Zivilprozess

Der Zivilprozess ist das Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit zur Schlichtung büi gerlicher Rechtsstreitigkeiten. Er ist größtenteils in der Zivilprozessordnung geregelt.

Siehe auch Gericht
Wichtige Verfahrensgrundsätze
Die Verfahrensprinzipien des Zivilprozesses unterscheiden sich teilweise deutlich von denen anderer Verfahrensarten, beispielsweise des Strafprozesses. Leitgedanke ist die Parteiherrschaft: Eine Partei reicht gegen eine andere beim zuständigen Gericht eine Klage ein, die mit einem Antrag auf Verurteilung verbunden ist.
Bis zur gerichtlichen Entscheidung bestimmen allein der Kläger und der Beklagte durch ihr Prozessverhalten den Streitgegenstand. Das bedeutet, dass der Kläger seine Forderung auch zurücknehmen darf oder die Parteien sich auf einen Vergleich einigen können. Genauso kann der Beklagte die Klage anerkennen.
Als Folge der Parteiherrschaft darf das Gericht dem Kläger z.B. nicht mehr zusprechen, als er von sich aus begehrt, selbst wenn es erkennt, dass er eine Berechnung zu seinen Ungunsten vorgelegt hat. Auch darf es nach einhelliger Meinung nicht auf eine Verjährung hinweisen, falls die dadurch begünstigte Partei dies bislang übersehen hat. Hält sich das Gericht nicht an diese Maximen und macht es eine Prozesspartei auf derartige Fehler aufmerksam, kann es sich unter Umständen dem Vorwurf der Befangenheit aussetzen.
Eine weitere wichtige Grundlage des Zivilprozesses ist das Prinzip der Öffentlichkeit. Grundsätzlich kann jedermann einem Verfahren beiwohnen. Ausnahmen gelten bei Familien-, Kindschafts- und Betreuungssachen. Der Öffentlichkeitsgrundsatz bedingt außerdem das Mündlichkeitsprinzip. Es besagt, dass vor Gericht mündlich verhandelt wird und nur das in gesprochener Form Vorgetragene in der Entscheidung Berücksichtigung findet.
Gang des Verfahrens
Ein Zivilprozess beginnt mit der Erhebung der Klage. Die Klageschrift muss
* die beteiligten Parteien aufführen,
* das anzurufende Gericht
* einen Antrag enthalten,
* den zugrunde liegenden Sachverhalt erläutern.

Beim Amtsgericht besteht kein Anwaltszwang, sodass eine Partei auch selbst die Klage einreichen kann. Dabei hat sie die Möglichkeit, sich an die Rechtsantrag-stelle des betreffenden Gerichts zu wenden. Ein Bediensteter unterstützt sie dort beim Abfassen der Klageschrift.

Die Klage wird nur dann zugestellt, wenn der Kläger Prozesskostenhilfe bekommt oder wenn er einen Gerichtskostenvorschuss von drei Gebühren entrichtet, die sich aus dem Streitwert berechnen. Er kann der Klage entweder einen Scheck beifügen oder die Zahlungsaufforderung des Gerichts abwarten.

Prinzipiell kann jemand seine Klage jederzeit im Verlauf eines Verfahrens zurücknehmen. Ohne Einwilligung der Gegenseite ist das allerdings nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zulässig. Auf Antrag der beklagten Partei muss der Kläger dann deren Kosten tragen. Nach der Rücknahme sieht man den Rechtsstreit als nicht anhängig geworden an, was bedeutet, dass die Klage ohne Beschränkungen erneut eingereicht werden darf.

