Willenserklärung

Jedes Verhalten einer Person, mit dem sie einen rechtlichen Erfolg herbeiführen will. Um dies wirksam tun zu können, muß sie die Geschäftsfähigkeit besitzen. Ferner darf die Willenserklärung nicht gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen, sonst verfällt sie der Nichtigkeit (§§ 134, 138 BGB). Die meisten Willenserklärungen sind empfangsbedürftig, das heißt sie müssen einer anderen Person zugehen (in ihren Empfangsbereich gelangen, nicht unbedingt auch tatsächlich von ihr zur Kenntnis genommen werden), um wirksam zu sein (Ausnahmen hiervon sind die Errichtung einer Stiftung, die Auslobung, das Testament). Die Parteien können einer Willenserklärung auch noch weitere Wirksamkeitserfordernisse selbst hinzufügen (Bedingungen). Man kann Willenserklärungen auch durch andere Personen, sogenannte Vertreter, mit Wirkung für und gegen sich abgeben lassen. Innerhalb der Willenserklärungen unterscheidet man zwischen einseitigen und mehrseitigen Willenserklärungen. Bei einseitigen Willenserklärungen bildet eine einzige Willenserklärung bereits ein vollständiges Rechtsgeschäft (zum Beispiel eine Kündigung). Mehrseitige Willenserklärungen setzen dagegen mehrere Willenserklärungen voraus, bevor ein vollständiges Rechtsgeschäft vorliegt (zum Beispiel bei einem Vertrag oder einem Beschluß). Außerdem unterscheidet man zwischen verkörperten Willenserklärungen, die in einer Urkunde niedergelegt sind, und nichtverkörperten Willenserklärungen, die entweder mündlich oder durch ein schlüssiges Verhalten abgegeben werden. Auch letztere sind voll wirksam, es sei denn, daß besondere Formvorschriften bestehen.

ist die auf einen rechtlichen Erfolg gerichtete private Willensäußerung. Der äußere Tatbestand der Willenserklärung besteht in der Schaffung eines Erklärungstatbestands, der sich für den objektiven Beobachter als die Äußerung eines Rechtsfolgewillens darstellt (z.B. Sprechen, Schreiben, konkludentes Verhalten). Der innere (subjektive) Tatbestand einer mangelfreien W. besteht aus dem Handlungswillen, dem Erklärungswillen oder -bewußtsein und dem Geschäftswillen.

• Abgabe bedeutet nach allgemeiner Ansicht „die willentliche Entäußerung einer Erklärung in den Rechtsverkehr“ (z.B. durch Absenden eines Briefes oder Beauftragung eines Boten). Bei nicht empfangsbedürftigen W. genügt die Abgabe für die Wirksamkeit der W.. Bei empfangsbedürftigen W. ist für die Wirksamkeit neben der Abgabe der Zugang erforderlich, § 130 I S.1 BGB. Eine einmal abgegebene empfangsbedürftige W. kann nur noch gem. § 130 I S.2 BGB widerrufen werden.

• Abhandengekommen ist eine W., die ohne eine willentliche Entäußerung des Erklärenden, d.h. ohne Abgabe in den Rechtsverkehr gelangt ist (z.B. die Putzfrau nimmt einen Brief aus dem Papierkorb und schickt ihn ab). Nach h.M. ist eine solche W. nicht wirksam. Da es bereits an der Abgabe fehlt, ist auch ein wirksamer Zugang nicht mehr möglich. Eventuell kann aber eine Schadensersatzpflicht nach §122 BGB analog oder aus c.i.c. in Betracht kommen. Nach einer Mindermeinung soll die Willenserklärung hingegen zum Schutz des Erklärungsempfängers wirksam sein, dem Erklärenden aber ein Anfechtungsrecht nach §119 1 BGB zustehen. Dagegen spricht aber, daß fahrlässiges Verhalten grundsätzlich nur zum Schadensersatz führt und nicht z.B. zu einem wirksamen Vertragsschluß.

