Nichtzulassungsbeschwerde

Beschwerde, die sich dagegen richtet, dass das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen hat. Die Möglichkeit der N. ist ein Erfordernis des Rechtsstaatsprinzips, wenn das Rechtsmittel der Revision von einer Zulassung durch das Berufungsgericht abhängig gemacht wird, da dieses andernfalls in Versuchung kommen kann, gerade bei zweifelhaften Urteilen eine Überprüfung durch das Revisionsgericht unmöglich zu machen. Derzeit gibt es die N. nur im Verwaltungs-(§ 132 Abs. 3 VerwaltungsgerichtsO) und im Finanzgerichtsprozess (§ 115 Abs. 3 FinanzgerichtsO); sie ist danach beim Oberverwaltungs- bzw. Finanzgericht binnen einem Monat nach Zustellung des Urteils einzulegen, wobei gleichzeitig die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzulegen oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bzw. des Bundesfinanzhofs, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel, auf dem das Urteil beruht, bezeichnet werden muss; die Einlegung der N. hemmt die Rechtskraft des Urteils; hilft das Gericht der N. nicht ab, entscheidet das Revisionsgericht durch Beschluss, ob die Revision zuzulassen ist; wird sie zugelassen, beginnt die Revisionsfrist mit Zustellung des Beschlusses; es können dann auch andere als in der N. oder im Beschluss angeführte Revisionsgründe geltend gemacht werden. Im Zivilprozess gibt es keine N., obwohl wegen der hohen Revisionssumme (z. Zt.
25 000 EUR) im Durchschnittsprozess die Revision von einer Zulassung abhängig ist, ebensowenig im Arbeits- und Sozialgerichtsprozess.

Bei einer Eigentumswohnung:

Das Rechtsmittel gegen ein erstinstanzliches Urteil ist die Berufung (zweite Instanz) und nicht mehr die sofortige Beschwerde. Rechtsmittel gegen die Berufungsentscheidung ist die Revision (dritte Instanz) zum Bundesgerichtshof. Lässt das Berufungsgericht in seiner Entscheidung über Streitigkeiten nach § 43 Nr. 1 bis 4 WEG die Revision vor dem BGH nicht zu, ist gegen diese Entscheidung wiederum das Rechtsmittel der "Nichtzulassungsbeschwerde" (§§ 543 ff. ZPO) grundsätzlich möglich. Der Gesetzgeber hat die letztgenannte Möglichkeit jedoch bis zum 01.07.2012 ausgeschlossen (§ 62 Abs. 2 WEG), um eine Überlastung des BGH zu vermeiden.

Im Arbeitsrecht:

Urteile der Landesarbeitsgerichte o. deren abschliessende Beschlüsse im Beschlussverfahren können nur dann mit der Revision bzw. im Beschlussverfahren mit der Rechtsbeschwerde angegriffen werden, wenn sie das LAG zugelassen hat (§§ 72I, 92I ArbGG) o. wenn sie das BAG auf N. zulässt. Die N. kann bei dem BAG binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils bzw. Beschlusses eingelegt werden. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils bzw. Beschlusses beigefügt werden, gegen das Revision oder Rechtsbeschwerde eingelegt werden soll. Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten urteils bzw. Beschlusses zu begründen (§§ 72a, 92a ArbGG). Für Einiegung und Begründung gelten die Formvorschriften des Revisionsverfahrens entspr. Sie kann daher nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die N. kommt in zwei Formen vor: Als Grundsatzbeschwerde ist sie nur dann zulässig, wenn a) im Urteilsverfahren die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und Streitigkeiten betrifft zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen o. über Bestehen o. Nichtbestehen von Tarifverträgen, über die Auslegung eines Tarifvertrages, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des LAG hinaus erstreckt o. zwischen tariffähigen Parteien o. zwischen diesen u. Dritten aus unerlaubten Handlungen soweit es sich um Massnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfes o. um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschl. des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechtes der Koalitionen handelt; nicht gestützt werden kann sie auf Eingruppierungsrichtlinien (AP 30 zu § 72a ArbGG 1979 Grundsatz; AP 42 = NZA 92, 473); bei der Grundsatzbeschwerde wegen Auslegung eines Tarifvertrages ist das Tatbestandsmerkmal genau zu bezeichnen, das das LAG fehlerhaft ausgelegt haben soll; b) im Beschlussvetfahren die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat u. Streitigkeiten über die Tariffähigkeit u. Tarifzuständigkeit einer Vereinigung betrifft (AP 4 zu § 92 a ArbGG 1979 = DB 85, 136). c) Als Divergenzbeschwerde ist sie zulässig, wenn die Entscheidung des LAG von einer Entscheidung des gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des BVerfG, BAG o., solange eine Entscheidung des BAG in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben LAG o. eines anderen LAG abweicht u. auf dieser Entscheidung beruht. An die N. werden strenge Anforderungen gestellt (AP 1-3 zu § 72a ArbGG 1979). Die N. ist nicht entspr. anzuwenden, wenn das LAG eine Berufung als unzulässig verworfen u. keine Beschwerde zugelassen hat (AP 1, 2 zu § 77 ArbGG 1979). Es werden Gebühren erhoben (EzA 1, 2 zu § 114 BRAGO). Lit.: Zusammenfassung Schaub, Arbeitsrechtliche Formularsammlung u. Arbeitsgerichtsverfahren, 6. Aufl. 1994.

