Betriebsübung

Im Arbeitsrecht :

. Eine B. erhält ihre bindende Wirkung nach h. M. aus einer stillschweigenden Vereinbarung zwischen den ArbVertrParteien (§§ 241, 305 BGB). Sie setzt eine ständige, tatsächliche Üb. innerhalb eines Betr. sowie ein Verhalten des AG voraus, das bei den AN den Eindruck vermittelt, der AG wolle sich für die Zukunft an sein Verhalten binden (AP 2, 7, 8, 9, 10 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; AP 1 zu § 3 TV Arb Bundespost; AP 15 = DB 84, 1252; AP 56 zu § 611 BGB Dienstordnungs-Angestellte). Ohne ein solches Verhalten erwächst auch bei langjähriger Gewährung kein Anspruch (Freistellung am Rosenmontag: AP 38 zu § 242 BGB Betriebl. Übung = NZA 93, 749; v. 12. 1. 94 — 5 AZR 41/93 —). Im öffentlichen Dienst besteht jedoch eine Vermutung dahin, dass der AG grundsätzlich nur zur Erfüllung bestehender gesetzlicher o. tariflicher Pflichten leisten will. Im allgemeinen können daher irrtüml. erbrachte Leistungen wieder eingestellt werden (AP 16 zu § 242 BGB Betriebliche Übung = DB 85, 183; AP 12 zu § 4 BAT = ArbuR 86, 315; AP 19 zu § 242 BGB Betriebliche Übung = NJW 86, 2596 = NZA 86, 604). Das gilt auch für an Lehrer erbrachte Leistungen aufgrund von Richtlinien (AP 3 zu §§ 22, 23 BAT Zulagen = DB 89, 1296) o. für AN in Regiebetrieben (AP 33 zu § 242 BGB Betriebl. Übung = NZA 89, 55), dagegen nicht im kirchlichen Bereich (v. 26. 5. 1993 — 4 AZR 130/93 —). Damit erwächst grundsätzl. keine B. auf übertarifl. Leistungen (AP 5 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bundesbahn). Darüber hinaus wird die Entstehung von Ansprüchen aufgrund B. verhindert, weil die meisten Tarifverträge vorsehen, dass Nebenabreden der Schriftform bedürfen (Arbeitsvertrag). Diese wird aber nicht eingehalten (AP 29 zu § 242 BGB Betriebliche Übung = NZA 87, 778 = DB 87, 1996). Das Angebot des AG muss vom AN angenommen werden. Soweit es sich um eine dem AN günstige Üb. handelt, kann man ohne weiteres von einer stillschweigenden Annahme ausgehen (§ 151 BGB). Das gleiche gilt bei einer nachteiligen B., wenn sie dem AN bei Abschluss des ArbVertr. bekannt war o. hätte bekannt sein müssen u. er die Arbeit aufnimmt o. fortsetzt. Kennt der AN sie nicht u. brauchte er sie auch nicht zu kennen, so liegt ihre Annahme nicht im blossen Stillschweigen. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich auf einen Unterwerfungswillen schliessen lässt (Fortsetzung der Arbeit nach Rundschreiben des AG). Ein ausdrücklicher o. stillschweigender Vorbehalt des AG für die Zukunft verhindert das Entstehen einer B. Da durch sie der ArbVertr. gestaltet wird, können ihr Inhalt u. Grenzen - anders als bei der Betriebsvereinbarung - nicht im Beschlussverfahren, sondern allein auf Klage des einzelnen AN geklärt werden. Aufgrund B. können namentlich Einzelansprüche erwachsen, wie -s Gratifikationen, Ruhegelder (AP 1 zu § 1 Betr-AVG Betriebl. Übung = NJW 86, 95; AP 2 zu § 1 BetrAVG Betriebl. Übung = DB 86, 2189 = NZA 86, 786); Ansprüche auf Rentenanpassungen (AP 20 zu § 16 BetrAVG = DB 87, 2046); Ansprüche auf Gehaltserhöhung (einschränkend AP 22 zu § 242 BGB Betriebliche Übung =- DB 86, 1627 = NZA 86, 521; AP 21 = NJW 86, 2593 = NZA 86, 605); Bereitschaftsdienstvergütungen (AP 27 zu § 242 BGB Betriebliche Übung = EzA 20 zu § 242 BGB Betriebliche Übung); Honoraransprüche bei den Medien (OLG EzA 5 zu § 242 BGB Betriebliche Übung). Sie ist ferner für die Auslegung der ausdrücklich o. stillschweigend getroffenen Vereinbarungen massgebend. Im allgem. gilt es als selbstverständlich, dass der in einen Betr. eintretende AN sich dem üblichen Betr.-Ablauf unterwirft, ohne dass AG ihn hierüber detailliert unterrichtet (AP 2 zu § 611 BGB Lohnanspruch). Schliesslich hat sie Bedeutung für die Vertragsergänzung, vor allem für die Ausfüllung der Treue- u. -s Fürsorgepflicht, die der Konkretisierung aufgrund der besonderen Verhältnisse des Einzelfalles bedürfen. Sie ist von dem Grundsatz der Gleichbehandlung zu unterscheiden. Aufgrund B. erwächst ein Anspruch, weil für die AN aus dem Verhalten des AG ein Vertrauenstatbestand erwächst, er wolle leisten. Aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes erwachsen Ansprüche, weil einzelne AN nicht aus unsachlichen Gründen anders als die übrigen behandelt werden dürfen. Heftig umsu. ist, wie die B. wieder beseitigt werden kann. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der B. als solcher u. den daraus resultierenden Ansprüchen. Letztere werden beseitigt durch Abänderungsvertrag, Änderungskündigung (Kündigung; AP 8 zu § 242 BGB Betriebliche Übung), wobei aber die Kündigungsschutzvorschriften zu beachten sind. Nach älterer M. konnten sie auch nach den Grundsätzen des Ordnungsprinzips durch Gesetz, Tarifvertrag (AP 1 zu § 242 BGB Betriebliche Übung) u. Betriebsvereinbarung (AP 142 zu § 242 BGB Ruhegehalt) beseitigt werden. Diese Ansicht hat das BAG aufgegeben (Betriebsvereinbarung). Die Üb. als solche wird durch kollektivrechtl. Vereinbarung (AP 1 zu § 242 BGB Betriebliche Ubung), aber auch durch einseitigen Widerruf des AG beseitigt. Dieser kann für die Zukunft das Vertrauen der AN zerstören, er wolle sich weiterhin binden (AP 32, 33 zu § 242 BGB Betriebliche Übung = NZA 89, 57). Umstr. ist, ob auch bei GmbH-Geschäftsführern Ansprüche aus B. erwachsen (Nebendahl NZA 92, 289). Lit.: Singer ZfA 93, 487.




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