Gewaltenteilung

Einer der Grundsätze des demokratischen Rechtsstaates. Er sieht vor, daß die Staatsgewalt zwar insgesamt «vom Volke ausgeht», aber «durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt» wird (Art. 20 Abs. 2 GG). Das Schwergewicht liegt dabei auf dem Wort «besondere», d.h. die einzelnen Teile der Staatsgewalt (auch als Legislative, Exekutive und Judikative bezeichnet) sollen von getrennten und voneinander unabhängigen Organen ausgeübt werden (Parlament, Regierung und Gerichte), die sich gegenseitig kontrollieren. Eine besondere Bedeutung kommt dabei den unabhängigen Gerichten zu, die auch die Tätigkeit des Gesetzgebers (Bundesverfassungsgericht) und der Regierung (Verwaltungsgerichte) kontrollieren. In der früheren DDR war der Grundsatz der Gewaltenteilung nur theoretisch, nicht aber in der Praxis verwirklicht. Insbesondere gab es dort keine unabhängigen Gerichte.

Aufteilung der Staatsgewalt in gesetzgebende Gewalt (Legislative), Verwaltung (Exekutive) und Rechtsprechung (Judikative). Die Zuteilung der Staatsgewalt und die Übertragung der Teilgewalten auf verschiedene Organe sollen der gegenseitigen Hemmung und Kontrolle, der Beschränkung der Staatsallmacht dienen (Hauptvertreter dieser Lehre Montesquieu in seinem Werk "L\'esprit des lois" 1948). Die G. ist das Hauptprinzip demokratischer Staaten und vor allem durch folgende Institutionen gekennzeichnet: unabhängige gesetzgebende Volksvertretung, selbständige Beamtenschaft, weisungsfreie Gerichte. (Unabhängigkeit der Richter). Siehe auch Inkompatibilität.

im Rechtsstaat gründet auf philosophischen Postulaten, deren politischer Hintergrund der monarchische Absolutismus war. Im Gegensatz zu der von Hobbes vertretenen ungeteilten Macht des Herrschers warnt John Locke vor der Vereinigung der gesamten Staatsgewalt in einer Hand. Aus liberalem Misstrauen angesichts solcher Gewaltenkonzentration fordert er - zum Schutz von Leben, Freiheit und Eigentum der Bürger - eine Gewaltenteilung und Gewaltenbalance, deren organisatorische Form vorerst noch offen bleibt.
Locke ’s Grundgedanken werden von Montesquieu weiterentwickelt zur Lehre von den drei selbständigen, getrennten, sich gegenseitig kontrollierenden und balancierenden Gewalten. In seinem berühmten Werk ,Vom Geist der Gesetze1 unterscheidet er am Beispiel der englischen Verfassung drei Arten hoheitlicher Gewalt als jedem Staate eigentümlich: die gesetzgebende, die vollziehende und die richterliche Macht. Um die Gefahr des nach aller geschichtlichen Erfahrung stets drohenden Machtmissbrauchs zu bannen, hält es der Autor für erforderlich, dass die drei verschiedenen Staatsfunktionen auch institutionell getrennt werden. Der Zweck dieser .Separation des pouvoirs* erschöft sich dabei nicht in einer wechselseitigen gleichgewichtigen Kontrolle. Ihr eigentlicher Sinn ist, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang des Werkes ergibt, der Schutz menschlicher Würde und Freiheit, der .Dignité humaine*.
In der freiheitlichen repräsentativen Demokratie des GG wird die vom Volke ausgehende Staatsgewalt durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt (Art. 20 II). Diese .Besonderung* der Staatsorgane empfängt ihren freiheitsstiftenden Sinn aus der rechtsstaatlichen Tradition, in der das Grundgesetz steht. Danach ist es wesentlicher Zweck des von der Unantastbarkeitsgarantie (Art. 79 III) geschützten Prinzips der Gewaltentrennung, dass Legislative, Exekutive und Judikative sich wechselseitig in Schach halten, balancieren und kontrollieren. Das System der .checks and balances* soll im Dienste der Freiheitsrechte verhindern, dass den Bürger "die furchtbare Wucht der Staatsgewalt an einer Stelle vereinigt trifft" (Otto Mayer),
Bei der grundgesetzlichen Gewaltenteilung geht es nicht um eine absolute Trennung der Gewalten, sondern um ihre relative gegenseitige Kontrolle und Mässigung. Die besonderen Funktionen der Legislative, Exekutive und Judikative stehen in einem verfassungsrechtlichen Verhältnis mannigfacher Interdependenz und Kooperation. Die konstituierte Gewaltenteilung soll den Druck der Staatsgewalt mässigen zugunsten individueller Freiheit und menschlicher Würde. Zwar fehlt es unter den heutigen Gegebenheiten an den früheren eigenständigen Gewalten, die sich - wie die ,powers\' bei Locke und die .pouvoirs* bei Montesquieu - gegenseitig in Schach zu halten vermögen. Zumal im parlamentarischen Regierungssystem des GG, wo dieselben politischen Kräfte als Machtträger der Legislative wie der Exekutive den politischen Ton angeben. Nichtsdestoweniger behält die verfassungsrechtliche .Besonderung* der Gewalten als
Verstärkung der Freiheit einen nicht zu unterschätzenden rechtsstaatlichen Wert.

