Hausmannrechtsprechung

betrifft Unterhaltskonstellationen, bei denen der Unterhaltsschuldner in einer
neuen Partnerschaft die Haushaltsführung übernimmt, um sich dadurch seiner Unterhaltspflicht zu entziehen. Unterhaltsansprüche setzen die Leistungsfähigkeit des in Anspruch genommenen Unterhaltsschuldners voraus. Dies gilt allgemein sowohl für Ehegattenunterhalt als auch Verwandtenunterhalt. Der Unterhaltsschuldner vollzieht (eventuell sogar bedingt durch die Unterhaltspflicht) mitunter in einer späteren neuen Beziehung einen Rollenwechsel, d. h., er geht nicht mehr seinem Erwerb nach, sondern übernimmt in der neuen Partnerschaft die Haushaltsführung und die Betreuung der Kinder. Dies hat natürlich Auswirkungen auf seine Leistungsfähigkeit und damit den Unterhaltsanspruch des früheren Partners bzw. seines Kindes, weil er nunmehr keine Einkünfte mehr erzielt. Der Bundesgerichtshof hat eine sog. Hausmannrechtsprechung entwickelt, mit der einem derartigen Sachverhalt typisierend Rechnung getragen werden soll. Selbstverständlich kann „Hausmann” in diesem Sinne auch eine Frau sein, die erstehelichen Kindern oder ihrem früheren Ehemann unterhaltspflichtig ist und in der zweiten Partnerschaft die Hausfrauenrolle übernimmt.
Grundsätzlich darf ein solcher Rollenwechsel (Übernahme der Haushaltsführung in der neuen Partnerschaft) nicht zum Wegfall oder zur Reduzierung des Unterhaltsanspruchs führen. Dem Unterhaltspflichtigen ist die Berufung auf seine Leistungsunfähigkeit nach Treu und Glauben zu versagen, wenn er gegen seine Erwerbsobliegenheit zum Nachteil unterhaltsberechtigter Personen verstößt. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Unterhaltsschuldner zumutbare Arbeitsleistungen unterlässt. Ihn trifft die Obliegenheit, im Interesse des Unterhaltsgläubigers seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen. Kommt er dem nicht nach, so muss er sich die Einkünfte anrechnen lassen, die er bei gutem Willen durch zumutbare Erwerbstätigkeit erzielen könnte (sog. fiktives Einkommen).
Auszugehen ist davon, dass ein unterhaltspflichtiger Ehegatte seiner früheren Familie auch nach Eingehung einer neuen Ehe unterhaltspflichtig bleibt (vgl. auch § 1609 BGB).. Insbesondere dann, wenn er vorher durch seine Erwerbstätigkeit für den finanziellen Familienunterhalt gesorgt hat, ist von ihm bei einer Umstellung seiner beruflichen Tätigkeit eine besondere Rücksichtnahme auf die Belange der von ihm abhängigen Unterhaltsberechtigten zu fordern.
Der unterhaltsrechtliche Gleichrang (§ 1609 Nr. 1 BGB) der Kinder aus erster und zweiter Ehe verwehrt es dem unterhaltspflichtigen Ehegatten, sich nach Eingehung der neuen Ehe ohne weiteres auf die Sorge für die Mitglieder seiner neuen Familie zu beschränken. Der neue Ehepartner hat die Erfüllung dieser Obliegenheit nach dem Rechtsgedanken des § 1356 Abs. 2 BGB zu ermöglichen, zumal bei der Aufgabenverteilung in der neuen Ehe die beiderseits bekannte Unterhaltslast gegenüber Kindern aus früheren Ehen berücksichtigt werden muss.
Allerdings sind Ausnahmen von diesen Grundsätzen möglich.
Die Rollenwahl muss — unter Abwägung der beiderseitigen Interessen im Einzelfall — dann hingenommen werden, wenn sich der Familienunterhalt in der neuen Ehe dadurch, dass der andere Ehegatte voll erwerbstätig ist, wesentlich günstiger gestaltet als es der Fall wäre, wenn dieser die Kindesbetreuung übernehmen würde und der unterhaltsverpflichtete Elternteil voll erwerbstätig wäre. Der Unterhaltspflichtige hat in dieser Situation aber zumindest zumutbare Vorsorgemaßnahmen zur Sicherstellung des Unterhalts des Berechtigten zu treffen.
Der frühere Ernährer der Familie darf sich daher selbst bei derartigen Verhältnissen nicht auf die Hausmannstätigkeit zurückziehen, wenn eine Betreuung der Kinder anderweitig möglich ist. Die Kosten der Kinderbetreuung müssen dann allerdings (anteilig mit dem anderen Elternteil) von den erzielbaren Einkünften abgezogen werden.
Neuerdings sind diese Grundsätze auch dann heranzuziehen, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil nicht wieder verheiratet ist, sondern in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit einem neuen Partner zusammenlebt und ein aus dieser Beziehung stammendes Kind betreut.
Zwar wird mitunter für den Fall einer gegenüber ihren minderjährigen Kindern aus erster Ehe barunterhaltspflichtigen Mutter, die ein von ihrem neuen Partner stammendes nichteheliches Kind betreut und deshalb keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, die Auffassung vertreten, eine entsprechende Anwendung der Hausmannrechtsprechung komme nicht in Betracht, weil der Lebensgefährte angesichts der rechtlichen Unverbindlichkeit einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht verpflichtet sei, auf die finanziellen Belange seiner Partnerin Rücksicht zu nehmen, um dieser die Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu ermöglichen.
Die rechtliche Unverbindlichkeit einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft steht jedoch der Heranziehung der Hausmannrechtsprechung nicht mehr entgegen. Sie entspricht nicht der durch die Kindschaftsrechtsreform veränderten Rechtsstellung nichtehelicher Eltern, durch die nicht nur die beiderseitigen Rechte verstärkt, sondern auch Pflichten begründet worden sind. Dieses Ergebnis gilt unabhängig davon, ob im Einzelfall Sorgeerklärungen nach § 1626 Abs. 1 Nr. 1 BGB abgegeben worden sind. Denn die tatsächliche Situation in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebender Eltern wird davon in der Regel nicht berührt, sodass eine unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt ist.




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