Schwangerschaftsabbruch

Abtreibung.

Abtreibung.

Abtreibung

(Abtreibung) ist Tötung der Leibesfrucht nach Einnisten des befruchteten Eis in der Gebärmutter (vgl. § 219 d StGB). Zu unterscheiden sind der S. durch einen Dritten (Fremdabtreibung) und der S., den die Schwangere selbst vornimmt oder dessen Durchführung durch einen Dritten sie zulässt (Eigenabtreibung). Fremdabtreibung ist mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe bedroht; in besonders schweren Fällen (so i. d. R., wenn der Täter gegen den Willen der Schwangeren handelt oder wenn er leichtfertig die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung der Schwangeren verursacht) ist eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren verwirkt (§ 2181, II StGB). Der Versuch der Fremdabtreibung ist strafbar (§218 IV StGB). Eigenabtreibung wird mit Freiheitsstrafe bis zu
1 Jahr oder mit Geldstrafe geahndet; das Gericht kann von einer Bestrafung absehen, wenn sich die Schwangere zur Zeit des Eingriffs in besonderer Bedrängnis befunden hat (§ 218 III StGB). Die durch das 5. Strafrechtsreformgesetz von 1974 eingeführte Fristenlösung (Straffreiheit des mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt in den ersten 12 Wochen seit der Empfängnis vorgenommenen Eingriffs) ist vom Bundesverfassungsgericht 1975 wegen Verstosses gegen den grundrechtlich gewährleisteten Lebensschutz der Leibesfrucht (Art. 2 II1, Art. 1 I GG) für nichtig erklärt und aufgrund des 15. Strafrechtsänderungsgesetzes von 1976 durch die erweiterte Indikationenlösung ersetzt worden. Danach ist der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt durchgeführte S. ausnahmsweise nicht strafbar - nach h. M. auch nicht rechtswidrig wenn eine der folgenden Indikationen vorliegt (§ 218 a StGB): a) Der Eingriff ist unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und künftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ("indiziert"), um eine Gefahr für ihr Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung ihres körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes abzuwenden, vorausgesetzt, dass die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann (medizinische Indikation), b) Dringende Gründe sprechen für die Annahme, dass das Kind infolge einer Erbanlage oder schädlicher Einflüsse vor der Geburt an einer nicht behebbaren Gesundheitsschädigung leiden würde, die so schwer wiegt, dass von der Schwangeren eine Fortsetzung der Schwangerschaft nicht verlangt werden kann (eugenische Indikation, zulässig innerhalb der ersten 22 Wochen seit der Empfängnis), c) Dringende Gründe sprechen für die Annahme, dass die Schwangerschaft auf einer an der Schwangeren begangenen rechtswidrigen Sexualstraftat nach den §§ 176-179 StGB (z.B. Vergewaltigung) beruht (ethische Indikation, zulässig während der ersten 12 Wochen). d) Der S. ist ansonsten zur Abwendung der Gefahr einer Notlage der Schwangeren angezeigt, die so schwer wiegt, dass von der Frau die Fortsetzung der Schwangerschaft nicht verlangt werden kann, u. die nicht auf andere ihr zumutbare Weise abgewendet werden kann (Notlagen- oder soziale Indikation, zulässig in den ersten 12 Wochen). Liegt eine der genannten Indikationen vor, ist die Fremdabtreibung dennoch strafbar, wenn nicht die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: a) Die Schwangere muss mindestens 3 Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle oder einem zur Beratung geeigneten Arzt, der nicht selbst den S. vornimmt, über mögliche öffentliche und private Hilfen für schwangere Frauen und zusätzlich von einem Arzt über die ärztlich bedeutsamen Gesichtspunkte beraten worden sein (§ 218 b StGB), b) Es bedarf der schriftlichen Indikationsfeststellung eines Arztes, der nicht selbst den S. durchführt (§219 StGB). Die Schwangere ihrerseits bleibt in all diesen Fällen straflos, gem. § 218 III StGB auch dann, wenn ein Arzt den S. nach erfolgter Beratung trotz Fehlens einer Indikation in den ersten 22 Wochen seit der Empfängnis vorgenommen hat. Die gem. § 218 b StGB erforderliche Beratung der Schwangeren soll nach Plänen der Bonner Regierungskoalition durch ein Beratungsgesetz näher geregelt werden.
Zu beachten ist, dass der S. nur in einem Krankenhaus oder in einer hierfür zugelassenen Einrichtung erfolgen darf (Verstoss wird als Ordnungs Widrigkeit mit einer Geldbusse geahndet) und dass - ausser in den Fällen einer Todes- oder schweren Gesundheitsgefahr für die Schwangere - niemand verpflichtet ist, an einem S. mitzuwirken (Art. 2 und 3 des 5. Strafrechtsreformgesetzes v. 18.6.1974).
Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt die Kosten eines "nicht rechtswidrigen" S. (§§ 200 f., 200 g RVO). Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts darf ein Versicherter seinen Beitrag zur Krankenversicherung nicht deshalb verweigern, weil er die "Abtreibung auf Krankenschein" bei sozialer Indikation ablehnt: Wer eine Versicherungsleistung für sich nicht bean-
Spruche, könne es nicht als eigene Belastung geltend machen, wenn die Leistung anderen gewährt werde.
Die durch Gesetz errichtete Bundes-Stiftung "Mutter und Kind - Schutz des ungeborenen Lebens" soll werdenden Müttern, die sich in einer Konfliktsituation befinden, die Fortsetzung der Schwangerschaft durch finanzielle Hilfen erleichtern. Die Leistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht, werden von entsprechenden Einrichtungen in den Ländern gewährt.