Es gibt zwei Möglichkeiten, die Hauptverhandlung vorzubereiten:
* Das Gericht beraumt einen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung an, den es den Prozessbeteiligten per Post mitteilt. Gleichzeitig fordert es die beklagte Partei auf, sich innerhalb eines bestimmten Zeitraums schriftlich zu äußern und gegebenenfalls auf die Klage zu erwidern. Zwischen der Zustellung der Klageschrift und der mündlichen Verhandlung muss eine so genannte Einlassungsfrist liegen. Dabei handelt es sich um eine Zeitspanne von mindestens zwei Wochen.
* Zunächst erfolgt ein schriftliches Vorverfahren. Wenn der Beklagte sich wehren will, hat er das Gericht von seiner Absicht brieflich in Kenntnis zu setzen: Er muss eine Verteidigungsanzeige einreichen, und zwar binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Klageschrift. Nach Einreichung der Verteidigungsanzeige beginnt eine weitere Frist von mindestens zwei Wochen zur schriftlichen Klageerwiderung, in der der Beklagte den gesamten Sachverhalt aus seiner Sicht darzulegen und die notwendigen Beweisanträge zu stellen hat. Geht bis zum gesetzten Termin keine Verteidigungsanzeige beim Gericht ein, dann erlässt dieses auf Antrag des Klägers ein Versäumnisurteil. Das schriftliche Vorverfahren ist sinnvoll, wenn man nicht mit einer Verteidigung der beklagten Partei rechnen kann. Es empfiehlt sich für den Kläger, bereits in der Klage für den Fall der Anordnung eines solchen Vorverfahrens ein Versäumnis- oder Anerkenntnisurteil zu beantragen. Falls die Gegenseite nämlich die Forderung akzeptiert, kann das Gericht ohne eine mündliche Verhandlung ein Anerkenntnisurteil erlassen.

Trotz der vorrangigen Bedeutung der mündlichen Verhandlung ist der Zivilprozess also stark durch das Verfassen der Schriftsätze geprägt. Die Prozessparteien haben ihren Anspruch bzw. die Ablehnung der Forderung detailliert zu begründen. Außerdem müssen sie darlegen, wie sie ihre Angaben beweisen wollen, z. B. durch die Vernehmung eines Zeugen oder ein Sachverständigengutachten. Grundsätzlich gelten strenge Vorschriften bezüglich Verspätungen. Das Gericht weist einen nicht fristgerecht eingehenden Prozessvortrag zurück, wenn die Zulassung seiner Überzeugung nach den Rechtsstreit hinausziehen würde und die betreffende Partei die Verzögerung nicht ausreichend entschuldigt. Beispielsweise werden nach der letzten mündlichen Verhandlung vorgebrachte Angriffs- und Verteidigungsmittel ausnahmslos nicht mehr berücksichtigt. Die Vorschriften sollen helfen, die Parteien am Taktieren zu hindern und eine Prozessverschleppung zu vermeiden.

§§ 275 ff ZPO

Siehe auch Gerichtskosten
Urteil
Der Zivilprozess endet mit der Verkündung eines Urteils, das im Namen des Volkes ergeht. Es lautet entweder auf Abweisung der Klage oder auf Verurteilung des Beklagten. Bei der Verlesung besteht keine Anwesenheitspflicht für die Parteien.

Das Urteil
* bezeichnet die Parteien,
* listet die Beteiligten bei Gericht auf,
* nennt das Datum der letzten mündlichen Verhandlung,
* enthält die Urteilsformel, den Tatbestand und die Entscheidungsgründe.

Im Tatbestand legt das Gericht kurz die Sach- und Streitlage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung dar und führt die Anträge der Parteien auf. Wegen weiterer Einzelheiten verweist es auf die Schriftsätze. Der Tatbestand muss nicht im Urteil enthalten sein, wenn unzweifelhaft kein Rechtsmittel einzulegen ist. Auch die Urteilsbegründung kann entfallen, sofern die Parteien spätestens am zweiten Tag nach Schluss der mündlichen Verhandlung darauf verzichten.

Nicht die Verkündung des Urteils, sondern erst seine Zustellung an die Parteien setzt die Fristen für Rechtsmittel in Gang.

Siehe auch Rechtsmittel, Urteil


Voraussetzungen für den Zivilprozess
Zu den Prozessvoraussetzungen gehören u. a.:
* Die Zulässigkeit des Rechtsweges zu einem ordentlichen Gericht ist festzustellen.
* Das angerufene Gericht muss örtlich und sachlich zuständig sein.
* Die Erhebung der Klage hat ordnungsgemäß zu erfolgen.
* Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers muss gesichert sein, d. h., das Gericht soll nicht unnötig in Anspruch genommen werden.
* Die Parteien müssen prozessfähig sein.



