Einkünfte aus selbstständiger Arbeit

gehören zu den Gewinneinkunftsarten (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG, Einkunftsarten).
Das Gesetz enthält in § 18 EStG keine Definition der „selbstständigen Arbeit”, sondern gibt lediglich drei dieser Einkunftsart zuzuordnende Tätigkeitsbereiche an (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Dabei steht nicht der Begriff der Selbstständigkeit, sondern vielmehr die Art der Tätigkeit im Vordergrund, um eine Abgrenzung zu den Betätigungen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG) oder der Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) vornehmen zu können. Zumal die Tatbestandsmerkmale der selbstständigen und nachhaltigen Betätigung, der Gewinnerzielungsabsicht und der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr für die Qualifizierung als Einkünfte ebenfalls erfüllt sein müssen. Praktische Bedeutung für die Abgrenzung ergibt sich für die Gewinnermittlungsmethode sowie das Fehlen der Gewerbesteuerpflicht (§ 2 Abs. 1 GewStG).
Einkünfte aus selbstständiger Arbeit i. S. d. § 18 EStG sind nur
Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit (§ 18
Abs. 1 Nr.1 EStG). Dieser Hauptanwendungsbereich grenzt in verschiedene Richtungen von der gewerblichen Tätigkeit ab. Zum einen den Freiberufler, der nach den allgemeinen Voraussetzungen eine selbstständige wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit ausübt (§ 18 Abs. 1 Nr.1 S. 2 EStG). Andererseits die Angehörigen der Katalogberufe, wie z. B. die Berufstätigkeit der Ärzte, Anwälte, Architekten, Ingenieure, Wirtschaftsprüfer, Journalisten, Dolmetscher und ähnlicher Berufe (§ 18 Abs. 1 Nr.1 S. 2, 2. HS EStG). Ein „ähnlicher Beruf\' liegt vor, wenn seine typischen Merkmale einem der Katalogberufe gleichen. Die Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte ist für die Qualifizierung als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit unerheblich, solange der selbstständig Tätige leitend und eigenverantwortlich tätig wird (BFH BStBl. II 1988, 497; 1990, 64; 1996, 518; 1998, 139). Beim Zusammenschluss mehrerer selbstständig Tätiger in Form einer Personengesellschaft ist die Einordnung in Einkünfte aus selbstständiger Arbeit insgesamt nur möglich, wenn alle Gesellschafter die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 EStG erfüllen (BFH BStBl. II 1993, 324). Gemischte Tätigkeiten natürlicher Personen sind steuerlich unschädlich (z.B. aus Gewerbebetrieb), führen aber zu Abgrenzungsproblemen beim Vorliegen sachlicher und wirtschaftlicher Berührungspunkte zwischen den Tätigkeiten (BFH BStB1.II 1989, 965; 1994, 650; bei gemischter Tätigkeit von Personengesellschaften, vgl. BFH BStB1.II 1995, 171, 718; 1996, 264; 1997, 567; 1998, 254, sog. Abfärbetheorie).
Einkünfte der Einnehmer einer staatlichen Lotterie, wenn sie nicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 EStG).
Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit, z.B. aus Testamentsvollstreckung, Vermögensverwaltung, Aufsichtratstätigkeit oder ehrenamtlicher Tätigkeit in Kommunalvertretungen (BFH BStBl. II 1988, 266). Es muss sich jeweils um eine gelegentlich ausgeübte Tätigkeit handeln.
