Aussperrung

Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, die Arbeitsbedingungen und die Lohngestaltung zu regeln. Wenn sich beide Seiten aber nicht einigen können und es zu Auseinandersetzungen kommt, bezeichnet man das als Arbeitskampf. In diesem Streit verfügen beide Parteien über scharfe Waffen. Während die Arbeitnehmer gegebenenfalls in den Streik treten können, steht den Arbeitgebern das Mittel der Aussperrung zur Verfügung.

Davon spricht man, wenn ein Arbeitgeber allein oder zusammen mit anderen Arbeitgebern die Arbeitnehmer am Arbeiten hindert und die Lohnzahlung verweigert. Die Aussperrung kann die Reaktion auf einen bereits laufenden Streik der Arbeitnehmer sein, sie kann aber auch als Angriffsmittel erfolgen, um eigene Ziele durchzusetzen.
Ablauf der Aussperrung
In der Regel beginnt der Arbeitgeber die Aussperrung damit, dass er sie seinen Arbeitnehmern gegenüber verkündet. Beendet ist die Maßnahme mit der entsprechenden Gegenerklärung und der Wiederaufnahme der Arbeit durch die Arbeitnehmer. Reagiert der Arbeitgeber mit der Aussperrung bereits auf einen Streik, dann ist einerseits der Arbeitnehmer nicht mehr dazu verpflichtet, seine Arbeitsleistung zu erbringen, und andererseits muss der Arbeitgeber auch den Lohn nicht mehr bezahlen.

Nach der Beendigung einer rechtmäßigen Aussperrung leben die beiderseitigen Pflichten wieder auf. Handelt es sich um eine rechtswidrige Aussperrung, so kann der Arbeitnehmer entweder kündigen oder, indem er seine Arbeitskraft anbietet, den Arbeitgeber in Verzug setzen und so seinen Lohnanspruch absichern.
Siehe auch Streik

Kampfmittel der Arbeitgeber im Arbeitskampf. Sie besteht darin, daß die Arbeitgeber auch arbeitswillige Arbeitnehmer, die sich nicht an einem Streik beteiligen, nicht arbeiten lassen und ihnen auch weder Lohn noch Gehalt zahlen. Die Aussperrung wird von den -»Gewerkschaften bekämpft und ist in den Verfassungen einiger Bundesländer für unzulässig erklärt worden. Dies verletzt aber den Grundsatz der Chancengleichheit im Arbeitskampf und wird daher vom Bundesverfassungsgericht als Verstoß gegen das Grundgesetz angesehen, das gegenüber den Verfassungen der Bundesländer den Vorrang hat.

ist das wichtigste Arbeitskampfmittel der Arbeitgeberseite. Man versteht darunter die planmäßig erfolgte Arbeitsausschließung der AN zur Erreichung eines bestimmten Ziels, die ohne vorherige Ankündigung und ohne das Einverständnis der AN erfolgt. Die A. führt als Gestaltungserklärung dazu, daß die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis suspendiert sind. Daher setzt sie eine eindeutige Erklärung des AG, die Kampfbereitschaft signalisiert, voraus. Es handelt sich um eine Abwehraussperrung, wenn der AG auf ein vorhergehendes Arbeitskampfmittel der AN-Seite (z.B. Streik) reagiert, und um eine Angriffsaussperrung, wenn der AG von sich aus tätig wird.

gezielte Arbeitskampfmassnahme des Arbeitgebers, die - meist als Erwiderung auf einen Streik - zwar die Aufschiebung oder Gesamtlösung der Arbeitsverträge einer grösseren Zahl von Arbeitnehmern ohne Einhaltung von Kündigungsfristen und Kündigungsschutzvorschriften zur Folge hat, aber im allgemeinen mit dem Willen der Weiterbeschäftigung oder Wiedereinstellung nach Beendigung des Kampfes vorgenommen wird. Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers bestehen während der A. nicht. Die A. ist aus Gründen der Waffengleichheit von der Rechtsprechung anerkannt. AbwehrA.

und Streik sind die von der ^ Koalitionsfreiheit geschützten Mittel des Arbeitskampfes. Dabei lehnt die aussperrende Arbeitgeberseite um bestimmter Ziele willen die angebotene Arbeitsleistung einer Gruppe von Arbeitnehmern ab. Die rechtmässige
Aussperrung lässt das Arbeitsverhältnis fortbestehen, befreit aber von der Zahlung des Arbeitslohns.