Typische Inhalte von Zivilprozessen
Bestimmte Formen der Klage sind in der ordentlichen Gerichtsbarkeit vorherrschend.
- Die Zahlungsklage: Sie gehört zu den häufigsten Verfahren bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Der Kläger will damit die Verurteilung der Gegenpartei zur Entrichtung eines bestimmten Geldbetrags nebst Zinsen erreichen.
- Die Unterlassungsklage: Hierbei verlangt der Kläger vom Prozessgegner, dass dieser ein bestimmtes Verhalten unterlässt. Man kann damit etwa gegen einen rücksichtslosen Nachbarn vorgehen, der seine Mitbewohner durch ständigen Lärm tyrannisiert. Oft empfiehlt es sich, gleichzeitig mit der Klage zu beantragen, das Gericht solle für den Fall der Zuwiderhandlung nach einer Verurteilung ein angemessenes Ordnungsgeld oder, wenn dieses nicht beizutreiben ist, ersatzweise Ordnungshaft verhängen.
- Die Feststellungsklage: Sie ist sinnvoll, wenn sich zwei Personen über das Bestehen eines Rechtsverhältnisses oder dessen wirksame Beendigung streiten. Hat z. B. ein Vermieter ein Mietverhältnis gekündigt, dann braucht der Mieter nicht die Räumungsklage abzuwarten, um sich dagegen zu wehren. Mithilfe einer Feststellungsklage kann er die Wirksamkeit der Kündigung überprüfen lassen. Eine solche Klage ist aber nur zulässig, wenn ein aktuelles Feststellungsinteresse besteht und keine andere Form der Klage zum Ziel führen könnte.
- Die Abänderungsklage: Diese kommt in Betracht, wenn nach einer Verurteilung zu wiederkehrenden Leistungen eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eintritt. So kann z. B. ein unterhaltspflichtiger Elternteil einige Jahre nach der Festlegung der monatlichen Zahlungen an sein Kind über ein besseres Einkommen verfügen und deshalb zu höheren Leistungen verurteilt werden. Genauso ist es möglich, dass geringere Zahlungen anfallen, weil das Kind eine Berufstätigkeit aufgenommen hat.
- Die Auskunftsklage: Falls jemand eigene Ansprüche nicht zu beziffern vermag, weil ihm Auskünfte der Gegenpartei über bestimmte Sachverhalte fehlen, kann er Auskunftsklage erheben. Meist geht es dabei um das Einkommen des Beklagten. Will beispielsweise eine Frau vor einer Scheidung ihren Zugewinnausgleich ermitteln lassen, so braucht sie dazu eine wahrheitsgemäße Angabe über das Vermögen ihres Partners. Verweigert er die Information, wird das angerufene Gericht ihn zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses verurteilen. Anschließend kann die Frau eine Zahlungsklage einreichen, um ihre Ansprüche durchzusetzen.
- Die Stufenklage: In Einzelfällen bietet es sich an, die Auskunftsmit der Zahlungsklage zu verbinden. Gegebenenfalls muss der Beklagte dabei über den Wahrheitsgehalt der Auskunft eine Versicherung an Eides statt abgeben.
- Die Widerklage: Ein Beklagter, der eine Forderung nicht anerkennt, sondern vielmehr selbst einen Anspruch geltend macht, kann in dem Verfahren gegen ihn eine eigene Klage erheben. Man nennt sie Widerklage. Die Zivilprozessordnung schreibt zwar keine solche Verknüpfung zweier sich kreuzender Klagen vor, doch spricht zum einen die Verfahrensökonomie dafür und zum andern verringern sich dadurch die Prozesskosten. Der Rechtsanwalt des Beklagten wird anhand der Sachlage entscheiden, ob ihm eine Widerklage oder zwei getrennte Verfahren ratsam erscheinen.

