Vergewaltigung

1997 wurde durch ein Änderungsgesetz der Tatbestand der Vergewaltigung neu gefasst, und zwar hinsichtlich der sexuellen Nötigung und der Erzwingung des ehelichen Beischlafs. Während dies früher nicht als Vergewaltigung galt — nur die Erzwingung des außerehelichen Beischlafs galt als Vergewaltigung — und die sexuelle Nötigung in einem eigenständigen Paragraphen abgehandelt wurde, ist heute auch die Vergewaltigung in der Ehe strafbar und die sexuelle Nötigung wurde zu einem Tatbestand mit der Vergewaltigung zusammengefasst. Außerdem formulierte man den Tatbestand geschlechtsneutral, d. h., dass auch ein Mann Tatopfer sein kann.

Nach dem neuen Gesetz wird die Nötigung zur Duldung oder Vornahme sexueller Handlungen mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. In minderschweren Fällen lautet die Strafe auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in besonders schweren Fällen nicht unter zwei Jahren.
Ein besonders schwerer Fall liegt dann vor, wenn der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht — Vergewaltigung — oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt, die dieses besonders erniedrigen; wenn die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird oder wenn der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder es durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
Verursacht der Täter durch die Tat leichtfertig den Tod des Opfers, so beträgt die Strafe nicht unter fünf Jahren Freiheitsentzug.
Gegenüber der vormaligen Regelung wird im neuen Gesetz auch die Tatsituation stärker berücksichtigt als früher. Heute sind nicht nur solche Fälle strafbar, in denen der Täter Gewalt anwendet oder das Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben bedroht ist, sondern auch die Fälle, in denen der Täter eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist. Darunter fallen die zahlreichen Straftaten, in denen eine Gewaltanwendung bzw. das Vorliegen einer Drohung manchmal bezweifelt wurde, etwa wenn ein Opfer aus Angst vor einer möglichen Gewaltanwendung des Täters sexuelle Handlungen über sich ergehen lässt oder wenn es angesichts der körperlichen Überlegenheit des Täters eine Verteidigung für aussichtslos hält und daher die Tat über sich ergehen lässt.
Vergewaltigung in der Ehe
Durch die Streichung des Begriffes außerehelich wird die Neufassung des Gesetzes auch auf Vergewaltigung und sexuelle Nötigung in der Ehe erstreckt. Das Opfer kann der von Amts wegen erfolgenden Strafverfolgung des Ehepartners nicht widersprechen. Eine so genannte Widerspruchsklausel, nach der dem Opfer ein zeitlich begrenztes Widerspruchsrecht eingeräumt werden sollte, wurde nicht eingeführt. Wenn also die Staatsanwaltschaft Kenntnis von der sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung des Opfers durch den Ehepartner erlangt, kann dieses allenfalls die weitere Strafverfolgung des Ehegatten dadurch verhindern, dass es sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO beruft. Falls dem Staatsanwalt dann keine weiter gehenden Beweise zur Verfügung stehen sollten, müsste das Verfahren mangels Beweisen eingestellt werden.

§ 177 StGB

Vergewaltigung der eigenen Ehefrau
Sachverhalt: Der 34-jährige türkische Staatsbürger X. zwang seine Frau zwischen 1995 und 1997 fünfmal mit Gewalt zum Geschlechtsverkehr. Die Ehefrau sah keinen anderen Ausweg, als ihren Mann anzuzeigen.
Urteil und Begründung: Obwohl X. zuerst die Gewalttätigkeiten bestritt und dann vorbrachte, dass seine Frau den Brutalitäten zugestimmt habe, verurteilte ihn das Landgericht Stuttgart wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung. Um der Frau Aussagen zu ersparen, wurde das Verfahren bei zwei Vergehen eingestellt. Zwei weitere einschlägige Straftaten, die noch vor der Gesetzesänderung von 1997 geschahen, wurden als Nötigung gewertet und mit jeweils zehn Monaten Freiheitsstrafe belegt. Nur die letzte, im Oktober 1997 begangene Tat konnte als Verbrechen eingestuft und mit zwei Jahren und zehn Monaten geahndet werden. Die Gesamtstrafe betrug drei Jahre Freiheitsentzug.
LG Stuttgart, 19 KLs 26 Jr 87322/97

