Politische Parteien

Parteien

Parteien, politische.

1.
Nach Art. 21 I GG wirken die P. bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft ihrer Mittel öffentlich Rechenschaft ablegen. Das GG enthält ferner Bestimmungen über die Verfassungswidrigkeit von P. (Art. 21 II; s. u.).

2.
Die nähere bundesgesetzliche Regelung der allgemeinen Verhältnisse der P. enthält das Ges. über die politischen P. (Parteiengesetz) i. d. F. v. 31. 1. 1994 (BGBl. I 149) m. Änd. Nach § 2 ParteienG sind P. Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung des Volkes im Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen (Unterschied zu den sog. Rathausparteien). Voraussetzung ist, dass sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbes. nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten. Mitglieder einer P. können nur natürliche Personen sein. Nach § 1 ParteienG sind die P. ein verfassungsrechtlich notwendiger Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung; ihre Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes ist eine nach dem GG verbürgte öffentliche Aufgabe.

3.
Die P. müssen eine Satzung und ein schriftliches Programm haben, das ihre Ziele wiedergibt. Der Mindestinhalt der Satzungen ist in § 6 II ParteienG festgelegt. Ferner enthält das Gesetz zur inneren Ordnung der P. Vorschriften über die Gliederung, die Organe (Mitglieder- und Vertreterversammlung, Vorstand, allgemeine Parteiausschüsse, Parteischiedsgerichte) und die Willensbildung in den Organen sowie über die Rechte der Mitglieder. Diese können insbes. nur ausgeschlossen werden, wenn sie vorsätzlich gegen die Satzung oder erheblich gegen Grundsätze oder Ordnung der Partei verstoßen und ihr dadurch schweren Schaden zugefügt haben; gegen den Ausschluss muss ein zweistufiges schiedsgerichtliches Rechtsmittelverfahren offen stehen (§ 10 IV, V, § 14 ParteienG). Nach der Rspr. kann auch ein Parteiausschluss von den staatl. Gerichten nur eingeschränkt (nach den für das Vereinsrecht entwickelten Grundsätzen) nachgeprüft werden, nämlich darauf, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde und ob die Entscheidung offenbar unbillig ist (vgl. BGH NJW 1980, 443). Die Aufstellung von Wahlbewerbern für Wahlen zu Volksvertretungen muss in geheimer Abstimmung stattfinden.

4.
Die im ParteienG geregelte staatliche Finanzierung der P. (darunter der „Chancenausgleich“ für kleinere Parteien) war nach dem Urteil des BVerfG vom 9. 4. 1992 (BVerfGE 85, 264) z. T. verfassungswidrig. Die durch G v. 28. 6. 2002 (BGBl. I 2268) und G v. 22. 12. 2004 (BGBl. I 3673) modifizierte Neuregelung sieht in § 18 ParteienG als Grundsatz vor, dass der Staat den P. eine Teilfinanzierung der allgemein ihnen nach dem GG obliegenden Tätigkeit gewährt. Maßstab für die Verteilung der staatlichen Mittel bilden der Erfolg, den eine P. bei Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen erzielt, die Summe ihrer Mitgliedsbeiträge sowie der Umfang der eingeworbenen Spenden (Parteispenden). Das jährliche Gesamtvolumen der staatl. Mittel für alle P. beträgt z. Zt. (G v. 28. 6. 2002) 133 Mio. EUR (absolute Obergrenze) und darf für eine P. die Summe ihrer jährlich selbst erwirtschafteten Einnahmen nicht überschreiten (relative Obergrenze). Die P. erhalten vom Staat 0,70 EUR für jede für sie abgegebene Stimme (0,85 EUR für jede Stimme bis zu 4 Mio. Stimmen) sowie 0,38 EUR für jeden Euro, die sie als Mitgliedsbeitrag oder Spende vereinnahmt haben. Dabei werden nur Zuwendungen bis zu 3300 EUR je natürliche Person berücksichtigt. Anspruch auf die staatl. Mittel haben nur P., die bei der jeweils letzten Europa- oder Bundestagswahl mindestens 0,5% oder einer Landtagswahl 1% oder bei fehlender Landesliste in einem Stimm- oder Wahlkreis 10% der Stimmen erreicht haben. Eine Regelung, wonach bei Nichterfüllung der 0,5%-Quote bei Europa- oder Bundestagswahl bei mindestens drei der vergangenen Landtagswahlen 1,0% erreicht werden mussten, wurde vom BVerfG als verfassungswidrig verworfen, da die Entstehen und Behauptung kleiner Parteien erschwere. Weiter geregelt sind Festsetzungsverfahren und Abschlagszahlungen. Der Präsident des BT setzt jährlich zum 15. 2. die Höhe der staatlichen Mittel für jede anspruchsberechtigte Partei für das vorangegangene Jahr fest (§ 19 a ParteienG).

