Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften

Die Steuerpflicht dieser Einkünfte durchbricht die Systematik des EStG, wonach Überschüsse oder Verluste, die bei der Veräußerung von Gegenständen des Privatvermögens entstehen, nicht erfasst werden, selbst dann, wenn das Wirtschaftsgut bei den Überschusseinkünften (§ 2 Abs. 1 Nr. 4-6 EStG, Einkunftsarten) die Einkunftsquelle darstellt (z. B. Mietgrundstück). Diese Durchbrechung sieht das EStG nur bei der Veräußerung von Gegenständen des Privatvermögens in folgenden Fällen vor:
* private Veräußerungsgeschäfte i. S. d. § 23 EStG,
* entgeltliche Veräußerung von Zins- und Dividendenscheinen (§ 20 Abs. 2 Nr. 2 EStG, Einkünfte aus Kapitalvermögen),
* entgeltliche Veräußerung von Miet- und Pachtzinsforderungen (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 EStG, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung),
* Veräußerung von wesentlichen Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 17 EStG),
* Veräußerung einbringungsgeborener Anteile an Kapitalgesellschaften (§ 21 Abs. 3 UmwStG).
Private Veräußerungsgeschäfte i. S. d. § 23 EStG sind grundsätzlich den Einkünften aus anderen Einkunftsarten zuzurechnen, soweit sie zu diesen gehören (§ 23 Abs. 2 S. 1 EStG; Subsidiaritätsprinzip, Ausnahme nur bei Einkünften aus der Veräußerung von wesentlichen Anteilen an Kapitalgesellschaften, § 23 Abs. 2 S.1 i. V. m. § 17 EStG, ab 2009 ersatzlos gestrichen).
Ab den Veranlagungszeiträumen 1999 und 2000 war der Anwendungsbereich des § 23 EStG durch das StEnt1G 1999/2000/2002 wesentlich erweitert worden und umfasst bis 31. 12. 2008:
— Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten einschließlich Gebäuden und Außenanlagen, die innerhalb der Spekulationsfrist von zehn Jahren errichtet, ausgebaut oder erweitert worden sind (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG; ausgenommen sind Veräußerungen selbst genutzten Wohneigentums innerhalb bestimmter zeitlicher Grenzen, § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG),
— Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern, insb. bei Wertpapieren (bis 31. 12. 2008) innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr (§ 23 Abs. 1 Nr.2 EStG a. E; ab 1. 1.2009 erhöht sich die Spekulationsfrist auf 10 Jahre, wenn aus einer Nutzung der Wirtschaftsgüter als Einkunftsquelle zumindest in einem Jahr Einkünfte erzielt werden; bei Wertpapiergeschäften siehe Abgeltungssteuer, Einkünfte aus Kapitalvermögen),
— Veräußerungsgeschäfte, bei denen die Veräußerung der Wirtschaftsgüter früher erfolgt als der Erwerb (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 EStG, ab 1. 1.2009 ersatzlos gestrichen),
Termingeschäfte (§ 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG, ab 1. 1. 2009 ersatzlos gestrichen),
Einlagen von Wirtschaftsgütern ins Betriebsvermögen, wenn die Veräußerung aus einem Betriebsvermögen innerhalb von zehn Jahren seit der Anschaffung des Wirtschaftsgutes erfolgt, sowie verdeckte Einlagen in Kapitalgesellschaften (§ 23 Abs. 1 S. 5 EStG).
Voraussetzung für die Anwendung des § 23 EStG sind grundsätzlich ein Anschaffungs- und ein Veräußerungsvorgang (Übertragungsvorgänge), die dinglich und entgeltlich sind. Für die Fristberechnung i. S. d. § 23 EStG sind jedoch die obligatorischen Veräußerungselemente (Kauf und Verkauf) grundlegend (Relevanz für die Fristberechnung bei einem bindenden Verkaufsangebot, BFH BSt131.1I 1974, 606).
Bei unentgeltlichem Erwerb sind dem Gesamt- und dem Einzelrechtsnachfolger die Anschaffung des Rechtsvorgängers (Fristbeginn) zuzurechnen (§ 23 Abs. 1 S.3 EStG). Als Anschaffung gilt auch die Überführung eines Wirtschaftsgutes in das Privatvermögen durch Entnahme aus dem Betriebsvermögen oder durch Betriebsaufgabe (§ 23 Abs. 1 S. 2 EStG).
Die Ermittlung des Gewinns oder Verlusts aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. d. § 23 Abs. 1 S.1 Nr.
1 EStG erfolgt gem. § 23 Abs. 3 EStG nach folgendem Schema:
Veräußerungspreis
* Anschaffungs- oder Herstellungskosten
* Werbungskosten
Spekulationsgewinn oder -verlust
Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindern sich um die Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen oder Sonderabschreibungen, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, der Einkünfte aus Kapitalvermögen oder der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abgezogen worden sind (§ 23 Abs. 3 S. 4 EStG). Bei Entnahmen ist der Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr.5 EStG), bei einer Betriebsaufgabe oder Umwandlung der gemeine Wert anzusetzen (§ 23 Abs. 3 S.2 EStG).
Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften bleiben steuerfrei, wenn der erzielte Gesamtgewinn im Kalenderjahr (pro Ehegatte) weniger als 512 € (ab 1. 1.2009: 600 €) beträgt (§ 23 Abs. 3 S. 5 EStG).
Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften dürfen bis zur Höhe der Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften im gleichen Kalenderjahr ausgeglichen werden. Ein Verlustabzug nach § 10 d EStG ist grundsätzlich nicht möglich, jedoch können nach Maßgabe des § 10d EStG Verluste mit positiven Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums oder mit positiven Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften in den folgenden Veranlagungszeiträumen verrechnet werden (§ 23 Abs. 3 S. 7 ff. EStG).
Wegen der Besteuerung von Wertpapiergeschäften ab 1. 1. 2009 siehe Abgeltungssteuer, Einkünfte aus Kapitalvermögen.




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