Aufnahmezwang

Ausnahmsweise bestehende Verpflichtung von Vereinigungen zur Aufnahme von Mitgliedern. Vereine sind kraft der auch ihnen zustehenden Privatautonomie grundsätzlich frei bei der Festlegung der Voraussetzungen für den Erwerb der Mitgliedschaft; auch wenn die satzungsmäßigen Voraussetzungen für eine Aufnahme erfüllt sind, können sie in der Regel frei entscheiden, ob sie einen Mitgliedschaftsbewerber aufnehmen wollen.
Ein Aufnahmezwang kann sich ausnahmsweise aus § 20 Abs. 6 GWB, § 20 Abs. 1 GWB, aus § 826 BGB oder aus allgemeinen Erwägungen ergeben.
Nach § 20 Abs. 6 GWB dürfen Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde. Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sind Vereinigungen von Unternehmen, die die wirtschaftlichen und/oder beruflichen Interessen ihrer Mitglieder als wirtschafts- und berufspolitische Vereinigung vertreten. Eine Vereinigung ist keine Wirtschafts- und Berufsvereinigung, soweit sie selbst unternehmerische Funktion wahrnimmt (BGH NJW 1980, 2813 — Taxi-Besitzervereinigung).
Ein Aufnahmezwang kann sich auch aus dem allgemeinen Diskriminierungsverbot des §20 Abs. 1 GWB ergeben. Danach ist es marktbeherrschenden und zur Preisbindung berechtigten Unternehmen sowie bestimmten Vereinigungen verboten, ein Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern oder gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar unterschiedlich zu behandeln.
Beispiel: Die einzige Funktaxizentrale einer Stadt darf nicht zum Schutz ihrer Mitglieder die Aufnahme weiterer Unternehmen ablehnen oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig machen (BGHZ 120, 161, 175).
Die Verweigerung der Aufnahme kann bei einem Monopolverband oder einem Verband mit einer erheblichen wirtschaftlichen oder sozialen Machtstellung eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung i. S. d. § 826 BGB darstellen (BGH NJW 1980, 186).
Ein Aufnahmezwang aus allgemeinen Erwägungen hat zunächst zur Voraussetzung, dass die Vereinigung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich eine überragende Machtstellung innehat und ein wesentliches oder grundlegendes Interesse an dein Erwerb der Mitgliedschaft besteht. Weiterhin darf die Ablehnung der Aufnahme nicht zu einer — im Verhältnis zu bereits aufgenommenen Mitgliedern — sachlich nicht gerechtfertigten ungleichen Behandlung und unbilligen Benachteiligung führen. Ob eine Ungleichbehandlung sachlich nicht gerechtfertigt ist oder eine Benachteiligung unbillig ist, ist durch eine Interessenabwägung im Einzelfall festzustellen.
Beispiel: Der BGH hat aufgrund dieser Voraussetzungen den Anspruch eines Sportvereins auf Aufnahme in einen Zusammenschluss von Sportvereinen bejaht (BGHZ 140, 74).

besteht gem. § 20 VI GWB für Wirtschafts- und Berufsvereinigungen (Verbände) sowie für Gütezeichengemeinschaften, wenn die Ablehnung eines Bewerbers eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde. Der A. unterliegt dem wettbewerbsrechtlichen Sanktionssystem, d. h. die Kartellbehörde kann die Ablehnung untersagen (§ 32 GWB) und der abgelehnte Bewerber kann auf Unterlassung und Schadensersatz klagen, § 33 GWB. In der Rechtsprechung hat der A. vor allem Bedeutung für Dachverbände des Sports.




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