Im Arbeitsrecht:

Nach BVerfG NJW 93, 1751 dürfen Schwangerschaftsabbrüche ohne Feststellung einer medizinischen, embryopatischen oder kriminologischen Indikation nicht für gerechtfertigt erklärt werden, sie können aber in der Früh phase straflos bleiben, wenn der Staat seine Schutzpflicht für das ungeborene Leben erfüllt hat. Damit besteht auch nur ein eingeschränkter Anspruch auf Krankenvergütung und Krankengeld. Die Bereitschaft zur Mitwirkung an einem Schwangerschaftsabbruch kann nicht zum Arbeitsvertragsinhalt gemacht werden.

(§218 StGB, Abtreibung) ist der Abbruch der Schwangerschaft nach Abschluss der Einnistung des befruchteten Eies in die Gebärmutter der Frau. Der S. wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch des Schwangerschaftsabbruchs ist strafbar, ausgenommen für die Schwangere selbst. Der S. ist straflos (§ 218 a StGB), wenn erstens die Schwangere den S. verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung einer Beratungsstelle nachgewiesen hat, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen, zweitens der S. von einem Arzt vorgenommen wird und drittens seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind. Der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommene S. ist nicht rechtswidrig, wenn er angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustands der Schwangeren abzuwenden, die zumutbar nicht anders abgewendet werden können. Von einer derartigen Lage wird auch ausgegangen, wenn die Schwangerschaft vermutlich auf einer Tat nach §§ 176 bis 179 StGB beruht und seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind. Die Schwangere ist nicht nach §218 StGB strafbar, wenn der S. nach Beratung von einem Arzt vorgenommen worden ist und seit der Empfängnis nicht mehr als 22 Wochen verstrichen sind (§ 218 a IV 1 StGB). Das Gericht kann von Strafe absehen, wenn die Schwangere sich zur Zeit des Eingriffs in besonderer Bedrängnis befunden hat. Eine Minderjährige bedarf zum S. der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. (Seit 6. 7. 1999 ist im Übrigen das Medizinprodukt Mifegyne zum S. bis zum 49. Tag der Schwangerschaft freigegeben, doch hat sich der Sondervertriebsweg gemäß §47a I ArzneimittelG bisher nicht bewährt.) Lit.: Roloff, /., Schwangerschaftsabbruch, 1997; Link, /., Schwangerschaftsabbruch bei Minderjährigen, 2004

