Willensmangel

i. e. S. bei einer Willenserklärung das Fehlen eines Willens überhaupt oder das Fehlen eines der Erklärung entsprechenden Willens (z.B. nicht ernstliche Willenserklärung, Irrtum); i. w. S. jeder Mangel einer Willenserklärung (z.B. bei Drohung, Täuschung, Formmangel, Gesetzesverstoß, Sittenwidrigkeit). Führt zu Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit.

Als W. bezeichnet man solche Mängel einer Willenserklärung, die sie nichtig (Nichtigkeit) machen oder ihre Anfechtbarkeit begründen. Insbes. bei der Schein- und Scherzerklärung (Scheingeschäft, Emstlichkeit), dem (erkannten) geheimen Vorbehalt sowie beim Irrtum, der Drohung und der arglistigen Täuschung.

ist der Mangel einer Willenserklärung. Zu den Willensmängeln zählen etwa (Fehlen einer Willenshandlung überhaupt,) geheimer Vorbehalt, Scheingeschäft, Scherzerklärung, Irrtum, Drohung, Täuschung, Formmangel, Gesetzesverstoß, Sittenwidrigkeit, beschränkte Geschäftsfähigkeit oder fehlende Geschäftsfähigkeit. Die Rechtsfolge eines Willensmangels ist Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit. Lit.: Arens, P., Willensmängel bei Parteihandlungen, 1968; Wiegand, D., Vertragliche Beschränkungen der Berufung auf Willensmängel, 2000; Meyer, F., Willensmängel beim Rechtsmittelverzicht, 2003