• Zugang. Der Zugang einer W. erfordert, daß sie in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt und daß dieser unter Berücksichtigung der normalen Umstände die Möglichkeit hat, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme durch den Empfänger kommt es daher für den Z. gar nicht an. § 130 I S.1 BGB regelt nur den Zugang von empfangsbedürftigen W. unter Abwesenden. Jedoch ist nach allgemeiner Meinung auf den Zugang einer empfangsbedürftigen W. unter Anwesenden § 130 I S.1 BGB analog anzuwenden.

Verhalten, durch das jemand einen rechtsgeschäftlichen Willen (Geschäftswille) zum Ausdruck bringt, d. h. den Willen, durch seine Willensäusserung Rechtsfolgen herbeizuführen. W. ist notwendiger Bestandteil des Rechtsgeschäfts.
I. d. R. formlos. Bei der Auslegung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (Verkehrssitte). Bei Irrtum, arglistiger Täuschung oder Drohung ist Anfechtung (Anfechtbarkeit) möglich; §§ 116 ff. BGB. Empfangsbedürftige Erklärung, Stillschweigende Erklärung, Emstlichkeit, Scheingeschäft, Gesamtakt. Telefonische Übermittlung von W.

- ein im BGB nicht definierter, sondern vorausgesetzter Begriff (§§ 116 ff.) - ist die Äusserung eines auf eine rechtliche Wirkung abzielenden Willens. Der Erklärende will mit ihr ein privates Rechtsverhältnis begründen, ändern oder aufheben. Die W. ist notwendiger Bestandteil eines Rechtsgeschäfts. Sie setzt begrifflich zunächst das Vorhandensein eines Willens voraus. Dazu gehören der Handlungswille (der Wille, die äussere Erklärungshandlung vorzunehmen), das Erklärungsbewusstsein (das Wissen, mit der Handhabung überhaupt eine rechtlich bedeutsame Erklärung abzugeben) u. der Geschäftswille (die Absicht, einen bestimmten rechtsgeschäftlichen Erfolg herbeizuführen). Der Wille muss durch eine Erklärung nach aussen erkennbar gemacht werden. Das kann ausdrücklich, aber auch durch schlüssiges Verhalten (konkludentes Handeln, z. B. bestätigendes Kopfnicken) geschehen (sog. stillschweigende Erklärung). Schweigen allein ist i.d. R. keine Erklärung ( aber Schweigen im Rechtsverkehr). Im allgemeinen ist eine W. empfangsbedürftig (z. B. Kündigung, Annahme eines Kaufangebots), sie muss es aber nicht sein (z. B. Testament). Abgegeben ist eine W., wenn sie vollendet ist (z.B. vollständige Niederschrift u. Unterzeichnung des privaten Testaments). Doch wird eine empfangsbedürftige W. nicht schon mit der Abgabe, sondern erst mit dem Zugang beim Empfänger wirksam. Hier ist zu unterscheiden: Eine mündliche (auch fernmündliche) W. wird wirksam, wenn der Empfänger sie akustisch richtig versteht; eine - unter Anwesenden oder unter Abwesenden - schriftlich übermittelte W. wird wirksam, wenn sie in den Herrschaftsbereich des Empfängers übergeht (vgl. § 130 BGB). Bei der Auslegung einer nicht eindeutigen W. ist der tatsächliche Wille zu erforschen u. nicht am buchstäblichen Ausdruck zu haften (§ 133 BGB). Es kommt auf den objektiven Erklärungswert an; die W. gilt so, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben u. nach der Verkehrsauffassung verstehen musste. - Willensmängel beeinflussen die Wirksamkeit einer W. in unterschiedlicher Weise: Fehlt der Handlungswille (z. B. Schreiben unter Zwang), liegt eine W. überhaupt nicht vor. Ist kein Erklärungsbewusstsein vorhanden (z. B. Handaufheben während der Versteigerung in der Absicht, einem Freund zuzuwinken), so muss sich der Erklärende sein Verhalten dennoch als W. anrechnen lassen, kann diese aber wegen Irrtums anfechten. Mangelt es am Geschäftswillen, ist erneut zu unterscheiden: Der geheime Vorbehalt, das Erklärte nicht zu wollen (reservatio mentalis), ist unbeachtlich; kennt jedoch der Erklärungsempfänger den Vorbehalt, dann ist die Erklärung nichtig (§116 BGB). Eine W., die im Einverständnis der Beteiligten nur zum Schein abgegeben wird, ist gleichfalls nichtig; wird jedoch durch das Scheingeschäft ein anderes tatsächlich gewolltes Rechtsgeschäft verdeckt, ist dieses wirksam (§117 BGB); so ist z.B. bei scheinbarem Kauf, tatsächlich aber gewollter Schenkung letztere gültig, falls das Formerfordemis erfüllt ist. Eine nicht ernstlich gemeinte W., bei der der Erklärende erwartet, der Empfänger werde den Mangel der Emstlichkeit erkennen (sog. Scherzgeschäft), ist nichtig (§118 BGB); doch kann derjenige, der auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut hat, nach § 122 BGB Ersatz des Vertrauensschadens verlangen. Beruht die W. auf einem Irrtum oder ist sie aufgrund arglistiger Täuschung oder Drohung abgegeben worden, bleibt ihre Wirksamkeit unberührt; der Erklärende kann sie aber anfechten (§§ 119, 123 BGB).

