Form und der Intention des Eingriffes richtet. Diesem Begriff haben sich zwischenzeitlich auch das BVerwG und der BGH angeschlossen. Danach setzt eine Enteignung voraus
* den finalen, also zielgerichteten Entzug einer Eigentumsposition,
* einen Eingriff durch Gesetz (Legalenteignung) oder durch Verwaltungsakt, gestützt auf ein Gesetz im formellen Sinne (Administrativenteignung) und
* dass die Sache auch nach dem Eingriffsakt erhalten bleibt, um einem öffentlichen Zweck zu dienen (sog. klassische Enteignung).
Problematisch ist die Abgrenzung zwischen Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung, wenn der Gesetzgeber den Inhalt des Eigentums neu bestimmt und dadurch bereits bestehende Rechtspositionen abschafft. Nach der Intention des Gesetzgebers handelt es sich um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung, obwohl den Inhabern bestehende Rechte entzogen werden und damit begrifflich eine Enteignung vorliegt. In einem solchen Fall liegt eine Legalenteignung vor, wenn bestimmten Eigentümern oder einer Gruppe von Eigentümern ihre Rechte individuell entzogen werden, wohingegen Gesetze, die nach der Intention des Gesetzgebers das Eigentum in seiner Gestalt und in seinem Bestand generell neu konzipieren, als Inhalts- und Schrankenbestimmungen angesehen werden.
Eigentumsbeschränkungen aufgrund von Inhalts-und Schrankenbestimmungen (Art.14 Abs. 1 S.2, Abs. 2 GG) sind grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann sich bei besonders schweren Belastungen, die auch unter Berücksichtigung der Sozialbindung des Eigentums nicht mehr zumutbar sind, ergeben, dass eine Inhalts- und Schrankenbestimmung nur verfassungsgemäß ist, wenn dem Betroffenen zum Ausgleich für die Belastung eine Entschädigung gewährt wird (sog. ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung; grundlegend die „PIlichtexemplarEntscheidung” BVerfGE 58, 137).
In diesem Zusammenhang verwendet der Gesetzgeber teilweise salvatorische Entschädigungsklauseln.
Die Höhe der Entschädigung für eine Enteignung ist gern. Art. 14 Abs. 3 GG unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Anders als beim Schadensersatzanspruch müssen daher der Wert der Eigentumsposition sowie die sonstigen Nachteile nicht in vollem Umfang ausgeglichen werden. Wegen der Höhe der Entschädigung ist im Streitfalle der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet, Art. 14 Abs. 3 S. 4 GG. enteignender Eingriff, enteignungsgleicher Eingriff

1.
Art. 14 I GG gewährleistet das Eigentum und das Erbrecht. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. Eigentum verpflichtet; sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen (Art. 14 II GG). Nach Art. 14 III GG ist eine E. nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfall der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

2.
Der Begriff E. gehört zu den schwierigsten (weil eine Vielzahl denkbarer Lebensverhältnisse umfassend und eine sensible Grundbeziehung zwischen dem Einzelnen und der Allgemeinheit regelnd) und umstrittensten des öffentlichen Rechts. Er ist weder durch die Verfassung noch durch Gesetz definiert. Einigkeit besteht im Wesentlichen darüber, dass E. nicht nur bei Entziehung von „Eigentum“ im Sinne des bürgerlichen Rechts vorliegen kann; vielmehr kann jede konkrete privatrechtliche (unter gewissen Umständen auch öffentlich-rechtliche, z. B. ein durch Beitragszahlungen erworbener existenzsichernder Rentenanspruch) Rechtsposition, z. B. eine schuldrechtliche Forderung, Gegenstand einer E. sein. Auch ist für den Begriff nicht erforderlich, dass die Rechtsposition (das „Eigentum“ im Sinne von Art. 14 GG) zur Gänze entzogen wird; auch eine Belastung oder eine Beschränkung der dem Eigentum wesentlichen Funktionen kann darunter fallen. Daraus ergeben sich die Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen E. und der (grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmenden) Sozialbindung des Eigentums (Inhalts- und Schrankenbestimmung; s. a. Eigentumsgarantie). Der Bundesgerichtshof, in Verfahren über die Höhe der Entschädigung häufig mit E.fragen befasst, nahm eine E. an, wenn die Beeinträchtigung des Eigentums den Betroffenen im Vergleich zu anderen ungleich traf und ihm ein besonderes, den anderen nicht zugemutetes Opfer für die Allgemeinheit auferlegte (Sonderopfertheorie), während das Bundesverwaltungsgericht zur Abgrenzung mehr auf Schwere und Tragweite des Eingriffs abstellte (Schwere- oder Zumutbarkeitstheorie). Die lange Zeit herrschende Rechtsprechung des BGH führte zu einer starken Ausdehnung des E.begriffs: E. war jeder unmittelbare, den Betroffenen im Vergleich zu anderen ungleich belastende Eingriff der öffentlichen Gewalt in vermögenswerte Rechte Privater zur Verfolgung öffentlicher Zwecke. Jedes Sonderopfer führte zur Entschädigung, sei es für einen rechtmäßigen Enteignungseingriff, sei es für einen rechtswidrigen enteignungsgleichen Eingriff. Mit dem „Nassauskiesungsbeschluss“ vom 15. 7. 1981 (BVerfGE 58, 300 = NJW 1982, 745) - es ging um den entschädigungslosen Ausschluss der Grundwasserbenutzung durch § 1 a III des Wasserhaushaltsgesetzes - hat das BVerfG eine dogmatisch und in ihren praktischen Auswirkungen sehr bedeutsame Entscheidung getroffen, der sich inzwischen die Rspr. und weitgehend auch die Literatur angeschlossen haben. Danach ist E. (nur) die vollständige oder teilweise Entziehung vermögenswerter Rechtspositionen (Eigentum im verfassungsrechtlichen Sinn) durch einen gezielten hoheitlichen Rechtsakt zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben. Dieser E.begriff ist enger als der des BGH, dem jede Beeinträchtigung jenseits der Sozialbindung genügte, während das BVerfG auf Form und Zweckrichtung des Aktes abstellt. Nach dem BVerfG ist strikt zu trennen zwischen der E. und der Inhalts- und Schrankenbestimmung. Der Eigentumsbegriff des Art. 14 GG bedarf gesetzlicher Ausgestaltung: Der Gesetzgeber muss bestimmen, was zum Eigentum in diesem Sinne gehört und was nicht (ob also z. B. das Grundeigentum die Benutzung des Grundwassers überhaupt umfasst). Bei dieser Inhaltsbestimmung ist er allerdings nicht völlig frei, sondern er muss die Grundentscheidung der Verfassung für privates Eigentum, dessen Wesensgehalt (Art. 19 II GG) mit den sozialen Bindungsbedürfnissen unter Beachtung des Gleichheits- und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes abwägen. Diese Inhaltsbestimmung begründet erst die durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition. Eine verfassungswidrige gesetzliche Inhaltsbestimmung ist nichtig und kann keine Grundlage für E.akte sein; der Betroffene muss einen hierauf gestützten Verwaltungsakt anfechten, soweit dies möglich und zumutbar ist, kann ihn also nicht einfach hinnehmen und Entschädigung verlangen, wie dies nach der Rspr. des BGH möglich war (kein Wahlrecht zwischen Primär- und Sekundärrechtsschutz; kein „Dulde und liquidiere“). Inhaltsbestimmungen müssen auch berücksichtigen, ob sie im Einzelfall zu unverhältnismäßigen und gleichheitswidrigen Belastungen führen können; dies muss dann durch einen finanziellen Ausgleich gemindert werden („ausgleichspflichtige Inhaltsbestimmung“); vgl. dazu die „Pflichtexemplarentscheidung“ des BVerfG vom 14. 7. 1981, BVerfGE 58, 137; in diesen Zusammenhang gehören auch sog. „salvatorische Entschädigungsklauseln“: „. eine Maßnahme getroffen, die eine E. darstellt oder einer solchen gleichkommt, so ist dem Berechtigten Entschädigung in Geld zu leisten.“ S. a. Enteignungsgleicher Eingriff; Enteignender Eingriff; Aufopferungsanspruch.
In der Verwaltungspraxis ist die förmliche Entziehung von Grundeigentum (z. B. zum Straßenbau) selten, da sich die Beteiligten meist privatrechtlich einigen. Gegenstand der Rspr. sind zumeist Fragen der Inhalts- und Schrankenbestimmung (Sozialbindung) und der darüber hinausgehenden Rechtsposition, deren Entzug oder Beeinträchtigung E. bedeutet.