§§ 77, 254, 256, 323,
506 ZPO

(= bürgerlicher Rechtsstreit). 1) Der Z. ist ein staatliches Verfahren, das dem Rechtsuchenden die Durchsetzung und Sicherung bürgerlichrechtlicher Ansprüche ermöglichen soll. Es soll an Stelle der i.d.R. verbotenen Selbsthilfe Ansprüche verwirklichen helfen. Daneben soll der Z. dem sachlichen Recht zum Sieg verhelfen. Zum Güteverfahren Gütestelle. Vgl. auch Schiedsgericht. - 2) Im Z. bleibt die Verfügungsbefugnis der Parteien über ihre Rechte erhalten, soweit nicht öffentlich-rechtliche Gesichtspunkte entgegenstehen (z.B. im Eheprozess) . Die Parteien bestimmen daher den Fortgang des Verfahrens (Dispositionsmaxime) und können z. B. durch Anerkenntnis die Erforschung der wahren Sachlage unmöglich machen. Häufungsgrundsatz. Rügerecht. - 3) Wichtige Verfahrensgrundsätze: Von Partei zu Partei und zum Gericht entstehen Mitwirkungs-, Förderungs- und Wahrheitspflichten, deren Einhaltung nicht erzwungen werden kann, bei deren Verletzung aber die pflichtwidrig handelnde Partei Rechtsnachteile hinnehmen muss (z.B. bei Säumnis den Erlass eines Versäumnisurteils). Das Verfahren ist öffentlich und grundsätzlich mündlich (Mündlichkeitsgrundsatz). Meist werden im mündlichen Verhandlungstermin nur Anträge (Eventualantrag) gestellt, während die Sach- und Rechtsausführungen in Schriftsätzen enthalten sind, auf die Bezug genommen wird (nachgelassenes Vorbringen). Auch im Z. muss stets das rechtliche Gehör gewährt werden. Der Z. ist sowohl Erkenntnisverfahren mit dem Ziel, durch richterliche Entscheidung einen Anspruch im Wege des Leistungs-, Feststellungs- oder Gestaltungsurteils durchzusetzen, als auch Vollstreckungsverfahren zur Erzwingung des zugesprochenen Anspruchs (Zwangsvollstrekkung). Die gesetzlichen Grundlagen des Z.ses finden sich hauptsächlich in der Zivilprozessordnung (ZPO) und im GerichtsverfassungsG; Siehe auch: Statusprozess, Klage, Einlassungsfrist, Ladefrist, Mahnverfahren, Sühneversuch, Ruhen des Verfahrens, Vorgreifliches Rechtsverhältnis.