Vorsätzliches Abtöten der vorgeburtlichen menschlichen -Leibesfrucht, wobei unerheblich ist, ob der Tod der Leibesfrucht innerhalb oder außerhalb des Mutterleibes eintritt (auch Abtreibung genannt). Eine fahrlässige Begehung ist nicht möglich. Der in § 218 StGB pönalisierte Schwangerschaftsabbruch soll das ungeborene Leben schützen. Der mögliche Tatzeitraum eines Schwangerschaftsabbruches umfasst die Zeit zwischen der Einnistung der Eizelle in die Gebärmutter (sog. Nidation/Einnistung), welche regelmäßig mit dem Ablauf des 13. Tages nach der Empfängnis beendet ist, und dem Beginn der Eröffnungswehen. Vor dem Zeitpunkt der Nidation ist ein Schwangerschaftsabbruch nach § 218 StGB nicht möglich, jedoch ist die befruchtete Eizelle aufgrund des Embryonenschutzgesetzes innerhalb und außerhalb des Mutterleibes nicht schutzlos gestellt.
Nach dem BVerfG stellt ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich Unrecht dar (sog. „Fristenlösungsurteil” oder „Fristenregelungsurteil” NJW 1993, 1751 = BVerfGE 88, 203; dabei handelt es sich um das 2. Fristenlösungsurteil, das erste findet sich in BVerfGE 39, 1). Dem Gesetzgeber ist es aber grundsätzlich nicht verwehrt, zu einem Konzept des Schutzes des ungeborenen Lebens überzugehen, das den Schwerpunkt auf die Beratung der Schwangeren legt, um sie für das Austragen des Kindes zu gewinnen, und dabei auf eine indikationsbestimmte Strafdrohung und die Feststellung von Indikationstatbeständen durch einen Dritten verzichtet. Ein solches Beratungskonzept müsse positive Voraussetzungen für ein Handeln der Schwangeren zugunsten des ungeborenen Lebens schaffen.
Nach Erlass des verfassungsgemäßen (BVerfGE 98, 265) Schwangeren- und FamilienhilfeAndG vom 21.8. 1995 (BGBl. I 1050) gilt ein kombiniertes Beratungs-/ Fristen- und Indikationsmodell:
1) Nach § 218a Abs. 1 StGB ist „der Tatbestand des § 218 StGB nicht verwirklicht”, wenn kumulativ folgende drei Voraussetzungen erfüllt sind (sog. beratener Schwangerschaftsabbruch):
a) Die Schwangere muss den Abbruch verlangen und dem Arzt eine Beratungsbescheinigung über eine dem § 219 StGB und dem Schwangerschaftskonfliktgesetz gemäße Beratung vorlegen, die mindestens drei Tage vor dem Eingriff erfolgt sein muss;
b) Vornahme des Abbruchs durch einen Arzt;
c) Einhaltung der 12-Wochen-Frist seit Empfängnis.
2) Auf der Ebene der Rechtswidrigkeit wird das Indikationsmodell des § 218 a Abs. 2, 3 StGB bedeutsam. Hierbei handelt es sich um spezielle Rechtfertigungsgründe:
a) Der ärztliche Eingriff mit Einwilligung der Schwangeren ist nicht rechtswidrig bei einer sozial-medizinischen Indikation (§ 218a Abs. 2). Auf eine Schwangerschaftsberatung kommt es dabei ebenso wenig an, wie auf die Wahrung bestimmter Fristen. So ist ein Abbruch der Schwangerschaft bis zu den Eröffnungswehen möglich. Nach diesem Zeitpunkt kommt noch eine Perforation in Frage. Eine Behinderung des Kindes ist hier nur insoweit ein Indikationsgrund, als dass darin zugleich eine erhebliche psychische oder physische Gefahr für die Schwangere liegt.
b) Nach § 218a Abs. 3 ist auch die kriminologische Indikation (Indikationslösung) rechtfertigend. Ein solcher Schwangerschaftsabbruch kann aber nur nach Einwilligung der Schwangeren sowie innerhalb von 12 Wochen seit der Empfängnis erfolgen. Zudem müssen dringende Gründe für die Annahme sprechen, dass die Schwangerschaft auf einer Tat nach §§ 176-179 StGB beruht.
3) § 218a Abs. 4 S. 1 StGB eröffnet einen persönlichen Strafausschließungsgrund für die Schwangere. Danach ist sie auch dann straflos, wenn der Abbruch nach einer Beratung (§ 219 StGB) durch einen Arzt vorgenommen und eine Frist von 22 Wochen seit der Empfängnis gewahrt wird. Der Abbruch bleibt aber rechtswidrig und für den Arzt sowie andere Beteiligte strafbar.
4) Im Falle besonderer Bedrängnis (z. B. Bedrohung durch den Erzeuger) kann für die Schwangere von Strafe abgesehen werden, auch wenn kein Rechtfertigungsgrund, Beratung oder Abbruch durch einen Arzt gegeben waren (§ 218a Abs. 4 S. 2 StGB).
Strafschärfende Normen sind die Regelbeispiele des § 218 Abs. 2 S. 2 StGB. Die Schwangere wird jedoch vielfach privilegiert (§§ 218 Abs. 3; Abs. 4 S.2; 218b Abs. 1 S. 3; 218c Abs. 2 StGB). Flankierende, § 218 StGB ggü. subsidiäre Normen für Dritte sind der § 218b StGB, welcher die ordnungsgemäße Feststellung der rechtfertigenden Indikationen schützt, und § 218c, der ein Bündel ärztlicher Pflichtverletzungen beim Schwangerschaftsabbruch erfasst. Die Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft wird nach § 219a StGB pönalisiert; das Inverkehrbringen von Mitteln zum Abbruch der Schwangerschaft nach § 219b StGB.




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