Im Arbeitsrecht:

ist die auf einen Rechtserfolg gerichtete private Willensäusserung. Sie setzt sich aus einem äusseren Erklärungstatbestand u. dem inneren Tatbestand zusammen, d. s. der Handlungs-, Erklärungs- u. Geschäftswille. Die W. braucht nicht durch Worte, sondern kann auch durch eindeutiges, sog. konkludentes Verhalten erklärt werden. Bei der Auslegung einer empfangsbedürftigen W. dürfen nur solche Begleitumstände berücksichtigt werden, die dem Erklärungsempfänger erkennbar waren (AP 36 zu § 133 BGB). Für die Auslegung einer W. ist kein Raum, wenn feststeht, was die Parteien übereinstimmend gewollt haben (AP 29, 35 zu § 133 BGB).

ist die auf einen rechtlichen Erfolg gerichtete, private Willensäußerung (z. B. Kaufvertragsantrag, Mietvertragsannahme, Erbeinsetzung). Die W. ist eine aus Wille und Erklärung bestehende Rechtshandlung i. w. S. Sie bildet den wichtigsten Bestandteil eines Rechtsgeschäfts. Sie ist der in einer (äußeren) Erklärung verwirklichte (innere) Wille, nach anderer Ansicht die aus Wille (Handlungswille, Erklärungswille bzw. Erklärungsbewusstsein, Rechtsfolgewille) und Erklärung zusammengesetzte Einheit. Dabei kann die Erklärung auch in digitaler Form erfolgen, sofern nicht eine andere Form kraft Vertrags oder Gesetzes erforderlich ist. Für das Verständnis der W. stellt die Willenstheorie hauptsächlich auf den inneren Willen, die Erklärungstheorie in erster Linie auf die äußere Erklärung ab. Die W. ist vollendet mit der Abgabe, wird aber vielfach erst mit Zugang wirksam (§ 130 BGB). Die W. kann ausdrücklich oder konkludent erklärte W. sein. Sie kann weiter empfangsbedürftige W. (z. B. Kündigung) oder nicht empfangsbedürftige (, unabhängig von einem Empfang mit der Abgabe wirksam werdende) W. (z. B. Enterbung) sein. Sie ist zu unterscheiden von der bloßen (unverbindlichen) Einladung zu einem Angebot oder der rechtsgeschäftsähnlichen Handlung (Rechtshandlung). Die W. unterliegt der Auslegung (§ 133 BGB). Bei bestimmten Mängeln ist sie anfechtbar (z.B. Irrtum) oder nichtig (z. B. Sittenwidrigkeit). Lit.: Scheuerer, D., Die Willenserklärung im elektronischen Rechtsverkehr, Diss. jur. Greifswald 1999; Cordes, A., Form und Zugang von Willenserklärungen im Internet, 2001; Wiebe, A., Die elektronische Willenserklärung, 2002; Schmitt, J., Der Begriff der lediglich rechtlich vorteilhaften Willenserklärung, NJW 2005, 1090