Arbeitskampf.

Im Sozialrecht:

Arbeitskampf

Im Arbeitsrecht:

ist die von einem o. mehreren AG planmässig erfolgende Arbeitsausschliessung zur Erreichung eines Zieles. Wie beim Streik wird zwischen Angriffs- u. Abwehr-, Voll- u. Teil-, Kampf- u. Demonstrations-, arbeitsrechtl. u. politischer A. unterschieden. Die A. kann nach bisheriger Rspr. mit einer das Arbeitsverhältnis suspendierenden Wirkung erklärt werden (GS AP 1, AP 39, 43, 64, 65 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Verfassungsrechtlich zulässig ist (AP 50), dass besonders geschützte AN wie Betriebsratsmitglieder grundsätzlich nur suspendierend ausgesperrt werden können (AP 110 = NZA 89, 353). In jedem Falle haben alle AN im Falle lösender A. einen Anspruch auf Wiedereinstellung (AP 43). AngriffA sind A., bei denen die AG in einem Tarifgebiet den Arbeitskampf eröffnen u. dabei ein eigenes kollektivvertragliches Regelungsziel verfolgen. Sie sind in der BRD kaum vorgekommen. Die Zulässigkeit der AbwehrA leitet das BAG aus der Tarifautonomie ab. Sie sei als komplementäres Druckmittel hinter den Tarifverhandlungen zulässig; sie könne auch durch die Hessische Landesverfassung nicht verboten werden (AP 101 = NZA 88, 775). Ebenso BVerfG vom 26. 6. 1991 = DB 91, 1678 = NZA 91, 809 = NJW 91, 2545; dazu Coester Jura 92, 84; Löwisch/Rieble DB 93, 882; Müller DB 92, 269; Richardi JZ 92, 27. Aus dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit u. dem übermassverbot folge jedoch eine örtliche und zeitliche Beschränkung der AbwehrA. Kurzstreiks von einer halben Stunde können nicht mit einer zweistündigen A. beantwortet werden (AP 124 = BB 92, 2151). Im übrigen sind sie nur zulässig, wenn sich die angreifende Gewerkschaft auf einen Teilstreik beschränkt u. wenn die dadurch erreichte Begrenzung des Kampfrahmens das Kräfteverhältnis einseitig zugunsten der AN verschieben würde. Im Falle des Teilstreikes verlieren nach den Grundsätzen des Betriebsrisikos alle AN ihre VergütungsansprüChe, die nicht arbeiten können. Bei Schwerpunktstreiks o. enggeführten Streiks, bei denen weniger als 25% der AN des Tarifgebietes streiken, können durch suspensive AbwehrA maximal weitere 25% der AN ausgesperrt wer- den, wobei die aussperrenden AG im Laufe des Arbeitskampfes ausgewechselt werden können o. die zur Verfügung stehenden Aussperrungsmöglichkeiten zunächst nicht ausgenutzt werden, dann aber im weiteren Verlauf durch eine befristete Erweiterung des Arbeitskampfes bis hin auf das ganze Tarifgebiet nachgeholt werden. Streiken mehr als 50% der AN eines Tarifgebietes, so ist die AbwehrA unzulässig, da eine Störung der Kampfparität nicht zu erwarten (AP 64-66). Unzulässig ist, nur die Tarifgebundenen auszusperren (AP 66). Während der A. ruhen die Entgeltansprüche der Ausgesperrten. Der AG kann nicht differenzieren zwischen Streikwilligen u. anderen. Für die Berechnung massgebend sind die Verhältnisse bei dem Aussperrungsbeschluss (AP 84 = NJW 85, 2548 = NZA 85, 537). Auch arbeitsunfähig Erkrankte und Schwerbehinderte können ausgesperrt werden (AP 107 = NZA 88, 890). Während der A. besteht kein Anspruch auf Feiertagsbezahlung, es sei denn, dass AN sich in Urlaub befindet (AP 57, 58 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG = NZA 88, 889, 886).