dem subjektiven, inneren Bereich des Erklärenden zuzurechnende Fehler einer Willenserklärung, die entweder in einer Divergenz zwischen objektiv Erklärtem und subjektiv Gewolltem oder auch in einer fehlerhaften Willensbildung liegen können. Die rechtliche Behandlung von Willensmängeln hängt von ihrer konkreten Ausgestaltung ab.
Fehlt dem Erklärenden der Handlungswille, kann ihm die Erklärung nicht zugerechnet werden; es liegt bereits tatbestandlich keine Willenserklärung vor. Ausdrücklich geregelt ist dies im BGB nur für einige Sonderfälle (§§ 104 Nr. 2, 105 Abs. 2 BGB).
Die unter Hypnose abgegebene Erklärung oder die mit geführter Hand („vis absoluta”) abgegebene Unterschrift können rechtlich nicht als Willenserklärungen zugerechnet werden.
Handelt der Erklärende ohne Erklärungsbewusstsein, fehlt ihm also das Bewusstsein, mit seiner Handlung (irgend-)eine rechtserhebliche Erklärung abzugeben, ist ihm dies gleichwohl (normativ) als Willenserklärung zuzurechnen, wenn er bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat (BGHZ 91, S. 324ff.; 109, S.171 ff.; str.). Das fehlende Erklärungsbewusstsein ist dann wie ein Erklärungsirrtum zu behandeln, d. h., der Erklärende kann seine Erklärung entsprechend § 119 Abs. 1 BGB anfechten, macht sich dann aber u. U. schadensersatzpflichtig (§ 122 BGB).
Eine Bank schreibt einem Dritten, dass sie „zugunsten der Firma X gegenüber Ihrer Firma die selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 75 000 E übernommen” habe und bittet um Mitteilung des derzeitigen Standes der Forderungen gegen die Firma X. Der Empfänger versteht dies als Bürgschaftserklärung, weil er zuvor von der Firma X eine ebensolche Bankbürgschaft verlangt hatte. Tatsächlich wollte die Bank aber überhaupt keine rechtserhebliche Erklärung abgeben, weil das Schreiben in der — irrigen Meinung verfasst wurde, in der Vergangenheit sei eine solche Bürgschaft übernommen worden. Gleichwohl muss sich die Bank an der objektiv als Bürgschaftsübernahme auszulegenden Willenserklärung festhalten lassen und kann sich nur durch (rechtzeitige) Anfechtung entsprechend § 119 Abs. I BGB von ihr lösen (vgl. BGHZ 91, S. 324 ff.).
Bei Fehlern auf der Ebene des Geschäftswillens, also des Willens zur Herbeiführung einer bestimmten Rechtsfolge mit der Erklärung, ist zu unterscheiden:
* Bei bewussten Willensmängeln, d. h. wenn der Erklärende die sich objektiv aus seiner Erklärung ergebende Rechtsfolge bewusst nicht will, geht das
Gesetz tatbestandsmäßig von einer Willenserklärung
aus (str.), die u. U. nichtig ist. Das BGB regelt die Fälle des geheimen Vorbehalts (§ 116 BGB), des Scheingeschäfts (§ 117 BGB) und der Scherzerklärung (§ 118 BGB).
* Bei einem unbewussten Abweichen von Wille und Erklärung gilt, wenn der Empfänger den wahren Willen nicht erkannt hat, nach normativer Auslegung die Erklärung mit dem vom Empfängerhorizont her zu erkennenden Inhalt (Auslegung einer Willenserklärung). Der Erklärende kann sich nur durch Anfechtung aus der Bindung lösen, haftet aber u. U. auf Ersatz des Vertrauensschadens (§ 122 BGB). Gesetzlich geregelt sind die Fälle des Inhaltsirrtums (§ 119 Abs. 1, Fall 1 BGB), des Erklärungsirrtums (§ 119 Abs. 1 Fall 2 BGB) und des Übermittlungsfehlers (§ 120 BGB).
* Mängel bei der Willensbildung sind i. d. R. als Motivirrtum unbeachtlich. Gesetzlich geregelte Ausnahmen sind der Eigenschaftsirrtum (§ 119 Abs. 2 BGB) und die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 Abs. 1 BGB) oder widerrechtlicher Drohung (§ 123 Abs. 2 BGB).
Sonderregeln für die Behandlung von Willensmängeln gelten im Eherecht (vgl. §§ 1313 ff. BGB) und im Erbrecht (vgl. §§ 2078 ff., 2281 ff. BGB). Im Eherecht müssen Willensmängel regelmäßig im Klagewege geltend gemacht werden. Im Erbrecht berechtigt auch jeder Motivirrtum des Erblassers zur Anfechtung einer letztwilligen Verfügung; für die Anfechtung bestimmter erbrechtlicher Erklärungen gelten überdies besondere Form- und Fristvorschriften.

Eine Willenserklärung (WE) kann in verschiedener Hinsicht Mängel des erklärten Willens aufweisen, wodurch der Bestand des auf ihr beruhenden Rechtsgeschäfts in Frage gestellt wird. Fehlt schon der Handlungswille, so liegt eine WE überhaupt nicht vor. Ist die WE zwar bewusst abgegeben, fehlt aber der Rechtsgeltungs- oder Geschäftswille (insbes. beim Scheingeschäft, Scherzgeschäft und bei dem dem Geschäftspartner bekannten geheimen Vorbehalt), so ist die WE nichtig (Nichtigkeit). Über die Rechtsfolgen bei Fehlen des Erklärungswillens Willenserklärung. Ist die Abgabe der WE durch Irrtum, arglistige Täuschung oder Drohung beeinflusst worden (eigentliche W.), so ist sie zwar zunächst gültig, unterliegt aber der Anfechtung (von Willenserklärungen; s. i. E. dort). Diese Grundsätze gelten im bürgerlichen Rechtsverkehr. Inwieweit sie auf das Gebiet des öffentlichen Rechts übertragen werden können, ist jeweils besonders zu prüfen (Willenserklärung, 3); so können sie z. B. bei den einer Behörde gegenüber abzugebenden Erklärungen eingeschränkt sein und gelten insbes. bei Prozesshandlungen im Hinblick auf deren Verfahrenswirkungen nur in sehr begrenztem Umfang.




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