Zivilrecht: private Willensäußerung, die auf die Hervorbringung eines rechtlichen Erfolgs gerichtet ist, der nach der Rechtsordnung deshalb eintritt, weil er gewollt ist (Mot.1, S.126). Sie ist notwendiger und wichtigster Bestandteil eines Rechtsgeschäfts.
Als äußerer, objektiver Tatbestand besteht die Willenserklärung zunächst in einer Erklärungshandlung, die einen Geschäftswillen (= Rechtsfolgewillen), d. h. den Willen zur Herbeiführung einer bestimmten Rechtsfolge, nach außen zum Ausdruck bringt (insbes. also kein bloßes Gefälligkeitsverhältnis begründen will). Diese Erklärung kann ausdrücklich oder auch mittelbar (konkludente Erklärung, Schweigen im Rechtsverkehr) erfolgen. Der innere, subjektive Tatbestand wird üblicherweise in drei Schichten geteilt:
— Der Handlungswille ist das Bewusstsein, überhaupt in irgendeiner Weise zu handeln.
Hieran fehlt es etwa bei unwillkürlichen Reflexbewegungen oder bei unmittelbar durch absoluten Zwang („vis absoluta”) herbeigeführten Handlungen.
— Das Erklärungsbewusstsein (oder der Erklärungswille) ist das Bewusstsein, dass die Handlung (irgend)eine rechtserhebliche Erklärung darstellt.
Hieran fehlt es etwa, wenn jemand auf einer Versteigerung einem Bekannten zuwinkt, ohne zu bedenken, dass dies die Abgabe eines Gebotes darstellt („Trierer Weinversteigerungsfall”).
— Der Geschäftswille (Rechtsfolgewille) ist der Wille, mit der Erklärung auch eine bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen.
Hieran fehlt es etwa, wenn ein Verkäufer sich bei einem Angebot verschreibt und einen falschen Preis angibt.
Der Geltungsgrund für die durch Willenserklärung ausgelöste Rechtsfolge ist umstritten. Nach der Willenstheorie ist dies allein der (innere) Wille des Erklärenden, so dass Mängel bei der Willensbildung die Geltung der Willenserklärung in Frage stellen. Die Erklärungstheorie rückt das Vertrauensprinzip in den Vordergrund, wonach der Handelnde das Erklärte so, wie es ein Empfänger nach Treu und Glauben deuten darf, gegen sich gelten zu lassen hat. Die Redaktoren des BGB haben die Frage bewusst offen gelassen und mit den §§ 116 ff. BGB kein einheitliches Konzept verfolgt. Neuere Lehren verstehen die Willenserklärung als (einheitlichen) Akt sozialer Kommunikation, der nicht (nur) Willensmitteilung, sondern „Geltungserklärung” ist, die den in ihr sich zur Geltung bringenden Rechtsfolgewillen unmittelbar verwirklicht.
Willensmängel führen nach dem System der §§ 116 ff. BGB nur ausnahmsweise zur tatbestandsmäßigen Verneinung oder Unwirksamkeit einer Willenserklärung, sondern ermöglichen regelmäßig nur eine Vernichtung der rechtlichen Wirkungen der Erklärung durch Anfechtung.
Abgabe einer Willenserklärung, Empfangsbedürftigkeit einer Willenserklärung, Auslegung einer Willenserklärung.