ist das Verfahren der ordentlichen Gerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Es ist grösstenteils in der ZPO, daneben aber auch in anderen Gesetzen, wie GVG u. ZVG, geregelt. Man unterscheidet das Erkenntnisverfahren, das der Feststellung von Rechten dient, vom Vollstreckungsverfahren, das die Durchsetzung der gerichtlich festgestellten Rechte zum Gegenstand hat. (Zum Erkenntnisverfahren das Folgende; zum Vollstreckungsverfahren Zwangsvollstreckung.)
Das Erkenntnisverfahren des Z. ist durch bestimmte Verfahrensprinzipien geprägt, die sich von denen anderer Verfahrensarten (z.B. des Strafprozesses) teilweise deutlich abheben. Es steht unter dem Leitgedanken der Parteiherrschaft: Der Prozess kommt in Gang durch die Klage einer Partei u. wird bis zur gerichtlichen Entscheidung von den Parteien bestimmt; der Kläger kann seine Klage zurücknehmen, der Beklagte kann die Klageforderung anerkennen, beide Parteien können den Prozess durch Vergleich erledigen (Dispositionsmaxime). Auch der Prozessstoff wird von den Parteien beigebracht u. mündlich oder schriftlich vorgetragen (Verhandlungsmaxime). Zwar verpflichtet § 138 ZPO die Parteien zur Abgabe vollständiger u. wahrheitsgemässer Erklärungen, und der Interessengegensatz im Prozess wird i. d. R. dafür sorgen, dass dies wenigstens seitens der Partei geschieht, der an der Wahrheitsfeststellung gelegen ist; zwar statuiert § 139 ZPO eine Aufklärungspflicht des Gerichts (das auf vollständige Erklärungen über die rechtserheblichen Tatsachen, auf Ergänzung unzureichender Erklärungen u. Beweisantritte, auf sachdienliche Anträge hinzuwirken hat). Aber wenn beide Parteien ein Interesse daran haben, bestimmte Tatsachen zu verschweigen, einen wichtigen Zeugen zu schonen oder ein Beweismittel zurückzuhalten, kann das Gericht nicht über das Vorbringen der Parteien hinausgehen.
In Ehe- und Kindschaftssachen ist die Verhandlungsmaxime im öffentlichen Interesse eingeschränkt. Aber auch hier ist die Parteiherrschaft nicht völlig beseitigt, wie die sog. Konventionalscheidungen zeigen, bei denen die Parteien ihr beiderseitiges Vorbringen vorher vereinbart haben. Ein weiterer Grundsatz des Z. ist das Prinzip der Öffentlichkeit (Ausnahmen: Familien-, Kindschafts- u. Entmündigungssachen), das mit den Grundsätzen der Mündlichkeit u. Unmittelbarkeit zusammenhängt. Das Prinzip der Mündlichkeit hat allerdings durch die in Anwaltsprozessen übliche blosse Bezugnahme auf vorbereitende Schriftsätze viel an Bedeutung verloren.
Eine gerichtliche Entscheidung über den mit der Klage geltend gemachten Anspruch (Sachentscheidung) kann nur ergehen, wenn die Klage zulässig ist, d.h. wenn die Prozessvoraussetzungen (genauer: Sachurteilsvoraussetzungen) erfüllt sind. Dazu gehören u.a.: die Zulässigkeit des Rechtsweges zum ordentlichen Gericht, die örtliche u. sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, die ordnungsgemässe Klageerhebung, das Rechtschutzbedürfnis (das eine unnötige Inanspruchnahme des Gerichts verhindern soll), ferner die Parteifähigkeit u. die Prozessfähigkeit der Parteien. Im übrigen darf der auf einen bestimmten Sachverhalt gestützte prozessuale Anspruch (der sog. Streitgegenstand) nicht infolge Klageerhebung bei einem anderen Gericht rechtshängig oder von diesem rechtskräftig entschieden sein.
Zu einigen Prozessvoraussetzungen im einzelnen:
Für das erstinstanzliche Verfahren ist sachlich zuständig (§§ 23 ff., 71 GVG): das Amtsgericht für vermögensrechtliche Streitigkeiten, ferner - ohne Rücksicht auf den Streitwert - für Mietsachen, Kindschafts- u. Unterhaltssachen, Familiensachen (für letztere besteht eine als Familiengericht eingerichtete besondere Abteilung); das Landgericht für alle übrigen Streitigkeiten, wobei der Rechtsstreit in Handelssachen - Streitigkeiten aus beiderseitigen Handelsgeschäften, aus Wechsel oder Scheck, aus Gesellschaftsverträgen usw. - auf Antrag einer Partei statt vor der Zivilkammer vor der mit einem Berufsrichter u. zwei ehrenamtlichen Handelsrichtern besetzten Kammer für Handelssachen geführt wird. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem - allgemeinen oder besonderen - Gerichtsstand (§§ 12 ff. ZPO). Allgemeiner Gerichtsstand ist der Wohnsitz des Schuldners, d. h., der Kläger muss grundsätzlich vor das Wohnsitzgericht des beklagten Schuldners ziehen. Er kann statt dessen auch einen besonderen Gerichtsstand wählen: z.B. bei einem Streit aus Vertrag dort, wo der Schuldner die geschuldete Leistung zu erfüllen hat, oder bei einer Klage aus unerlaubter Handlung dort, wo das Delikt begangen wurde. Es gibt aber auch örtliche Zuständigkeiten, die zwingend vorgeschrieben sind (ausschliesslicher Gerichtsstand). So muss bei Grundstückstreitigkeiten u. bei Mietsachen ausnahmslos vor dem Gericht geklagt werden, in dessen Bezirk das Grundstück bzw. der Wohnraum liegt; bei Ehesachen vor dem Familiengericht, in dessen Bezirk die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 606 ZPO). Früher war es möglich, dass die Parteien, soweit nicht ein ausschliesslicher Gerichtsstand bestimmt war, eine ZuständigkeitsVereinbarung (Gerichtsstandsvereinbarung) trafen (auch stillschweigend dadurch, dass der Beklagte vor dem örtlich an sich nicht zuständigen Gericht zur Hauptsache verhandelte, ohne die Unzuständigkeit zu rügen). Solche Zuständigkeitsvereinbarungen, die vielfach mit Hilfe Allgemeiner Geschäftsbedingungen zum Nachteil der sozial Schwächeren missbraucht wurden, sind heute im wesentlichen nur noch zwischen Vollkaufleuten zulässig (§38 ZPO). Parteifähigkeit ist die Fähigkeit, im Z. Partei zu sein; sie deckt sich gem. § 50 ZPO grundsätzlich mit der Rechtsfähigkeit; daher ist auch eine juristische
Person parteifähig. Prozessfähigkeit bedeutet demgegenüber die Fähigkeit, im Z. Prozesshandlungen - z.B. Klageerhebung, Beweisantrag - vornehmen zu können, sie ist prinzipiell an die Geschäftsfähigkeit gebunden (§ 51 ZPO). Beim Mangel der Prozessfähigkeit muss die Partei durch ihren gesetzlichen Vertreter vertreten werden. Im übrigen ist zu beachten, dass vom Landgericht an aufwärts u. für die wichtigsten Familiensachen beim Amtsgericht (Familiengericht) Anwaltzwang besteht, d. h., dass die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten sein müssen.
Das erstinstanzliche Verfahren endet - sofern es nicht anderweitig, z.B. durch Prozessvergleich, abgeschlossen wurde - durch Urteil (§§ 300 ff. ZPO). Dieses lautet entweder auf Abweisung der Klage oder auf Verurteilung des Beklagten im Sinne des klägerischen Anspruchs. Die Klage wird durch Prozessurteil als unzulässig abgewiesen, wenn eine Prozessvoraussetzung fehlt; sie wird durch Sachurteil als unbegründet abgewiesen, wenn zwar sämtliche Prozessvoraussetzungen, nicht aber die materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Der Klage wird stattgegeben, wenn die Prozessvoraussetzungen gegeben sind u. sich die Klage als (materiell-rechtlich) begründet erweist. ("Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR ... zu zahlen.")
Gegen die erstinstanzlichen Urteile des Amtsgerichts u. des Landgerichts kann - sofern der Beschwerdewert in vermögensrechtlichen Streitigkeiten übersteigt - Berufung beim Landgericht bzw. beim Oberlandesgericht eingelegt werden; in Familien-
u. Kindschaftssachen verläuft der Instanzenzug vom Amtsgericht zum Oberlandesgericht als Berufungsinstanz (§§511 ff. ZPO, §§ 72, 119 GVG). Die Berufung führt zur Nachprüfung des angefochtenen Urteils in tatsächlicher u. rechtlicher Hinsicht. Allerdings können im Interesse der Prozessbeschleunigung neue Angriffs- u. Verteidigungsmittel nur in beschränktem Umfang vorgebracht werden. Die Berufung muss innerhalb eines Monats nach Urteilszustellung erhoben werden. Gegen Berufungsurteile der Oberlandesgerichte gibt es die Revision beim BGH, die die Nachprüfung der Entscheidung ausschliesslich unter rechtlichen Gesichtspunkten zur Folge hat (§§ 545 ff. ZPO, § 133 GVG). Dieses Rechtsmittel kann in vermögensrechtlichen Streitigkeiten grundsätzlich nur bei einer Revisionssumme eingelegt werden, im übrigen nur dann, wenn das OLG die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache oder wegen Abweichens des Berufungsurteils von der höchstrichterlichen Rspr. zugelassen hat. (Die nicht unbedenkliche Einschränkung der Revisionsmöglichkeit soll einer Überlastung des BGH entgegenwirken.) Die Revisionsfrist beträgt wie die Berufungsfrist 1 Monat. Zu Berufung u. Revision i. e. Rechtsmittel.
Ein Urteil wird formell rechtskräftig, wenn es nicht oder nicht mehr mit einem Rechtsmittel Berufung, Revision) anfechtbar ist. Die formelle Rechtskraft ist zugleich Voraussetzung der materiellen Rechtskraft. Sie bedeutet, dass jedes andere Gericht in einem späteren Prozess der Parteien über denselben Streitgegenstand an die einmal ergangene Entscheidung gebunden ist.