3.
Die E. durchbricht die Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG. Sie ist nur zum Wohl der Allgemeinheit und nur durch ein Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zulässig, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Das E.sgesetz muss die Entschädigung selbst gewähren (sog. Junktimklausel). Die Junktimklausel gilt nicht für vorkonstitutionelle Gesetze; sehen solche Gesetze eine E. vor, ohne die Entschädigung zu regeln, so ist das Gesetz gültig und die Entschädigung nach den Grundsätzen des Art. 14 III GG zu gewähren. Schließt das vorkonstitutionelle Gesetz eine Entschädigung ausdrücklich aus, so ist es nichtig. Die Entschädigung ist (anders als beim Schadensersatzanspruch aus Staatshaftung) unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen, muss also den Wert des abzutretenden Gegenstandes sowie die sonstigen eintretenden Nachteile nicht unbedingt voll ausgleichen; eine wesentliche Rolle spielt auch hier die „Situationsgebundenheit“ der entzogenen oder beeinträchtigten Rechtsposition, z. B. die gegenwärtige Nutzung eines Grundstücks. Wegen der Höhe der Entschädigung steht der ordentliche Rechtsweg offen. E. kann unmittelbar durch Gesetz oder eine sonstige Rechtsnorm erfolgen (Legalenteignung, besser Legislativenteignung; verfassungsrechtlich nur in Ausnahmefällen zulässig, da sie den Rechtsschutz des Betroffenen verkürzen würde; vgl. Einzelfallgesetz) oder aber durch einen auf einer Rechtsnorm beruhenden Verwaltungsakt (Administrativenteignung). Wichtige Grundsätze für die E. zugunsten privater Unternehmen und für den Einzelfall enthält das „Boxberg-Urteil“ des BVerfG vom 24. 3. 1987, BVerfGE 74, 296.

4.
Das E.recht ist weitgehend Landesrecht. Dort sind E.zweck, Gegenstand der E., Zulässigkeit, Umfang, Art und Maß der Entschädigung sowie das E.verfahren eingehend geregelt (vgl. z. B. Bayer. Gesetz über die entschädigungspflichtige E. i. d. F. vom 25. 7. 1978, BayRS 2141-1-I). Daneben finden sich E.regelungen auch in Fachgesetzen der Länder. Auch Bundesgesetze sehen E.tatbestände vor, so z. B. §§ 85 ff. BauGB für baurechtliche Grundstücksenteignungen, §§ 19 ff. FStrG für den Bau von Bundesfernstraßen oder § 11 des Energiewirtschaftsgesetzes für Freileitungen. Soweit die Bundesgesetze keine eigene Entschädigungs- oder Verfahrensregelung enthalten, verweisen sie auf das entsprechende Landesrecht (vgl. BVerfG NJW 1984, 1873).

5.
Zu E. in der ehem. DDR: Offene Vermögensfragen, Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG).




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