ist die von Arbeitgeberseite unter Verweigerung der Lohnzahlung planmäßig vorgenommene Nichtzulassung einer Gruppe von Arbeitnehmern zur Dienstleistung, um damit bestimmte Ziele zu erreichen, ohne das Arbeitsverhältnis zu beenden. Die A. ist ein grundsätzlich rechtmäßiges Mittel des Arbeitskampfs (str.). Sie muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Lit.: Söllner, A./Waltermann, R., Arbeitsrecht, 14. A. 2006; Schuh, C., Streik und Aussperrung, 2004

Von der Arbeitgeberseite planmäßig vorgenommene Nichtzulassung einer Mehrzahl von Arbeitnehmern zur Arbeit unter Verweigerung der Lohnzahlung, um damit ein bestimmtes Ziel im Rahmen des Arbeitskampfes zu erreichen. Insbesondere soll durch die Aussperrung eine Streikabkürzung aufgrund der Erhöhung der wirtschaftlichen Belastung der Arbeitnehmerseite erfolgen.
Rechtswirkung einer Aussperrung: Eine solche Aussperrung kann die Arbeitsvertragspflichten zum einen suspendieren (sog. suspendierende Aussperrung). In diesem Fall ruhen die Arbeitsverhältnisse und leben nach Beendigung der Aussperrung wieder auf. Denkbar ist aber auch, dass eine Aussperrung zur Lösung der Arbeitsverhältnisse führt. Es ist umstritten, ob eine sog. lösende Aussperrung mit der Folge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses überhaupt zulässig ist. Nach dem BAG und einem Teil der Literatur kann eine lösende Aussperrung nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zulässig sein, wenn die Arbeitgeberseite damit auf lang anhaltende, besonders intensive oder offensichtlich rechtswidrige Streiks reagiert oder es ihr gelingt, während eines Streiks Arbeitsplätze durch Rationalisierung abzubauen oder anderweitig zu besetzen. Ein anderer Teil des Schrifttums hält die lösende Aussperrung dagegen grundsätzlich für unzulässig. Im Wesentlichen wird hier vertreten, dass für das Rechtsinstitut der lösenden Aussperrung kein praktisches Bedürfnis bestehe, da dem Arbeitgeber — insbesondere bei rechtswidrigen Arbeitskämpfen — ohnehin eine Kündigungsmöglichkeit nach den allgemeinen Kündigungsschutzbestimmungen zustehe.
Arten der Aussperrung: Zu unterscheiden ist grundsätzlich zwischen der Abwehraussperrung und der Angriffsaussperrung. Bei einer Abwehraussperrung reagiert der Arbeitgeber mit der Aussperrung nur auf einen Streik der Arbeitnehmerseite. Dieses Recht zur Reaktion auf Angriffsmaßnahmen hat der Arbeitgeber aus Gründen der Kampfparität. Bei einer Angriffsaussperrung dagegen eröffnet der Arbeitgeber durch die Aussperrung den Arbeitskampf. Auch sie ist nach h. M. grundsätzlich zulässig, allerdings sind die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit einer solchen Angriffsaussperrung (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz; Kampfpartität) sehr hoch, weshalb diese in der Arbeitskampfpraxis kaum eine Rolle spielt.
Rechtmäßigkeit einer Abwehraussperrung:
Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit einer Abwehraussperrung sind:
1. Vorliegen eines Streiks
2. Aussperrungsbeschluss des Arbeitgebers, der der Gewerkschaft zugegangen ist
3. richtige Auswahl der ausgesperrten Arbeitnehmer
4. Verhältnismäßigkeit
Die Aussperrung kann alle Arbeitnehmer eines Betriebes erfassen oder sich nur gegen die Streikenden oder die Arbeitswilligen richten. Es ist dem Arbeitgeber jedoch wegen Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 3 GG verwehrt, lediglich die Gewerkschaftsmitglieder auszusperren. Die zulässige Dauer sowie der zulässige Unifang der Aussperrung sind nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abhängig von der Dauer und dem Umfang des Streiks.
Rechtsfolgen einer rechtmäßigen Abwehraussperrung: Die Rechtsfolgen der Abwehraussperrung sind grundsätzlich dieselben wie bei einem Streik. Die Hauptleistungspflichten werden suspendiert mit der Folge, dass die Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Vergütung und Beschäftigung haben und der Arbeitgeber keinen Anspruch auf Erbringung der Arbeitsleistung. Anders nur bei der lösenden Aussperrung (s. o.).
Die Fernwirkung einer rechtmäßigen Aussperrung sind nach den gleichen Grundsätzen wie die Fernwirkungen eines Streiks zu beurteilen, so dass bei Störungen der Arbeitskampfparität der Vergütungsanspruch auch bei Fernwirkungen einer rechtmäßigen Aussperrung entfällt. Nach dem Bundesarbeitsgericht hat der Arbeitgeber die Fernwirkungen einer rechtmäßigen Aussperrung zu tragen.
Rechtsfolgen einer rechtswidrigen Abwehraussperrung: Bei einer rechtswidrigen Aussperrung haben die Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung des Lohnes wegen Annahmeverzuges des Arbeitgebers nach
§ 615 BGB sowie einen einklagbaren Beschäftigungsanspruch. Daneben steht den Gewerkschaften ein deliktischer Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB i. V. m. § 823 Abs. 1 BGB und Art. 9 GG wegen unzulässigen Eingriffs in das Recht zur koalitionsmäßigen Betätigung zu. Zusätzlich kommen Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB sowie vertragliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB wegen der Verletzung des Tarifvertrages in Betracht. Die Fernwirkung einer rechtswidrigen Aussperrung sind nicht nach den Grundsätzen des Arbeitskampfrisikos, sondern nach den Grundsätzen der Betriebsrisikolehre zu beurteilen. Die Lohnzahlungspflicht der Arbeitnehmer bleibt danach gemäß § 615 S. 3 BGB bestehen.