1.
Die WE ist die Äußerung eines rechtlich erheblichen Willens, die auf einen rechtlichen Erfolg hinzielt; der Rechtserfolg tritt hier - anders als bei der bloßen Rechtshandlung - ein, weil er vom Erklärenden gewollt ist. Das BGB geht von diesem im Gesetz nicht näher definierten Begriff aus und enthält über Voraussetzungen und Wirksamkeit der WE zahlreiche Bestimmungen, z. B. über die Geschäftsfähigkeit. Die WE ist Grundlage und notwendiger Bestandteil eines jeden Rechtsgeschäfts (aber regelmäßig nicht mit diesem identisch). Die WE hat zwei Voraussetzungen:

a) Wille.

aa) Zunächst muss ein Handlungswille gegeben sein, d. h. der Wille, die zur WE führende Handlung überhaupt vornehmen zu wollen. Fehlt der Handlungswille - z. B. dem Betreffenden wird gewaltsam die Hand zum Schreiben geführt (Zwang; anders bei bloßer Drohung, Anfechtung von Willenserklärungen); ein ungewolltes Zucken fasst ein anderer als zustimmendes Nicken auf -, so scheidet eine WE von vornherein aus.

bb) Weiter ist Voraussetzung ein Erklärungswille, d. h. das Bewusstsein, durch das Handeln irgendwelche rechtsgeschäftliche Erklärungen abgeben zu wollen. Hebt jemand z. B. in einer Versteigerung die Hand, um einem Freund zuzuwinken, ohne zu wissen, dass Handaufheben nach den Versteigerungsbedingungen ein Mehrgebot zum Inhalt hat, so ist zwar der Handlungs-, nicht aber der Erklärungswille gegeben. Die Folge des Fehlens des Erklärungswillens ist sehr bestr. Nach einer Meinung, die primär auf den Willen abstellt (Willenstheorie), scheidet eine WE aus; nach anderer Meinung, die mehr von dem äußeren Erscheinungsbild ausgeht (Erklärungstheorie), muss sich der Betreffende an seiner Handlung festhalten lassen; es liegt also eine WE vor, die er aber wegen Irrtums anfechten kann (Anfechtung von Willenserklärungen); er ist dann allerdings zum Ersatz eines etwaigen Schadens des hierauf Vertrauenden verpflichtet (so die h. M.).

cc) Schließlich muss die Erklärung mit Kundmachungswillen (nicht nur private Aufzeichnungen) auf einen bestimmten rechtlichen Erfolg gerichtet sein (Geschäftswille). Fehlt die Geschäftsabsicht, z. B. bei einem Schein- oder Scherzgeschäft, so tritt regelmäßig Nichtigkeit ein; ein Irrtum über den Umfang des Geschäftswillens führt zur Anfechtung.

b) Erklärung.

aa) Der Wille muss erklärt werden, d. h. nach außen erkennbar gemacht werden. Eine bestimmte Form (z. B. Schriftform) ist hierfür nur in Ausnahmefällen vorgesehen; es ist lediglich erforderlich, dass der Wille nicht nur eine rein innere Tatsache bleibt, sondern irgendwie hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt. So kann der Wille ausdrücklich, unmittelbar erklärt werden (z. B. jemand sagt, er wolle 1 kg Äpfel kaufen). Es reicht aber regelmäßig auch aus, dass das Gewollte „stillschweigend“, d. h. durch schlüssiges oder konkludentes Handeln zum Ausdruck kommt. Beispiele: Jemand schiebt an der Eintrittskasse dem Kassierer wortlos den geforderten Eintrittspreis hin; jemand schickt seiner Braut den Verlobungsring ohne weitere Erklärung zurück usw. Von der stillschweigenden WE durch schlüssiges Handeln ist das Schweigen, d. h. das bloße Nichtstun zu unterscheiden. Schweigen ist i. d. R. überhaupt keine Erklärung und damit keine WE. Ist jemand kraft gesetzlicher Vorschrift oder nach Aufforderung durch seinen Geschäftspartner gehalten, eine Erklärung abzugeben (z. B. der gesetzliche Vertreter bei Rechtsgeschäften eines Minderjährigen, Geschäftsfähigkeit; der Vertretene bei Handlungen eines vollmachtlosen Vertreters u. a. m.), so ist in seinem Schweigen eine - regelmäßig ablehnende - Willenserklärung zu sehen; nur in besonderen Ausnahmefällen (Schweigen auf ein Bestätigungsschreiben, auf die Mitteilung einer Schuldübernahme hinsichtlich einer Hypothekenschuld, bei öffentlichem Erbieten zur Durchführung eines Auftrags) kann Schweigen als Zustimmung gedeutet werden.

