Pfändungsschutzvorschriften

Im Arbeitsrecht :

(PfSchV) wird die Summe der Vorschriften genannt, die dazu dienen sollen, eine Kahlpfändung zu vermeiden. Im Arbeitsrecht haben besondere Bedeutung die PfSchV bei der Lohnpfändung. 1. Objekt der Lohnpfändungssicherung ist die Forderung auf in Geld zahlbarer Arbeitsvergütung (§ 850 1 ZPO); Arbeitseinkommen i. S. v. § 850 1 ZPO sind ohne Rücksicht auf die Bemessung u. Berechnungsart (§ 850 IV ZPO) alle in Geld zahlbaren Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis (Voll-, Teil-zeit-, Nebenarbverh.), die als Gegenleistung für die Arbeitsleistung erbracht werden, also Gehälter, Zeit- u. Akkordlöhne, Provisionen (AP 3 zu § 850 ZPO), Gewinnanteile, Prämien, Gratifikationen, Übergangsgelder (AP 4 zu § 850e ZPO = NZA 93, 23), Ruhegelder usw. Ferner zählen hierzu Ansprüche auf Krankenvergütung u. bei Annahmeverzug, nicht jedoch Schadensersatzansprü- che o. Abfindungen nach §§ 9, 10 KSchG (Kündigungsschutzklage; AP 1 zu § 850 ZPO = NJW 80, 800) oder §§ 112, 113 BetrVG (AP 13 zu § 850 ZPO = NJW 92, 1646). Zum Anspruch bei Gefangenen BVerfG NJW 82, 1583. Dem Arbeitseinkommen gleichgestellt sind Karenzentschädigungen bei Wettbewerbsverboten o. Renten, die aufgrund von Versicherungsverträgen gewährt werden, wenn diese Verträge zur Versorgung des Versicherungsnehmers o. seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen eingegangen sind (§ 850 III ZPO). Nicht nach § 850 ZPO geschützt sind Ansprüche auf Naturalbezüge; diese sind i. d. R. nach § 851 ZPO, § 399 BGB unpfändbar, da deren Leistung an einen anderen als den AN zur Veränderung ihres Inhalts führen würde. 2. Grenzen des Pfdndungsschutzes: Es sind drei Gruppen von pfändungsgeschützten Vergütungsansprüchen zu unterscheiden: a) Absolut unpfändbar sind die in § 850a ZPO genannten Bezüge. Hierzu zählen u. a. die Hälfte der für die Leistung von Mehrarbeitsstunden (Grundverg. u. Zuschläge) gezahlten Teile des Arbeitseinkommens; Aufwandsentschädigungen, Auslösungen (AP 4 zu § 850d ZPO), Kilometergelder, übliche Tage- u. Übernachtungsgelder (AP 4 zu § 850a ZPO) usw., die für die Dauer des Urlaubes über die Urlaubsvergütung hinaus gewährten Urlaubsgelder [die Urlaubsvergütung war nach h. Rspr. unpfändbar (Urlaub); dies ist nach der neuen Url.-Rspr. nicht mehr vertretbar; schon bisl. konnte das Url.Entg. vom Pf. u. üBeschl. erfasst sein, AP 5 zu § 850 ZPO], sowie Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses, sofern sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen; Weihnachtsgratifikationen bis zur Hälfte des Monatseinkommens, höchstens jedoch bis 540 DM usw. b) Bedingt pfändbare Bezüge sind die in § 850b ZPO genannten. Hierzu zählen u. a. Unterhaltsrenten, Bezüge aus Witwen-, Waisen- u. Hilfs- u. Krankenkassen, die ausschliesslich o. zu einem wesentl. Teil zu Unterstützungszwecken gewährt werden usw. Bezüge aus der Sozialversicherung sind nach §§ 54, 55, SGB I geschützt. Ansprüche auf einmalige Geldleistungen können nur gepfändet werden, soweit dies nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Einkommens- u. Vermögensverhältnissen des Leistungsberechtigten, der Art des beizutreibenden Anspruches sowie der Höhe und der Zweckbestimmung der Geldleistung, der Billigkeit entspricht (§ 54 II SGB I). Ansprüche auflaufende Geldleistungen können wie Arbeitseinkommen gepfändet werden wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche u. wegen der anderen Ansprüche nur, wenn die Voraussetzungen