Wohnung

Unverletzlichkeit der Wohnung

(Unverletzlichkeit). Art. 13 I GG garantiert die Unverletzlichkeit der W. Eine Durchsuchung darf nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die gesetzlich vorgesehenen anderen Organe (z. B. Staatsanwaltschaft Strafprozess) u. nur in der vorgeschriebenen Form durchgeführt werden (Art. 13 II GG). Sonstige Eingriffe u. Beschränkungen - dazu zählt auch der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel - dürfen ohne gesetzliche Grundlage nur zur Abwehr einer Gemeingefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen vorgenommen werden; dienen sie der Verhütung dringender Gefahren für die öfftl. Sicherheit u. Ordnung, insbes. der Behebung der Raumnot, der Bekämpfung von Seuchengefahr oder dem Schutz gefährdeter Jugendlicher, sind sie nur aufgrund eines Gesetzes (z.B. der -polizeilichen Generalklausel) zulässig (Art. 13 III GG).

(Art. 13 GG) ist das befriedete Besitztum, das dem Menschen zum auf längere Zeit angelegten Aufenthalt dient. Dazu gehören auch Geschäftszimmer, Nebenräume, Vorgärten, Wohnwagen und Zelte, nicht dagegen Kraftfahrzeuge und Bankschließfächer. Der Inhaber der W. (z. B. Eigentümer, Mieter) hat ein Grundrecht auf Unverletzlichkeit der W., das allerdings für bestimmte Fälle (Art. 13 II—VI GG) eingeschränkt ist. Im Strafrecht ist W. (§ 123 StGB) beim Hausfriedensbruch der Inbegriff der Räume, die einer oder mehreren Menschen, namentlich einer Familie, zur Unterkunft dienen oder zur Benutzung freistehen. Im Privatrecht ist die W. ein wichtiger Gegenstand der Miete und des Eigentums (Wohnungseigentum). Lit.: Rhein, E., Die Unverletzlichkeit der Wohnung, 2001; Kemper, R., Der Rechtsstreit um Wohnung, 2004; Nasemann, A., Wohnungsmiete, 2. A. 2005; Blank, H., Tierhaltung in Eigentums- und Mietwohnungen, NJW 2007, 729

, Steuerrecht: Eigenheimzulage.