bb) Bei der Erklärung ist ferner zwischen empfangsbedürftiger und nicht empfangsbedürftiger WE zu unterscheiden (s. u. Zugang). Die Erklärung kann durch einen Vorbehalt (protestatio) eingeschränkt sein; hierin liegt die Verwahrung gegen gewisse Rechtsfolgen oder gegen die Auslegung einer - insbes. stillschweigenden - WE in einem bestimmten Sinn (z. B. ein naher Verwandter verkauft verderbliche Sachen des Erblassers mit der ausdrücklichen Erklärung, hierin sei keine Annahme der Erbschaft zu sehen). Ein solcher Vorbehalt ist grundsätzlich möglich, muss allerdings gleichfalls - nach den Regeln über die WE - erklärt sein; ein geheimer Vorbehalt (Mentalreservation) des Erklärenden dahingehend, in Wirklichkeit das Erklärte gar nicht zu wollen (Scheinerklärung), ist grundsätzlich unbeachtlich, es sei denn, der Empfänger der WE kennt den Vorbehalt (dann Nichtigkeit der WE, § 116 BGB). Ein erklärter Vorbehalt ist allerdings dann unwirksam, wenn er mit den äußeren Umständen unvereinbar ist (protestatio facto contraria, z. B. der genannte Verwandte verschenkt unverderbliche Nachlassgegenstände; hier wäre eine gleichzeitige Erklärung, darin sei keine Annahme der Erbschaft zu sehen, unbeachtlich). Gelegentlich wird im Gesetz auch eine Vermutung dahingehend ausgesprochen, dass ein Handeln als WE in einem bestimmten Sinne aufzufassen ist (z. B. das Vernichten eines Testaments als dessen Widerruf).

c) Mit der Vollendung (Abgabe) der WE darf nicht deren Wirksamwerden verwechselt werden. Hier ist zu unterscheiden: Eine streng einseitige WE (z. B. die Errichtung eines Testaments) ist mit Vollendung ihrer Voraussetzungen (Unterschrift unter die Testamentsurkunde) bereits wirksam. Eine WE, die - wie meist - einem anderen gegenüber abzugeben ist (sog. empfangsbedürftige WE, bei Abgabepflicht gegenüber einer Behörde amtsempfangsbedürftige WE genannt, vgl. § 130 III BGB) muss dagegen, um wirksam zu werden, dem anderen Teil zugehen. Hier ist wieder zwischen der Erklärung unter Anwesenden oder einem Abwesenden gegenüber zu differenzieren: Eine WE unter Anwesenden (dies auch bei telefonischer Übermittlung) muss von dem anderen wahrgenommen und verstanden werden können (nicht bei Taubheit, mangelnden Sprachkenntnissen usw.); ein Schriftstück, das eine WE enthält, muss übergeben werden. Eine empfangsbedürftige WE gegenüber einem Abwesenden wird im Zeitpunkt des Zugangs an diesen wirksam (§ 130 I 1 BGB; Zugangstheorie, Empfangstheorie). Entscheidend ist also weder die Äußerung oder Absendung durch den Erklärenden noch die Kenntnisnahme des Empfangenden. Zugegangen ist eine WE, wenn sie in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, so dass dieser unter gewöhnlichen Umständen hiervon Kenntnis nehmen kann und dies von ihm auch nach Treu und Glauben erwartet werden muss. Eine briefliche WE ist daher mit Einwurf in den (Haus-)Briefkasten zur Tageszeit (sofern Leerung erwartet werden kann), ein Fernschreiben oder Telefax mit Eingang während der Geschäftsstunden (sonst erst am nächsten Geschäftstag; s. aber telefonische Einlegung von Rechtsmitteln), ein Telegramm nach telefonischer Durchsage durch die Post zugegangen. Zugegangen ist auch ein Schreiben, das der Empfänger ohne berechtigten Grund (z. B. Nachporto) nicht angenommen oder das er nicht gelesen hat. Die bloße Mitteilung des Postboten, ein Einschreibebrief liege mangels Anwesenheit eines Empfangsberechtigten nunmehr auf der Post zur Abholung bereit, ist kein Zugang (s. aber unten für den Fall der Zustellung); ebenso geht bei einem Nachsendeauftrag die Post grundsätzlich erst mit der Nachsendung zu. Wer jedoch - wie z. B. ein Kaufmann - mit dem Eingang von geschäftlichen WEen täglich rechnen muss, hat dafür zu sorgen, dass ihn diese unverzüglich erreichen; unterlässt er dies, so kann er sich nicht auf einen verspäteten Zugang berufen. Die bloße Fiktion des Zugangs auf Grund von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist jedenfalls gegenüber einem Nichtkaufmann unwirksam.