. Der vor allem von Montesquieu entwickelte Grundsatz der G. bedeutet im Rechtsstaat die Teilung der staatlichen Funktionen (gesetzgebende, vollziehende u. rechtsprechende Gewalt), ihre Zuweisung an verschiedene staatliche Organe (Gewaltentrennung) u. die wechselseitige Hemmung u. Kontrolle dieser Gewalten (Gewaltenbalancierung). Die G. soll die Macht des Staates bändigen u. auf diese Weise die grundrechtlich gewährleistete Freiheit der Bürger organisatorisch sichern. Die G. dient zugleich dazu, den staatlichen Aufbau zu ordnen u. übersichtlich zu gestalten. Im Bundesstaat äussert sich der Grundsatz der G. zusätzlich darin, dass die Staatsgewalt auf den Gesamtstaat und die Gliedstaaten aufgeteilt ist. Das rechtsstaatliche Gewaltenteil ungsprinzip ist im Grundgesetz nicht rein verwirklicht. So stehen z.B. nicht nur der gesetzgebenden, sondern auch der vollziehenden Gewalt rechtsetzende Funktionen zu (Rechtsverordnung) ; der Grundsatz der Gewaltentrennung ist u. a. dadurch durchbrochen, dass ein Abgeordneter (als Mitglied der Legislative) zugleich Minister (u. damit Mitglied der Exekutive) sein kann. Ist demzufolge der Verfassungsaufbau der Bundesrepublik nicht durch eine absolute Teilung u. Trennung der Gewalten geprägt, so hält das GG (vgl. Art. 1III, 20II2,20III) doch an der herkömmlichen Aufgliederung der drei Gewalten u. ihrer gegenseitigen Kontrolle u. Mässigung fest. Allerdings lässt sich nicht übersehen, dass das klassische Prinzip der G. die modernen Entwicklungen in der Verfassungs- u. politischen Machtstruktur nur unzulänglich aufzufangen vermag. So ist an die Stelle des ursprünglichen Gegensatzes zwischen demokratisch gewählter Legislative u. monarchischer Exekutive das Gegenüber von Regierung u. parlamentarischer Regierungsmehrheit einerseits, parlamentarischer Opposition andererseits getreten. Die Strukturierung der staatlichen Organisation nach Legislative, Exekutive u. Judikative berücksichtigt im übrigen kaum die Gegebenheiten der parteienstaatlichen Massendemokratie u. des Verbandseinflusses.

ist seit der frühen Neuzeit (Locke 1689, Montesquieu 1748) die in Ablehnung des Absolutismus erfolgende, den Rechtsstaat vorbereitende Aufteilung der staatlichen Hoheitsgewalt in mehrere, sich gegenseitig kontrollierende und beschränkende Gewalten, die von verschiedenen und deshalb einander grundsätzlich kontrollierenden Menschen ausgeübt werden. Die G. ist im Grundgesetz angestrebt (Art. 1 III, 20 II GG), wenn auch nicht vollständig durchgeführt (z.B. Rechtssetzung durch Rechtsverordnung der vollziehenden Gewalt, Haushaltsfestlegung durch Gesetz der gesetzgebenden Gewalt). Herkömmlich wird dabei zwischen gesetzgebender (legislativer), vollziehender (exekutiver, ausübender) und rechtsprechender (judikativer, richterlicher) Gewalt unterschieden. Lit.: Gewaltenteilung heute, hg.v. Isensee, J., 2000