Geschlechtsverkehr, der vom Mann unter Anwendung von Gewalt oder durch eine Drohung gegenüber der Frau erzwungen wird. Die Vergewaltigung wird mit einer Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft, jedoch nur dann, wenn Täter und Opfer nicht miteinander verheiratet sind (§ 177 StGB). Eine Vergewaltigung in der Ehe bleibt also bisher straflos, was in letzter Zeit zunehmend kritisiert wird. Auch sonst ist die strafrechtliche Verfolgung von Vergewaltigungen problematisch, da es bei ihnen meist keine unbeteiligten Zeugen gibt. Es stehen sich also in der Regel die Aussagen des Opfers und des Täters gegenüber. Der Verteidiger des Täters muß sich daher bemühen, die Glaubwürdigkeit des Opfers zu erschüttern, was oft dazu führt, daß die Einzelheiten der Tat noch einmal erörtert werden und dass das gesamte Privatleben des Opfers miteinbezogen wird, z. B. um darzulegen, daß es schon immer einen «lockeren Lebenswandel» geführt habe. Diese unvermeidlichen Belastungen des Opfers führen dazu, daß viele Frauen von vornherein bei einer Vergewaltigung auf eine Strafanzeige verzichten, so daß die Dunkelziffer bei dieser Straftat sehr hoch ist. Die Bemühungen gehen daher z. Zt. dahin, den Schutz des Opfers nach der Tat zu verbessern, was aber seine Grenzen darin findet, daß auch der Täter einen Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren hat.

Notzucht, unzüchtige Handlungen.

(§ 177 StGB) begeht, wer eine Frau mit Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zum ausserehelichen Beischlaf mit ihm oder einem Dritten nötigt. Da der Tatbestand auf den ausserehelichen Beischlaf abstellt, ist der Ehemann nach geltendem Recht nur wegen Nötigung, nicht aber wegen V. strafbar, wenn er den Beischlaf selbst vollzieht, wegen V. nur dann, wenn er seine Frau zum Beischlaf mit einem Dritten nötigt. V. wird mit Freiheitsstrafe nicht unter 2 Jahren, in minder schweren Fällen von 6 Monaten bis zu 5 Jahren geahndet; verursacht der Täter leichtfertig den Tod des Opfers ist Freiheitsstrafe nicht unter 5 Jahren zu verhängen. Wird eine Frau oder ein Mann mit den gleichen Nötigungsmitteln zur Duldung oder Vornahme ausserehelicher sexueller Handlungen gezwungen, wird der Täter nach § 178 StGB wegen sexueller Nötigung mit Freiheitsstrafe von 1 bis zu 10 Jahren (in minder schweren Fällen von 3 Monaten bis zu 5 Jahren, bei leichtfertig verursachter Todesfolge nicht unter 5 Jahren) bestraft.

(Notzucht) (§ 177 II Nr. 1 StGB) ist die durch Vollziehung des Beischlafs oder die Vornahme ähnlicher sexueller, besonders erniedrigender, insbesondere mit einem Eindringen in den Körper verbundener Handlungen erfolgende sexuelle Nötigung. Die V. ist ein besonders schwerer Fall von sexueller Nötigung, der mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft wird. Strafbar sind daneben auch die sexuelle Nötigung und der sexuelle Missbrauch Widerstandsunfähiger (§§ 178, 179 StGB). Lit.: Arntzen, F., Die Vergewaltigung aus kriminologischer Sicht, 2. A. 1994

ist die sexuelle Nötigung in einem besonders schweren Fall gern. § 177 Abs. 2 Nr.1 StGB mit einer Strafandrohung nicht unter 2 Jahren. Sie liegt vor, wenn der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder an sich von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen und mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind.

ist sexuelle Nötigung in einem besonders schweren Fall (Regelbeispiele), bei der der Täter mit dem Opfer den außerehelichen oder ehelichen Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an einem weiblichen oder männlichen Opfer vornimmt oder an sich vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbes. wenn sie mit einem Eindringen in den Körper des Opfers verbunden sind, wie orale oder anale Penetration (§ 177 I, II 2 Nr. 1 StGB). Die Strafe ist Freiheitsstrafe nicht unter 2 Jahren.

Ist das Opfer psychisch oder körperlich widerstandsunfähig, so liegt sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen in der qualifizierten Straftat der sog. Schändung vor (§ 179 I, IV Nr. 1 StGB). Die Strafe ist Freiheitsstrafe nicht unter 1 Jahr.




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