der Pfändungen von Einmalleistungen vorliegen u. der Leistungsberechtigte dadurch nicht hilfsbedürftig i. S. des BSHG wird (David NJW 91, 2615). Zur Kontenpfändung § 55 SGB I (Schreiber NJW 77, 279; Mayer BB 77, 655). Der Gläubiger hat die Voraussetzungen der Pfändbarkeit der Sozialversicherungsleistungen darzulegen; bevor der Antrag zurückgewiesen wird, ist der Schuldner zu hören. Die bedingt pfändbar. Bezüge können wie Arbeitseinkommen gepfändet werden, wenn die Vollstreckung in das sonstige bewegl. Vermögen des Schuldners zu einer vollständigen Befriedigung nicht führt o. geführt hat u. nach den Umständen des Falles (Art der Forderung u. der Höhe der Bezüge) die Pfändung der Billigkeit entspricht (§ 850b II ZPO). Das Vollstreckungsgericht (Amtsgericht) hat hierüber zu befinden. c) Relativ pfändbare Bezüge sind das Arbeitseinkommen im übrigen. Dies ist für einen Schuldner ohne Unterhaltspflichten unpfändbar bis 1209 DM monatl., 279 DM wöchentl., 55,80 DM täglich; für einen Schuldner mit Unterhaltspflichtigen erhöht sich die Unpfändbarkeit für die 1. Person, der Unterhalt zu gewähren ist, um 468 DM monatl., 108 DM wöchentl., 21,60 DM tägl. u. für jede weitere Person um 351 DM monatl., 81 DM wöchentl., 16,20 DM tägl. bis zum Maximalbetrag von 3081 DM monatl., 711 DM wöchentl., 142,20 DM tägl. Übersteigt das Arbeitseinkommen diese Beträge, bleibt aber unter 3796 DM monatl., 876 DM wöchentl., 175,20 DM tägl., ist die Unpfändbarkeit aus einer dem Gesetz beigefügten Anlage zu entnehmen (dtv-ZPO). Der darüber hinausgehende Einkommensbetrag ist schlechthin pfändbar (§ 850c III ZPO). Es sind nur die kraft Gesetzes unterhaltsberechtigten Personen zu berücksichtigen (AP 8 zu § 850c ZPO = DB 87, 794). Bei der Feststellung der dem Schuldner obliegenden Unterhaltspflichten wird sich der Drittschuldner bis zur anderweitigen Darlegung auf die Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte verlassen können. Nicht unterhaltsberechtigt ist die Lebensgefährtin (LG NJW 84, 374). Der AG kann eine Ehefrau mit eigenem Einkommen bei den Unterhaltsberechtigten dann mitzählen, wenn ihre Einnahmen nicht zur Vermögensbildung ausreichen, sondern lediglich einen Beitrag zum Familieneinkommen darstellen (AP 3 zu § 850c ZPO; a. A. AP 4 = DB 83, 1263). Jedoch kann das Vollstreckungsgericht (Amtsgericht) auf Antrag des Gläubigers nach billigem Ermessen bestimmen, dass eine unterhaltsberechtigte Person mit eigenen Einkünften bei der Berechnung des unpfändbaren Teils ganz o. teilweise unberücksichtigt bleibt (§ 850c III ZPO). Ein derartiger Beschluss wirkt nur zugunsten des ihn erwirkenden Gläubigers (AP 6 = DB 84, 2466). Endet das Arbeitsverhältnis im Laufe des Monats (Woche), so ist bei der Berechnung des pfändungsfreien Betrages vom bisherigen Lohnzahlungszeitraum auszugehen u. fiktiv aus der bisherigen Arbeitsvergütung der Monats-(Wochen-)Verdienst zu errechnen; alsdann ist der pfändungsfreie Betrag zu bestimmen u. anteilmässig auf die gearbeiteten Tage zu verteilen. 3. Bei der Berechnung der pfändungsfreien Beträge sind zunächst vom Bruttoarbeitseinkommen die Steuern u. Sozialabgaben (auch die für freiwillige Weiterversicherung o. private Krankenversicherung) sowie die absolut u. bedingt unpfändbaren Bezüge abzuziehen. Ausser Betracht bleiben nicht vom AG eingehaltene Steuern, die der AN z.B. ins Ausland abführen muss (AP 1 zu § 850e ZPO = NJW 86, 2208). Dem so ermittelten Nettoeinkommen sind die Naturalbezüge mit ihrem Sachbezugswert (§ 17 SGB IV, SachbezV i. d. F. v. 18. 