ist das staatlich angeordnete und geregelte Verfahren vor staatlichen Gerichten zur Feststellung, Durchsetzung und vorläufigen Sicherung privater Rechte eines Rechtssubjekts. Der Z. ist eine besondere Art des streitigen Verfahrens. Er gliedert sich vor allem in Erkenntnisverfahren und Vollstreckungsverfahren (Zwangsvollstreckung). Er ist geregelt in der Zivilprozessordnung. Er ist grundsätzlich vom Beibringungsgrundsatz und der Parteiherrschaft geprägt. Übersteigt der Streitwert 600 Euro nicht, so kann dabei nach § 495 a ZPO das Gericht sein Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen. Mit Zustimmung der Parteien kann das Gericht Schriftlichkeit der Verhandlung anordnen (§ 128 II, III ZPO). Kostenentscheidungen und Entscheidungen, die nicht Urteile sind, können grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 128 III, IV ZPO). Zivil verfahrensrecht, Gütestelle Lit.: Tempel, O./Theimer, A., Mustertexte zum Zivilprozess, Bd. 1 f. 5. A. 2003, 6. A. 2007; Knöringer, D., Die Assessorklausur im Zivilprozess, H.A. 2005; Schellhammer, K., Zivilprozess, 12. A, 2007; Anders, M./Gehle, B., Antrag und Entscheidung im Zivilprozess, 3. A. 2000; Zivilprozessreform 2002, zusammengestellt v. Rimmelspacher, B., 2002; Pantle, N./Kreissl, S., Die Praxis des Zivilprozesses, 3. A. 2002; Förschler, P., Der Zivilprozess, 6. A. 2004; (Schräder/)Steinert/Theede, Zivilprozess, 8. A. 2004; Prechtel, G., Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 3. A. 2006; Kammerlohr/Kroiß, Anwaltliche Tätigkeit im Zivilprozess, 2006