(z. B. § 132 III Vw- GO) ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung eines Rechtsmittels, das nur auf Grund besonderer Zulassung eingelegt werden kann. Lit.: Wenzel, J., Das neue zivilprozessuale Revisionszulassungsrecht, NJW 2002, 3353; Eggert, MDie Nichtzulassungsbeschwerde der VwGO, 2002

Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in einem nur bei Zulassung revisiblen Urteil. Eine Nichtzulassungsbeschwerde gibt es heute in allen Verfahrensordnungen mit usnahme der StPO (vgl. § 544 ZPO, § 72 a ArbGG, § 133 VwGO, § 160a SGG, § 116 FGO).
Die Beschwerde ist jeweils innerhalb eines Monats ab Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Revisionsgericht (nach § 133 Abs. 2 S.1 VwG() hingegen beim Ausgangsgericht, das — anders als in den übrigen Verfahrensordnungen — der Beschwerde auch abhelfen kann) einzulegen und innerhalb von zwei Monaten ab Zustellung des Urteils zu begründen (die Begründungsfrist kann nach §544 Abs. 2 S. 2 ZPO, § 160 a Abs. 2 S. 2 SGG, § 116 Abs. 3 S. 4 FGO — nicht aber nach ArbGG und VwG() — auf Antrag vom Vorsitzenden verlängert werden). Zur Begründung müssen die jeweils gesetzlich vorgesehenen Zulassungsgründe
(d. h. i. d. R. die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die Notwendigkeit einer revisionsrichterlichen Entscheidung zur Fortbildung des Rechts
bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder das Beruhen des angefochtenen Urteils auf einem schwerwiegenden Verfahrensmangel) dargelegt werden (nicht aber ein etwaiger Revisionsgrund). Die Einlegung der Beschwerde hemmt den Eintritt der Rechtskraft des Urteils.
Das Revisionsgericht entscheidet über die Nichtzulassungsbeschwerde durch (unanfechtbaren) Beschluss. Lehnt es die Beschwerde ab, wird das angefochtene Urteil sofort rechtskräftig. Gibt es der Beschwerde statt, wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gilt dann als Einlegung der Revision. Die Frist für die Revisionsbegründung beginnt mit der Zustellung der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde (in der zivilprozessualen Revisionsbegründung wird regelmäßig, wie von § 551 Abs. 3 Nr. 2 S. 2 ZPO ausdrücklich zugelassen, für die — bereits in der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung ausgeführten — Revisionsgründe auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug genommen).
Für die erst mit dem Gesetz zur Reform des Zivilprozesses eingeführte Nichtzulassungsbeschwerde nach der ZPO gelten (nach Verlängerung durch das 2justizmodernisierungsgesetz) bis zum 31. 12. 2011 besondere Übergangsvorschriften. Bis zu diesem Datum ist eine Nichtzulassungsbeschwerde in Familiensachen überhaupt nicht zulässig (126 Nr.9 EGZPO) und im Übrigen nur dann, wenn der Wert der mit der zuzulassenden Revision geltend zu machenden Beschwerde 20 000 € übersteigt (1 26 Nr. 8 EGZPO).

Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht kann innerhalb eines Monats selbständig durch N. angefochten werden, wobei zur Begründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesgerichts, von der das Urteil abweicht (Divergenzbeschwerde), oder der behauptete wesentliche Verfahrensmangel bezeichnet werden muss (§ 544 ZPO, § 133 VwGO, § 116 FGO, § 160 a SGG, § 72 a ArbGG). Im Arbeitsgerichtsverfahren kann zudem sofortige Beschwerde eingelegt werden, wenn das Berufungsurteil nicht binnen 5 Monaten nach der Verkündung vollständig abgefasst worden ist. Im Zivilprozess muss außerdem bis 31. 12. 2011 der Wert des Beschwerdegegenstandes (Abänderungsbegehren) 20 000 EUR übersteigen (§ 26 Nr. 8 EGZPO). Wird der N. stattgegeben, so beginnt mit Zustellung der Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist (§ 160 a IV SGG, § 72 a V ArbGG); im Zivilprozess, im Verwaltungsstreitverfahren und im finanzgerichtlichen Verfahren wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt (§ 544 VI ZPO, § 139 II VwGO, § 116 VII FGO) und beginnt die Revisionsbegründungsfrist. Über die N. in Kartellsachen vgl. § 75 GWB.




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