d) Auf die Wirksamkeit einer WE ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe - vor Zugang - stirbt, geschäftsunfähig oder in seiner Verfügungsmacht beschränkt wird (§ 130 II BGB). Eine WE wird dagegen nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder zumindest gleichzeitig mit der WE ein Widerruf zugeht (§ 130 I 2 BGB; Besonderheiten beim Vertrag). Ist die WE gegenüber einem nicht voll Geschäftsfähigen abzugeben, so muss sie - ausgenommen wenn sie einem beschränkt Geschäftsfähigen nur einen rechtlichen Vorteil bringt - dem gesetzlichen Vertreter zugehen (§ 131 BGB). Eine WE gilt auch dann als zugegangen, wenn sie durch Vermittlung eines Gerichtsvollziehers im Wege der Zustellung (i. d. R. durch die Post) nach den Vorschriften der ZPO in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist (auch durch Ersatzzustellung).

2.
Ist der Inhalt einer WE unklar oder mehrdeutig, so ist er durch Auslegung (2 a) zu ermitteln. Verstößt die WE gegen ein gesetzliches Verbot, ist sie sittenwidrig oder genügt sie nicht der erforderlichen Form, so ist sie nichtig. S. auch Geschäftsfähigkeit. Leidet die WE an einem Willensmangel, ist ihre Abgabe insbes. durch Irrtum oder arglistige Täuschung verursacht, so ist die WE zwar wirksam, unterliegt aber der Anfechtung. Eine WE ist ferner - abgesehen von dem dem Geschäftspartner bekannten geheimen Vorbehalt (s. o.) - nichtig, wenn sie nur zum Scherz oder zum Schein abgegeben wurde (Scheingeschäft). S. a. falsa demonstratio non nocet.

3.
Der WE entspricht im Rechtsstreit die Prozesshandlung. Die Voraussetzungen einer Prozesshandlung sind im Prozessrecht gesondert geregelt; die Bestimmungen über die WE gelten an sich nicht (z. B. für die Prozessvollmacht gegenüber einer sonstigen Vollmacht). Oftmals ist aber in einer Prozesshandlung eine materiell-rechtliche WE enthalten (z. B. bei der Aufrechnung im Prozess, im Prozessvergleich u. a. m.). Hier folgt der materiell-rechtliche Teil den Bestimmungen über die WE und kann daher - unabhängig vom prozessualen Erfolg - getrennt materiellrechtlich wirksam werden; umgekehrt ist die WE stets dann wirksam, wenn die mit ihr verbundene Prozesshandlung den prozessualen Vorschriften entspricht (h. M.). Im öffentlichen Recht gelten die Regeln über die Wirksamkeit einer WE nur ergänzend (vgl. § 62 S. 2 VwVfG; Vertrag, öffentlich-rechtlicher, 6), d. h. soweit nicht Sondervorschriften bestehen oder Wesen und Funktion des betr. (öfftl.) Rechtsgebiets dem entgegenstehen.




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