Wissenschaftsfreiheit

Freiheit von Lehre und Forschung. In Art. 5 Abs. 3 GG garantiertes Grundrecht, das einerseits eine Garantie der Einrichtung wissenschaftlicher Hochschulen mit Anspruch auf Selbstverwaltung und Sicherung ihrer Arbeit durch den Staat beinhaltet und andererseits dem einzelnen Wissenschaftler ein subjektives Recht auf Nichteinmischung des Staates in seine wissenschaftliche Tätigkeit gibt. Es tritt neben die ohnehin gewährleistete Meinungsfreiheit.

wird vom Grundgesetz umfassend garantiert: Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung (Art. 5 III). Diese Bestimmung hat einen objektiven und einen subjektiven Rechtsgehalt. Sie ist einerseits Grundsatznorm, die das Verhältnis von Wissenschaft, Forschung und Lehre zum Staate konstituiert. Zugleich gewährleistet sie den wissenschaftlich Tätigen ein individuelles Freiheitsgrundrecht.
Im Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit ist - wie bei der Kunstfreiheit - der einzelne Grundrechtsträger abgeschirmt gegen jede Einwirkung der Staatsgewalt. Zur .Wissenschaft1 gehören insbesondere die eigengesetzlichen geistigen Prozesse des Auffindens von Erkenntnissen samt ihrer Interpretation und Publikation. Forschung und Lehre als Gewinnung und Weitergabe wissenschaftlicher Einsichten sollen sich nach dem Willen des GG ungehindert von staatlicher Einflussnahme entfalten können. Der Wissenschaftler ist folglich frei in seinem Bemühen um Wahrheit als "etwas noch nicht ganz Gefundenes und nie ganz Aufzufindendes" (W. v. Humboldt).
Indessen steht die herkömmliche Vorstellung des Forschens in "Einsamkeit und Freiheit" - infolge grundlegender Wandlungen namentlich der Naturwissenschaften zu grossbetrieblichen, arbeitsteiligen und finanzaufwendigen Erkenntnisprozessen - nur noch bedingt in Einklang mit dem heutigen Wissenschaftsbetrieb. Doch hat auch in diesen Bereichen der Forscher ein Freiheitsrecht darauf, dass ihm weder Ziele noch Methoden durch wissenschaftsfremde Instanzen vorgeschrieben werden. Frei von solcher Bevormundung ist auch die .Lehre1. Unbeschadet der Schwierigkeiten in der modernen Massenuniversität umfasst die akademische Lehre, die mit wissenschaftlicher Forschung untrennbar verbunden ist, vor allem die undoktrinäre Darlegung des Erforschten, die Offenheit für kritische Einwände sowie die Anleitung der Studierenden zu selbständigem methodischem Arbeiten.
Als objektive Verfassungsentscheidung bedeutet Wissenschaftsfreiheit - ausser dem Verbot staatlicher Eingriffe in den grundrechtlich geschützten Bereich von Forschung und Lehre - die positive Verpflichtung des Staates, schützend und fördernd die Idee einer freien Wissenschaft verwirklichen zu helfen. In dem mit öffentlichen Mitteln finanzierten universitären Wissenschaftsbetrieb hat der Staat z.B. durch organisatorische Massnahmen dafür zu sorgen, dass die individuelle Freiheit des Wissenschaftlers unangetastet bleibt, soweit dies unter Berücksichtigung der Grundrechte anderer und sonstiger legitimer Aufgaben der Wissenschaftseinrichtungen möglich ist.
Hierzu gehört auch der Schutz der akademischen Selbstverwaltung. Fakultäten und Universitäten können als Grundrechtsträger die Wissenschaftsfreiheit notfalls einklagen. Indessen sind die wissenschaftlichen Hochschulen nicht in ihrer überkommenen Struktur vom Grundgesetz garantiert. Daher ist der Gesetzgeber z.B. befugt, sich für die Organisationsform der sog. Gruppenuniversität zu entscheiden, sofern er nur die verfassungsmässige Wissenschaftsfreiheit respektiert.
Dass die Freiheit der Lehre nicht von der Verfassungstreue entbindet, versteht sich von selbst. Ebenso selbstverständlich ist das Recht des akademischen Lehrers zu wissenschaftlicher Kritik an der Verfassungsentwicklung und der Verfassungspolitik.