(Funktionentrennung): die Unterscheidung der drei Hauptfunktionen bei der Ausübung der Staatsgewalt nach Legislative (Gesetzgebung), Exekutive (Verwaltung) und Judikative (Rechtsprechung) sowie die Zuweisung dieser Aufgaben an unterschiedliche, voneinander unabhängige Staatsorgane. Der Gedanke der Gewaltenteilung als Instrument der Kontrolle der Staatsgewalt wurde zuerst von dem englischen Rechtsphilosophen John Locke (1632-1704) entwickelt und später von Montesquieu (1689-1755) aufgegriffen.
In Deutschland setzte sich das Prinzip der Gewaltenteilung erstmals in der Weimarer Reichsverfassung von 1919 durch. Im Grundgesetz ist Grundlage der Gewaltenteilung Art. 20 Abs. 2 S.2 GG. Danach wird die Staatsgewalt vom Volk „durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt”. Daran anknüpfend sind in speziellen Vorschriften die besonderen Organe und ihre Zuständigkeiten geregelt: die Gesetzgebung in Art. 70 ff. GG; Regierung und Verwaltung in Art. 62 ff., 83 ff. GG; die Rechtsprechung in Art.92 ff. GG.
Die Gewaltenteilung ist das tragende Organisationsprinzip des Rechtsstaates und hat die Aufgabe, die
Staatsgewalt zu begrenzen und zu kontrollieren und dadurch die Freiheit des Einzelnen zu schützen. Weiterhin wird durch die Gewaltenteilung des Staates eine sinnvolle Arbeitsteilung herbeigeführt. Die verschiedenen Staatsfunktionen sollen von solchen Organen wahrgenommen werden, die ihrer Struktur nach auf diese Aufgaben zugeschnitten sind (Prinzip der funktionsgerechten Organstruktur).
Das Wesen der Gewaltenteilung besteht zunächst in der Trennung der verschiedenen Organe und ihrer Aufgabenerfüllung. Vor allem aber ist Sinn der Gewaltenteilung gerade auch die wechselseitige Begrenzung und Kontrolle der Machtausübung der verschiedenen Organe. Deshalb wird das Trennungsprinzip ergänzt durch gegenseitige Einflussnahmemöglichkeiten und Abhängigkeiten (System der „checks and balances”). Dadurch wird verhindert, dass eine der drei Funktionen („Gewalten”) eine übergeordnete Stellung erlangt. Die wichtigsten Ausprägungen der Gewaltenkontrolle und Gewaltenhemmung sind:
— Die Regierung als die Spitze der Verwaltung ist vom Vertrauen des Parlaments abhängig (Art. 63, 67 GG; parlamentarisches Regierungssystem).
— Verwaltung und Rechtsprechung sind an die vom Parlament erlassenen Gesetze gebunden (Art.20 Abs. 3 GG).
— Die Regierung hat mannigfache Einflussmöglichkeiten auf das Parlament, insb. durch das Recht der Gesetzesinitiative (Art.76 GG) und durch den Zustimmungsvorbehalt der Bundesregierung gegenüber ausgabewirksamen Gesetzen (Art.113 GG; vgl. ferner Art. 112 GG).
— Die Gerichte kontrollieren die Verfassungsmäßigkeit der vom Parlament erlassenen Gesetze, vor allem aber die Rechtmäßigkeit einzelner Exekutivakte (Art.93, 19 Abs. 4 GG i. V. m. den jeweiligen Prozessgesetzen, z.B. VwGO).
Ausfluss der Gewaltenteilung ist auch die sog. -9 Inkompatibilität (Verbot der Ämterhäufung, personelle Gewaltenteilung).
Der Grundsatz der Gewaltenteilung wird auf vielfältige Weise durchbrochen (vgl. z. B. Art. 80 GG, wonach
die Exekutive Rechtsverordnungen erlassen darf und damit Aufgaben der Legislative wahrnimmt). Durchbrechungen sind jedoch nur eingeschränkt zulässig. Ein Verstoß gegen das Gewaltenteilung.sprinzip liegt dann vor, wenn ein Eingriff in den Kernbereich einer anderen Gewalt vorliegt oder eine Gewalt ein deutliches Übergewicht erhält.




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