ist das Verfahren der ordentlichen Gerichte (Prozessgericht) in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Z. im weiteren Sinne ist auch das Verfahren der Arbeitsgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten). Im Z. unterscheidet man das Erkenntnisverfahren und das Vollstreckungsverfahren (die Zwangsvollstreckung). Der Z. ist hauptsächlich geregelt durch die ZPO i. d. F. v. 5. 12. 2005 (BGBl. I 3202), ber. BGBl. 2006 I 431, 2007 I 1781, m. Änd., außerdem durch Vorschriften in zahlreichen anderen Gesetzen, insbes. durch das GVG und das ZVG. Der Z. wird durch die Parteien in Gang gesetzt, im Urteilsverfahren durch die Klage, in anderen Prozessarten (auch im Mahnverfahren) durch Antrag. Danach wird der Prozess (Rechtsstreit) durch Gericht und Parteien weiterbetrieben. Zum Verfahren mündliche Verhandlung, schriftliches Verfahren, Vereinfachtes Verfahren; es endet i. d. R. durch gerichtliches Urteil, Prozessvergleich oder Klage (Antrags)rücknahme.
Prozeß, der vor einem Zivilgericht geführt wird, zum Beispiel Klagen auf Zahlung eines Kaufpreises, Werklohns, Mietzinses, Schadensersatzes, Ersatz von Aufwendungen Unterhalt, aber auch auf Räumung einer Wohnung, Herausgabe von Sachen, •*Scheidung einer Ehe, Feststellung der Ehelichkeit eines Kindes. Der Zivilprozeß ist im wesentlichen in der Zivilprozeßordnung (ZPO) aus dem Jahre 1877, neu gefaßt im Jahre 1950, geregelt. Er wird beherrscht von der sogenannten Parteimaxime, das heißt das Gericht wird immer nur auf eine Klage hin tätig, es ist an die von den Parteien bestellten Anträge gebunden, es berücksichtigt nur die von ihnen vorgetragenen Tatsachen und erhebt nur die von ihnen angetretenen Beweise (Ausnahmen gibt es in Ehe- und Kindschaftssachen). Der Zivilprozeß beginnt entweder mit einem Mahnverfahren oder mit der Erhebung einer Klage. Das Gericht fordert dann zunächst einen Vorschuß auf die -»Prozeßkosten. Wird dieser vom Kläger gezahlt, oder wird dem Kläger bei Mittellosigkeit auf seinen Antrag hin Prozeßkostenhilfe bewilligt, soll das Gericht den Prozeß zunächst soweit vorbereiten, daß er möglichst in einer mündlichen Verhandlung entschieden werden kann, und erst dann einen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen, zu dem es die Parteien lädt. Erscheint eine Partei nicht, so kann gegen sie ein Versäumnisurteil ergehen. In dem Termin erörtert das Gericht die Sach-und Rechtslage mit den Parteien, läßt diese ihre Anträge stellen, erhebt etwa erforderliche Beweise und verkündet dann seine Entscheidung (entweder ein Urteil oder einen Beschluß). Diese kann allerdings auch in einem besonderen Verkündungstermin verkündet werden. Das Urteil wird den Parteien vom Gericht übersandt, die nun entscheiden müssen, ob sie dagegen ein Rechtsmittel einlegen wollen. Es wird ihnen im allgemeinen keine Belehrung über das zulässige Rechtsmittel erteilt. Es empfiehlt sich daher immer, sich in einem Zivilprozeß von einem Rechtsanwalt vertreten zu lassen, auch wenn kein Anwaltszwang besteht. Die Vollstreckung aus dem Urteil muß die Partei, die gewonnen hat, selbst betreiben, wozu sie sich eines Gerichtsvollziehers oder des Vollstreckungsgerichts bedienen kann.




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