Europäisches Arbeitsrecht

Im Arbeitsrecht :

. 1. 1. Bereits im Okt. 1972 hatte der Pariser EG-Gipfel beschlossen, dass aus der Wirtschaftsunion auch eine Sozialunion werden müsse. Arbeits- und sozialrechtliche Regelungen haben zunächst nur einen begrenzten Raum eingenommen. Im Jahre 1985 hatte die Kommission ein “Weissbuch Binnenmarkt” vorgelegt, das 280 Massnahmen enthält, den Binnenmarkt zu fördern. Unter Bezugnahme auf dieses Weissbuch wurde der EWG-Vertrag durch die einheitliche europäische Akte vom 17./28. 2. 1986 (BGBl. II 1104) in Kraft seit 1. 7. 1987 geändert. Das EG-Recht gilt auch in den neuen Bundesländern (VO v. 18. 12. 1990- BGB1 I 2915; vgl. Rausching-Hach EuZW 90, 344). Die EEA hat drei neue Ansätze mit Bezug zum Arbeitsrecht und Arbeitsschutz eingeführt (2-5).
2. Nach Art. 100a EWG-Vertrag können mit qualifizierter Mehrheit Richtlinien ergehen, die Hersteller, Importeure und Händler verpflichten, bei Arbeitsgeräten sicherheitstechnische Normen einzuhalten und Zulassungsprüfungen vorzunehmen. Der Arbeitsschutz wird mithin bereits dahin verwirklicht, dass die Geräte sicherheitstechnischen Voraussetzungen genügen müssen. Die Richtlinien bedürfen der Umsetzung in Deutsches Recht; nach Art. 100a II EWG-Vertrag werden durch die Bestimmungen die Rechte und Interessen der AN nicht berührt. Es herrscht aber weitgehend Übereinstimmung, dass die Produkte sicherheitstechnischen Bestimmungen genügen müssen, auch wenn sie zum Schutz der AN dienen. Lit.: Wlotzke RdA 92, 85.
3. Nach Art. 100a EWG-Vertrag können Binnenmarktrichtlinien auf dem Gebiet der gefährlichen Arbeitsstoffe ergehen. Auch insoweit sind zahlreiche Richtlinien erlassen, die durch die auf das Chemikaliengesetz gestützte -s GefahrstoffVO umgesetzt werden.
4. Nach Art. 118a EWG-Vertrag können mit qualifizierter Mehrheit Richtlinien mit arbeitsschutzrechtlichem Inhalt erlassen werden. Hierzu gehören Richtlinien über die Arbeitsschutzpflichten von AG und AN, über die Organisation des Arbeitsschutzes in den Betrieben sowie die Benutzung von Maschinen, Geräten u. persönlichen Schutzausrüstungen. Bis zum Erlass der EEA sind mehrere Richtlinien ergangen, die detaillierte technische Regelungen enthielten. Nach Erlass der EEA werden nur noch die Grundlagen in Richtlinien geregelt. Die Einzelgrundsätze werden in europäischen Normen niedergelegt, die von Cen u. Cenelec, den europäischen Zusammenschlüssen der nationalen Normeninstitute erarbeitet werden. Diese
.iien müssen in nationales Recht umgesetzt werden. Dies geschieht im Zusammenhang mit Regelungen des Gerätesicherheitsgesetzes.
5. Nach Art. 118a EWG-Vertrag ist eine Rahmenrichtlinie zum Arbeitsschutz v. 12. 6. 89 erlassen, die durch weitere Einzelrichtlinien näher ausgestaltet werden soll. Die Richtlinien enthalten Mindestvorschriften; die Mitgliedstaaten\' können verschärfte Bestimmungen einführen (§ 118a III EWG-Vertrag).
6. Die Richtlinien der EG bedürfen der Umsetzung in nationales Recht. Kommt der Gesetzgeber dieser Verpflichtung nicht nach, können sich für die Bürger Schadensersatzansprüche ergeben (EuGH NJW 92, 165).
II. Auch das materielle Arbeitsrecht wird durch den EG-Binnenmarkt beeinflusst.
1. Nach Art. 48 EWG-Vertrag ist die Freizügigkeit der AN herzustellen. Insoweit ist die VO Nr. 1612/68 über die Freizügigkeit der
AN innerhalb der Gemeinschaft v. 15. 10. 68 (ABI. Nr. L 257/2 ber. Nr. L 295/12) m. spät. Änd. ergangen. Lit.: Ried, ZTR 88, 69; Gesser EuZW 91, 435.
2. Auf der Grundlage von Art. 100. 235 sind Richtlinien zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen ergangen. Diese haben zur Änderung der §§ 611ff BGB geführt (Frauenarbeitsschutz). Lit.: Dieball ArbuR 91, 166.
3. Ebenfalls auf der Grundlage von Art. 100, 235 ist die Richtlinie Nr. 77/187/EWG des Rates v. 14. 2. 77 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der AN beim Übergang von Unternehmen, Betrieben u. Betriebsteilen (ABI. Nr. L 61 S. 26) erlassen. Sie hat zur Anpassung von § 613a BGB geführt (Betriebsnachfolge). Zu Planungen Coen EuroAS 93 Nr. 1.
4. Weitere Richtlinien von 1975 u. 1980 bedingten die Änderung der Vorschriften über die Massenentlassung; dagegen bedurfte es keiner Anpassung des BetrAVG, da dies bereits den Mindestvoraussetzungen bei Insolvenz des AG genügte (Ruhegeld).
5. Es bestehen Planungen für europäische Mitbestimmungsrechte (Blank ArbuR 93, 229; Pipkorn RdA 92, 120; Wissmann RdA 92, 320), Betriebsräte (Kolvenbach DB 91, 805; Klinkhämmer EuroAS 93 Nr. 1; Nagel ArbuR 91, 161; Schuster PersF 93, 662; Wienke PersF 93, 664; Weiss ZRP 92, 422) und europäische Tarifverträge (Däubler EuZW 92, 329; Coen BB 92, 2068).
6. Nach der Änderung des EWG-Vertrages durch die EEA stehen für arbeitsrechtliche Regelungen zur Verfügung: (1) Art. 118 Zusammenarbeit in sozialen Fragen, (2) Art. 118a Verbesserung der Arbeitsumwelt, (3) Art. 118b Dialog zwischen den Sozialpartnern. Dies ist keine geeignete Rechtsgrundlage für den europäischen Tarifvertrag, (4) Art. 119 Lohngleichheit (Frauenarbeitsschutz). Lit.: Birk NZA 89, 329; RdA 92, 68; Däubler NZA 92, 577; Heinze ZfA
92, 331; ders. RdA 94, 1; Hilf/Willms JuS 92, 368; Lörcher ArbuR
93, 207; Wissmann ArbRd Gegenwart 1993, 127; Wlotzke NZA 90, 417; Zachert ArbuR 89, 161.
7. Zu Bezeichnungsfragen: Europareport Heft 2/1994 = NJW 94 Heft 4, XLI.




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