5.
Die §§ 23 ff. ParteienG enthalten Vorschriften zur Pflicht der P., über die Herkunft ihrer Mittel öffentlich Rechenschaft zu geben. Parteien können Spenden annehmen. Barspenden dürfen nur bis 1000 EUR erfolgen. Spenden von öffentlich-rechtl. Körperschaften, Fraktionen (Fraktion), politischen Stiftungen und gemeinnützigen Einrichtungen, Unternehmen im Eigentum der öffentl. Hand und solche in Erwartung oder als Gegenleistung eines wirtschaftlichen oder politischen Vorteils dürfen nicht angenommen werden. Weitere Einschränkungen bestehen für Spenden aus dem Ausland, von Berufsverbänden, von Unbekannten und für Spenden, die gegen Provision eingeworben wurden (vgl. § 25 ParteienG). Unrichtige Angaben über Einnahmen oder Vermögen von Parteien ist unter Strafe gestellt (§ 31 d ParteienG). S. a. Parteispenden.

6.
P. können unter ihrem Namen klagen und verklagt werden ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform (meist nichteingetragene Vereine).

7.
Zur polit. Bildungsarbeit der P. vgl. auch Stiftungen zur politischen Bildungsarbeit.

8.
P., die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der BRep. zu gefährden, sind verfassungswidrig (Art. 21 II 1 GG).

a) Über die Frage der V. entscheidet das BVerfG (Art. 21 II 2 GG; §§ 13 Nr. 2, 43 ff. BVerfGG). Den Antrag auf Entscheidung, ob eine P. verfassungswidrig ist, kann der Bundestag, der Bundesrat oder die Bundesregierung stellen (eine Landesregierung nur gegen Parteien, deren Organisation sich auf das Gebiet ihres Landes beschränkt). Nach einem Anhörungsverfahren beschließt das BVerfG zunächst, ob der Antrag als unzulässig oder als nicht hinreichend begründet zurückzuweisen oder ob die Verhandlung durchzuführen ist. Erweist sich der Antrag als begründet, so stellt das BVerfG fest, dass die politische P. verfassungswidrig ist. Die Feststellung kann auf einen rechtlich oder organisatorisch selbständigen Teil einer P. beschränkt werden. Mit der Feststellung ist die Auflösung der P. und das Verbot, eine Ersatzorganisation zu schaffen, zu verbinden. Das BVerfG kann in diesem Falle außerdem die Einziehung des Vermögens der P. zugunsten des Bundes oder des Landes zu gemeinnützigen Zwecken aussprechen. Über die Vollstreckung des Verbots einer P. und über das Verbot von Ersatzorganisationen vgl. §§ 32, 33 des ParteienG. Mit dem Urteilsspruch erlöschen die Mandate der Abgeordneten einer verfassungswidrigen P. (vgl. BVerfGE 2, 73; 5, 392). Die „Neugründung“ einer verbotenen Partei ist zulässig, sofern ihr Parteiprogramm nicht gegen Art. 21 II GG verstößt.

b) Bisher sind auf Grund Art. 21 II GG die „Sozialistische Reichspartei“ und die „Kommunistische Partei Deutschlands“ (BVerfGE 2, 1 ff. bzw. 5, 85 ff.) für verfassungswidrig erklärt worden. Das von BReg., BT und BR angestrengte Verfahren zum Verbot der NPD wurde eingestellt, da die Partei während des Verbotsverfahrens durch V-Leute der Verfassungsschutzbehörden beobachtet wurde. Durch deren Präsenz sei staatlicher Einfluss auf die Willensbildung der NPD genommen worden, so dass im Zeitpunkt der Einleitung des Verbotsverfahrens nicht mehr von der Staatsfreiheit der NPD-Führung ausgegangen habe werden können (BVerfG B v. 18. 3. 2003, NJW 2003, 1577).

c) Die Aufnahme einer nicht für verfassungswidrig erklärten P. in einem Verfassungsschutzbericht ist i. d. R. unzulässig (s. Verfassungsschutzbericht, 2).




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