12. 1984 (BGBl. I 1642, 1643) zul. geänd. 10. 12. 1993 (BGBl. I 2171) hinzuzurechnen. Alsdann sind die Pfändungsfreigrenzen zu ermitteln. Bei Bezügen aus mehreren Quellen erfolgt Zusammenrechnung durch das Amtsgericht (§ 850e ZPO). Zusammengerechnet werden auch Bezüge aus der Sozialversicherung (Lohnpfändung) u. Arbeitseinkommen, soweit dies nach den Umständen des Falles, insbes. nach den Einkommens- u. Vermögensverhältnissen, der Art des beizutreibenden Anspruchs sowie der Höhe u. Zweckbestimmung der Geldleistung der Billigkeit entspricht (§ 850e Nr. 2a ZPO). 4. Eine vollständige Verschiebung der Freigrenze und die Pfändbarkeit von Mehrarbeitsvergütung, Urlaubsgeld u. -Gratifikationen tritt ein, wenn die Lohnpfändung für privilegierte Unterhaltsgläubiger i. S. v. § 850d ZPO erfolgt (Liese DB 90, 2065). Hierzu gehören Verwandte, Ehegatten, frühere Ehegatten, unehel. Kinder, die Mutter eines unehelichen Kindes. In diesen Fällen ist dem Schuldner nur so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt u. zur Erfüllung seiner lfden. gesetzl. Unterhaltspflichten bedarf Für die einzelnen bevorrechtigten Gläubiger gilt ein Rangverhältnis (§ 850 d III ZPO). Trifft eine Pfändung nach § 850d ZPO mit der Pfändung eines nicht bevorrechtigten Gläubigers zusammen, so ist nach § 850e Nr. 4 ZPO zu verfahren. 5. Ist die Arbeitsvergütung des AN auf ein Bankkonto überwiesen, so kann durch den Gläubiger das Bankkonto gepfändet u. zur Einziehung überwiesen werden. Nach § 835 III 2 ZPO darf ein Geldinstitut (zum Bankenschutz Rutke ZIP 84, 538) gepfändetes Guthaben (nach dem Wortlaut also nicht nur Arbeitsvergütung) einer natürlichen Person dem Gläubiger erst 2 Wochen nach der Zustellung des PfuüBeschl. leisten o. hinterlegen. Der AN kann unterdes nach § 850k ZPO vorgehen. a) Der AN kann, wenn wiederkehrende Einkünfte nach § 850 bis § 850 b ZPO auf dem Konto gepfändet worden sind, bei dem Vollstrekkungsgericht beantragen, dass die Pfändung insoweit aufgehoben wird, wie das Guthaben dem der Pfändung nicht unterworfene Teil der Einkünfte für die Zeit von der Pfändung bis zu dem nächsten Zahlungstermin (Soll-Gutschriftstag, da Schuldner bis zum nächsten Geldeingang über Wasser gehalten werden soll), entspricht. b) Der AN kann nach § 850k II ZPO beantragen, dass die Pfändung des Guthabens für den Teil vorab aufgehoben wird, dessen er bis zum nächsten Zahlungstermin dringend bedarf, um seinen notwendigen unternalt zu bestreiten und seine laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber den dem Gläubiger vorgehenden Berechtigten zu erfüllen o. die dem Gläubiger gleichstehenden Unterhaltsberechtigten gleichmässig zu befriedigen. Der vorab freigegebene Teil darf den Betrag nicht übersteigen, der dem Schuldner voraussichtlich nach § 850k I ZPO belassen wird. Der Schuldner hat die Voraussetzungen glaubhaft zu machen; da schnell entschieden werden muss, kann ohne Anhörung des Gläubigers entschieden werden. c) Der Schuldner kann schliesslich nach § 850k III, 732 II ZPO einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragen. 6. Ist die Arbeitsvergütung dem AN bereits ausgezahlt, so wird er nach § 811 Nr. 8 ZPO geschützt. Der Gerichtsvollzieher hat ihm einen Geldbetrag zu belassen, der dem der Pfändung nicht unterworfene Teil der Einkünfte für die Zeit von der Pfändung bis zu dem nächsten Zahlungstermin entspricht.




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