Abgesehen von den sog. Katalogberufen i. S. d. § 18 EStG selbst führt die steuerlich sachgerechte Einordnung und Abgrenzung der „ähnlichen Berufe” i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, 2. HS EStG in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten:
Anlageberater — BFH BStBl. II 1989, 24; Gewerbetreibender, da die Tätigkeit nicht mit der eines beratenden Betriebswirts vergleichbar ist,
— Architekt — Katalogberuf, — Arzt — Katalogberuf,
Auktionator — BFH BStBl. III 1957, 106; Gewerbebetreibender,
— Beratung von Fußballprofis — BFH BStB1. 111999, 167; Gewerbetreibender,
— Baustatiker — BFH BStB1.II 1976, 380; dem Architekten ähnliche Tätigkeit,
— Diplom-Informatiker — BFH BStB1. II 1983,
677; bei Erstellung von Systemanalysen dem Ingenieur ähnlicher Beruf, BFH BStB1. II 1995, 888; Gewerbebetrieb bei Entwicklung von Software,
— Dolmetscher — Katalogberuf,
— EDV-Berater — BFH BStB1.II 1986, 15; 484; 1993, 324; bei einer dem Ingenieur vergleichbaren
wissenschaftlichen Ausbildung oder vergleichbarer autodidaktischer Kenntniserlangung freiberufliche Tätigkeit,
— Finanz- und Kreditberater — BFH BStB1.II 1988, 666; Gewerbetreibender,
— Fotograf — BFH BStB1.II 1972, 335; 1998, 441; Gewerbetreibender, mit Ausnahme bei künstlerischer Tätigkeit oder Bildberichterstattung,
— Fremdenführer — BFH BStB1.II 1986, 851; Gewerbetreibender,
Hebamme — BFH BStBl. III 1966, 677; den Heilberufen ähnliche Tätigkeit
HeilpraktikerKatalogberuf,
— Ingenieur — Katalogberuf,
— Ingenieur — BFH BStBl. II 2008, 54; Architekt, der schlüsselfertige Gebäude errichten lässt; Gewerbetreibender,
— Journalist — Katalogberuf,
— Kameramann — BFH BStB1. III 1965, 143; BStBl. II 1974, 383; dem Katalogberuf Journalist ähnliche oder künstlerische Tätigkeit,
— Kfz-Sachverständiger — BFH BStBl. II 1981, 118; 1989, 198; 1993, 100; von einem Ingenieur oder von einem Fachmann mit vergleichbarem Ausbildungsstand ausgeübte freiberufliche Tätigkeit,
KrankengymnastKatalogberuf,
— Managementberatung — BFH BStB1.11 1997, 687; gewerbliche Tätigkeit,
Marktforschungsberater — BFH BStB1.II 1989, 212; 1992, 826; gewerbliche Tätigkeit,
— Masseur — BFH BStB1. II 1971, 249; freiberufliche Tätigkeit, da mit dem Krankengymnast vergleichbar,
— Notar — Katalogberuf,
— Rechtsanwalt — Katalogberuf,
Sachverständiger — BFH BSt131. III 1954, 147; BStB1.II 1971, 749; 1996, 518; abhängig von der Vorbildung des Gutachters und vom Gegenstand des Gutachtens,
SteuerberaterKatalogberuf,
— Stundenbuchhalter — BFH BStB1 II 2002, 338 Gewerbetreibender,
— EDV-Systembetreuer — BFH BStB1 II 2007, 781; ohne dem Diplom-Informatiker vergleichbare breite Kenntnisse — Gewerbetreibender,
— Tierarzt — Katalogberuf,
— Tutor — BFH BStBl. II 1978, 387; Sonstige Einkünfte i. S. d. § 22 Nr. 1 b EStG,
— Verkehrsflugzeugführer — BFH BStBl. II 2002, 565 — Gewerbetreibender,
Versicherungsberater — BFH BStBl. II 1998, 139; Gewerbetreibender,
— Wirtschaftsingenieur — BFH BStBl. II 2007, 118; freiberuflich,
Wirtschaftsprüfer — Katalogberuf
Wirtschaftsprüfer — BFH BStBl. II 2007, 266; aus
Wirtschaftsprüfern bestehende GbR als Treuhänderin im Rahmen von Immobilienfonds — gewerblich. Buchführungspflicht besteht für selbstständig Tätige nicht. Der Gewinn wird durch Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ermittelt (Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG).
Mit der Betriebsaufgabe bzw. Betriebsveräußerung endet die freiberufliche Tätigkeit. Der Aufgabebzw. Veräußerungsgewinn gehört zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit (§ 18 Abs. 3 EStG), ebenso die Veräußerung einer selbstständigen Teilpraxis (BFH BStB1.II 1990, 55; 1993, 182; 1994, 352).
Wird der Betrieb kraft eigener freiberuflicher Qualifikation durch einen Gesamtrechtsnachfolger fortgeführt, liegt wie beim Erblasser eine freiberufliche Tätigkeit vor. Bedient sich der Gesamtrechtsnachfolger zur Betriebsfortführung dagegen eines ausreichend vorgebildeten Angestellten, besitzt er selbst aber nicht die notwendigen Qualifikationen, so erzielt er Einkünfte aus Gewerbebetrieb (BFH BStBl. II 1981, 665; 1994, 992).
Bei Verpachtung der freiberuflichen Praxis durch den Erben liegt grundsätzlich eine Betriebsaufgabe i. S. d. § 18 Abs. 3 EStG vor, anschließend stellen die Pachteinnahmen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dar.
Nachträgliche Einkünfte aus einer früheren freiberuflichen Tätigkeit sind als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit einzuordnen (§ 24 Nr. 2 EStG, z. B. bei Bilderveräußerungen aus dem Nachlass eines vor seinem Tode freiberuflich tätigen Kunstmalers, BFH BStB1.II 1993, 716).




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