(Art. 5 III GG) ist die Freiheit der wissenschaftlichen Tätigkeit. Dieses Grundrecht verbietet es, die Tätigkeit des einzelnen Wissenschaftlers zu verhindern (z. B. durch willkürliches Verbot mit der Beschäftigung von Fremdsprachen oder gar der Benutzung einzelner Wörter) oder zu erschweren (z. B. durch Entzug zustehender Geldmittel und Sachmittel, durch Entzug zugesagter und vorhandener Planstellen zugunsten von Schmierern, Betrügern und Hochstaplern, Mobbing bestqualifizierter Mitarbeiter). Daneben gewährt es den wissenschaftlichen Hochschulen ein Recht auf Selbstverwaltung und einen Anspruch auf Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit durch den Staat. Lit.: Sterzel, D., Die Wissenschaftsfreiheit des ange- stellten Forschers, 2000; Schwander, V., Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit, 2002 (Schweiz)

Schutz der Wissenschaft, Forschung und Lehre vor staatlichen Eingriffen (Art. 5 Abs. 3 S. 1, 2. Fall GG). Dabei handelt es sich nicht um drei selbstständige Gewährleistungen. Die Wissenschaft ist vielmehr Oberbegriff für die Forschung und Lehre („Wissenschaftliche Forschung und wissenschaftliche Lehre sind frei”).
Wissenschaft ist „alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter Versuch zur Ermittlung der Wahrheit” angesehen werden kann (BVerfGE 35, 79). Die Lehre ist dann die korrekte Übermittlung der durch die wissenschaftliche Forschung hervorgebrachten Ergebnisse. Durch die Wissenschaftsfreiheit werden neben den Hochschullehrern, Assistenten, wissenschaftlichen Mitarbeitern und Studenten an öffentlichen und privaten Forschungseinrichtungen auch die Universitäten geschützt. Obwohl die Universitäten juristische Personen des öffentlichen Rechts sind, sind sie im Hinblick auf Art. 5 Abs. 3 S. 1, 2. Fall GG grundrechtsfähig (Grundrechtsfähigkeit), da sie unmittelbar dem durch die Wissenschaftsfreiheit geschützten Lebensbereich zuzuordnen sind.
Neben der Funktion als subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Einwirkungen auf den Prozess der Gewinnung und Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse wird der Staat durch Art. 5 Abs. 3 S. 1, 2. Fall GG zu bestimmten Maßnahmen verpflichtet. Beim Betrieb wissenschaftlicher Einrichtungen muss der Staat organisatorische Regelungen treffen, damit die Freiheit der Wissenschaft so weit wie möglich unangetastet bleibt. Daneben muss der Staat die personellen, organisatorischen und finanziellen Mittel bereitstellen, damit Forschung und Lehre überhaupt möglich werden.
Die Freiheit der Wissenschaft wird vorbehaltlos gewährleistet. Insb. unterliegt die Wissenschaftsfreiheit nicht den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG. Ein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit kann nur durch die verfassungsimmanenten Schranken (Grundrechtsschranken) gerechtfertigt sein. Für die Lehre wird die immanente Schranke durch Art. 5 Abs. 3 S. 2 GG insoweit konkretisiert, dass die Freiheit der Lehre nicht von der Treue zur Verfassung entbindet. Dabei handelt es sich um eine sachliche Schutzbereichsbegrenzung (Grundrechte).

Die Freiheit der Kunst und der Wissenschaft, der Forschung und der Lehre (Kunst, Freiheit der; Lehrfreiheit) ist in Art. 5 III GG als institutionelle Garantie gewährleistet. Wissenschaft und Forschung sind Tätigkeiten, die der Erkenntnis dienen, d. h. ernsthafte und planmäßige Versuche zur Ermittlung der Wahrheit. Lehre ist die korrekte Übermittlung der gewonnenen Ergebnisse. Für den Einzelnen ergibt sich die Freiheit zu wissenschaftlicher Betätigung und Äußerung auch bereits aus dem Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 I GG). Das GG erwähnt daneben noch besonders die Freiheit der Forschung sowie der der Lehre. Bezüglich der Freiheit der Lehre bestimmt Art. 5 III 2, dass sie nicht von der Treue zur Verfassung entbindet. Diese Treuepflicht zur Verfassung gilt, wenn auch nicht ausdrücklich erwähnt, ebenso für Wissenschaft und Forschung. Darüber hinaus wird z. T. für Wissenschaft, Forschung und Lehre eine Bindung an die allgemeinen Gesetze angenommen, wie sie auch für die Meinungsfreiheit besteht (vgl. auch BVerfGE 15, 256; BVerwGE 1, 303). Eingehend zu organisatorischen Fragen der F. d. W. das Hochschulurteil des BVerfG v. 29. 5. 1973 (NJW 1973, 1176).




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