ist eine Maßnahme des Arbeitskampfs; sie besteht darin, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer aufhebt. Die A. stellt keine Kündigung dar, ist aus diesem Grunde auch nicht an Kündigungsfristen und Kündigungsschutz gebunden. Sie hat i. d. R. nur suspendierende, nicht das Arbeitsverhältnis endgültig auflösende Wirkung (BAG NJW 1971, 1668), führt also zur Wiederbeschäftigung der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitskampfs. Die A. ist aus dem Prinzip der Waffengleichheit (entsprechend dem Streik) als rechtmäßiges Mittel des Arbeitskampfes anerkannt, wenn sie der Abwehr von Streikmaßnahmen dient (keine AngriffsA.), ihr Umfang sich am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientiert (z. B. bei Schwerpunktstreiks) und nicht auf bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern (z. B. Gewerkschaftsmitglieder) beschränkt ist (BAG NJW 1980, 1642; BVerfG WM 1991, 1435). Eine autonome Regelung der Tarifparteien durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung hat Vorrang. Mit wirksamer A., die auch gegenüber nicht streikenden Arbeitnehmern erklärt werden kann, entfällt insbes. die Arbeits- und Lohnzahlungspflicht. Eine nach obigen Grundsätzen rechtswidrige A. verpflichtet zum Schadensersatz aus den gleichen Gründen, die einen Streik rechtswidrig machen. Bei einer rechtmäßigen A. bleibt die Krankenkassenmitgliedschaft bis zu deren Ende erhalten. Bei rechtmäßiger A. bleibt das Versicherungsverhältnis in der Sozialversicherung bestehen; Arbeitspflicht, Entgeltanspruch und Beitragszahlung entfallen (§ 192 SGB V; BSGE 33, 254).




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