Zeugenvernehmung

Herbeiführung der Aussage eines Zeugen durch ein Strafverfolgungsorgan. Für alle Verfahrensabschnitte geltende Vorschriften zur Zeugenvernehmung regeln §§ 52 ff. StPO:
* Der Zeuge ist gemäß §§ 52 Abs. 3,55 Abs. 2 StPO über ein etwa bestehendes Zeugnisverweigerungsrecht oder Auskunftsverweigerungsrecht zu belehren. Nur das Bestehen eines solchen Rechts oder das Fehlen einer Aussagegenehmigung lässt die Aussagepflicht des Zeugen entfallen.
* Vor jeder richterlichen Vernehmung sind Zeugen ferner gemäß § 57 S.1 StPO zur Wahrheit zu ermahnen und über Eidespflicht sowie die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Aussage zu belehren; der Staatsanwalt ermahnt nur zur Wahrheit.
* § 58 Abs. 1 StPO sieht vor, dass Zeugen i. d. R. einzeln zu vernehmen sind; ausnahmsweise ist eine Gegenüberstellung zulässig.
* § 58 a StPO regelt die Aufzeichnung der Aussagen besonders schutzbedürftiger Zeugen auf Bild-TonTrägern.
* §§ 59-67 StPO regeln die Vereidigung des Zeugen.
Die Vernehmung des Zeugen zur Person regelt § 68 StPO, dabei sind die dem Zeugenschutz dienenden Vorschriften der Abs. 2 zu beachten. Zu Beginn der Vernehmung zur Sache ist der Zeuge gemäß § 69 Abs. 1 S.1 StPO zunächst zu einer zusammenhängenden Schilderung seiner Wahrnehmungen zu veranlassen („Bericht”). Zur weiteren Aufklärung sind ergänzende Fragen möglich („Verhör”), durch die der Bericht vervollständigt und Unklarheiten behoben werden. Vorhalte von Beweisgegenständen, aus früheren Aussagen oder Urkunden sind ebenso zulässig und in der Praxis bedeutend wie die Nutzung von Vernehmungshilfen: Hierzu zählt die - für Zeugen in amtlicher Eigenschaft verpflichtende - Vorbereitung der Vernehmung anhand schriftlicher Unterlagen zur Gedächtnisauffrischung oder die Verwendung von Skizzen und Lichtbildern bei der Vernehmung selbst. Stets zu beachten ist die der angemessenen Behandlung und dem Ehrenschutz des Zeugen dienende Vorschrift des § 68 a StPO, die das Bloßstellen des Zeugen verbietet.
Sonderregelungen für die richterliche Vernehmung des Zeugen im Ermittlungsverfahren enthält § 168 c Abs. 2-5 StPO. Danach hat der Ermittlungsrichter der Staatsanwaltschaft, dem Beschuldigten und dessen Verteidiger die Anwesenheit zu gestatten (§ 168 Abs. 2 StPO) und die Anwesenheitsberechtigten vorher zu benachrichtigen (§ 168 c Abs. 5 StPO). Ein Verstoß gegen die Benachrichtigungspflicht zieht - bei Widerspruch in der Hauptverhandlung - ein Beweisverwertungsverbot nach sich (BGHSt 26, 332). Ein Ausschluss des Beschuldigten ist gemäß § 168 c Abs. 3 StPO bei Gefährdung des Untersuchungszwecks möglich; in diesem Fall entfällt die Benachrichtigungspflicht. Zu prüfen ist im Fall eines Ausschlusses des Beschuldigten die Bestellung eines Pflichtverteidigers.
Für die Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung, die wegen des Unmittelbarkeitsgrundsatzes auch bei vorheriger Vernehmung nicht durch Protokollverlesung ersetzt werden darf (§ 250 StPO), enthalten §§ 238 ff. StPO zahlreiche Einzelregelungen. Die Zeugenvernehmung erfolgt grundsätzlich durch den Richter, selten wird von der Möglichkeit des Kreuzverhörs Gebrauch gemacht. Allein dem Vorsitzenden obliegt gemäß § 241 a StPO die
Vernehmung eines unter 16-jährigen Zeugen. Von Bedeutung ist ferner das umfassende Beweisverwertungsverbot auch früherer Aussagen, das gemäß § 252 StPO aus der Geltendmachung des Zeugnisverweigerungsrechts in der Hauptverhandlung folgt. In jüngerer Zeit haben zahlreiche Regelungen eine Verbesserung des Zeugenschutzes und der Rechte von Zeugen bewirkt; dies gilt insbesondere für Kinder als Zeugen. So besteht die Möglichkeit, sich eines
— > Zeugenbeistands zu bedienen; ebenso sind eine
— > Video-Vernehmung, die vorübergehende Entfernung des Angeklagten oder die Einführung einer früheren Bild-Ton-Aufzeichnung einer Vernehmung in Ausnahmefällen zulässig.




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