öffentliches Recht: Durch Art.13 Abs. 1 GG als unverletzlich geschützter Ort. Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung steht in einem engen Zusammenhang zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 GG (Persönlichkeitsrecht, allgemeines) und soll die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die Intim- und Privatsphäre in räumlicher Hinsicht schützen. Der Begriff „Wohnung” ist weit auszulegen und erfasst jeden Raum, den der Einzelne der allgemeinen Zugänglichkeit entzieht und zum Ort seines Lebens und Wirkens bestimmt. Neben der eigentlichen Wohnung werden auch Nebenräume oder z. B. Hotelzimmer geschützt. Berechtigter ist der unmittelbare Besitzer, der die Wohnung tatsächlich nutzt, nicht zwingend der Eigentümer.
Nach überwiegender Auffassung sind auch Betriebs-und Geschäftsräume in den Schutzbereich des Art.13 GG einzubeziehen. Zwar seien diese nicht Wohnung im engeren Sinne und insb. der Öffentlichkeit frei zugänglich. Der Inhaber könne aber Maß und Grenzen der Zugänglichkeit bestimmen und dadurch die Öffentlichkeit ausschließen.
Mit Wirkung vom 1.4. 1998 ist Art. 13 GG um vier Absätze ergänzt worden, die insb. den umstrittenen „Großen Lauschangriff\' (§§ 100c, d StPO) verfassungsrechtlich absichern sollten. Mit Urteil v. 3.3. 2004 hat das BVerfG die Verfassungsgemäßheit des Art. 13 Abs. 3 GG bestätigt, allerdings einige Vorschriften der StPO (z. B. § 100 c Abs. 1 Nr.3) für verfassungswidrig erklärt (1 Bv12, 2378/98 und 1 BvR 1084/99).
Neben dem Abwehrrecht des Bürgers gegen staatliche Eingriffe enthält Art.13 Abs. 1 GG auch eine verfahrensrechtliche Gewährleistung. Auch wenn einfachgesetzliche Vorschriften fehlen, ergibt sich direkt aus Art.13 Abs. 1 GG die Pflicht zur vorherigen Anhörung und Information.
Eingriffe können sowohl das körperliche Eindringen in die Wohnung als auch das unkörperliche Eindringen unter Zuhilfenahme technischer Mittel sein.
Ein spezieller Eingriff ist die Durchsuchung (Art.13 Abs.2 GG). Eine Durchsuchung setzt neben dem Betreten der Wohnung eine Suchhandlung voraus, um Personen oder Sachen zu finden oder einen bestimmten Sachverhalt zu erforschen. Nicht ausreichend ist, dass eine Person oder Sache beim Betreten ohne weiteres zur Kenntnis genommen wird.
Die Durchsuchung unterfällt dem qualifizierten Gesetzesvorbehalt des Art.13 Abs. 2 GG, wonach sie nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet werden darf und nur in der durch das Gesetz vorgesehenen Form durchgeführt werden darf. Eine Gefahr im Verzuge liegt vor, wenn die vorherige Einholung der richterlichen Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde, also wenn sich die Notwendigkeit der Durchsuchung plötzlich ergibt. Dabei ist der Begriff „Gefahr im Verzuge” eng auszulegen und unterliegt der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (BVerfG NJW 2001, 1121). Die Justiz-und Gerichtsverwaltungen haben sicherzustellen, dass ein Ermittlungsrichter praktisch wirksam erreichbar ist (BVerfG NJW 2005, 1637). Dazu gehöre die Erreichbarkeit bei Tage auch außerhalb der üblichen Dienststunden uneingeschränkt und während der Nachtzeit jedenfalls bei einem praktischen Bedarf. Hinzu kommt, dass der Handelnde die Unerreichbarkeit vor oder unverzüglich nach der Durchsuchung vollständig dokumentieren muss.
Weitere besondere Eingriffe stellen die sog. Lauschangriffe dar. Zu unterscheiden sind die akustische Überwachung mit technischen Mitteln aus repressiven Gründen (Art.13 Abs.3 GG; „Großer Lauschangriff\' mit Richtmikrofon, Wanze etc.), die aus präventiven Gründen durchgeführte Überwachung mit allen technischen Mitteln (Art.13 Abs. 4 GG, „Großer Lauschangriff\' mit Video-/Infrarotkamera, Peilsender etc.) und die Überwachung zur Eigensicherung von Einsatzkräften (Art.13 Abs. 5 GG, „Kleiner Lauschangriff”). Wegen der Intensität der Eingriffe unterfallen sie den jeweiligen qualifizierten Gesetzesvorbehalten und die „Großen Lauschangriffe” einem Richtervorbehalt.
Sonstige Eingriffe und Beschränkungen des Grundrechtes auf Unverletzlichkeit der Wohnung unterfallen der verfassungsunmittelbaren Schranke des Art. 13 Abs. 7, 1. HS. GG, wonach diese zur Abwehr einer
gemeinen Gefahr oder Lebensgefahr vorgenommen werden dürfen. Eine gemeine Gefahr besteht für eine unbestimmte Vielzahl von Personen oder Sachen, z. B. durch Explosionen. Die Lebensgefahr muss nicht für den Eigentümer oder Besitzer der Wohnung bestehen. Die gefährdete Person kann auch jeder Dritte sein. Nach dem qualifizierten Gesetzesvorbehalt des Art. 13 Abs. 7, 2. HS. GG dürfen Eingriffe zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung vorgenommen werden. Diese „Begriffe sind dem Polizeirecht entlehnt und entsprechend auszulegen.
Problematisch ist die Rechtfertigung eines Eingriffs bei Betreten eines Büro- und Geschäftsraumes aufgrund gesetzlicher Besichtigungs- und Betretungsvorschriften durch die zuständigen Behörden. Diese Normen erfüllen regelmäßig nicht die engen Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 2 oder 7 GG. Nach der Rspr. des BVerfG (BVerfGE 32, 54) genießen Büro- und Geschäftsräume während der normalen Öffnungszeiten nicht die gleiche Schutzbedürftigkeit wie Privatwohnungen, sodass ein Eingriff gerechtfertigt ist, wenn eine besondere Rechtsnorm zum Betreten berechtigt, diese Zweck, Umfang und Gegenstand des Betretens deutlich erkennen lässt und das Betreten zu den üblichen Geschäftszeiten erfolgt.
Familienrecht: Hausratsverordnung.




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